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Bern, das Recht und Greenpeace

Es sind oft die kleinen Nachrichten, die große Zusammenhänge klarmachen. So etwa jenen, dass es in Europa noch Rechtsstaaten gibt, die sich gegen Rechtsbrecher zu wehren trauen. Denn viele der heutigen demokratischen Rechtsstaaten haben ein wachsendes fundamentales Problem mit sich selber. Oder zumindest ihre Organwalter.

Der Vorfall ist kurz geschildert: In der Schweizer Hauptstadt Bern wurden grüne Umweltaktivisten festgenommen, die seit längerem auf einem öffentlichen Platz ein Protest-Camp aufgeschlagen und bewohnt hatten; ihre Zelte wurden gleichzeitig entfernt. Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, das wird aber anderswo keineswegs so gesehen, sondern sogar als heiliges Demonstrationsrecht verteidigt. Wie bei mehreren ähnlichen Vorfällen in Österreich. Dementsprechend werden etwa auch die Greenpeace-Täter nur selten rechtlich verfolgt, die sich auf der Jagd nach Publicity immer wieder an fremdem Eigentum vergreifen.

Diese Exzesse des Demonstrationsrechts stehen in seltsamem Gegensatz zu einer zunehmenden inhaltlichen Einengung des Rechts auf eine eigene Meinung. Diese wird sogar in den harmlosen Formen von Schrift und Wort durch Judikatur und Gesetzgeber zunehmend pönalisiert.

Heißt diese Kritik, dass man nun etwa nicht mehr demonstrieren dürfen sollte? Das ist damit keineswegs gesagt. Ganz gewiss soll es Menschen möglich sein, ihre Meinungen welcher Art auch immer zu äußern. In Essays, in Pamphleten oder eben durch Gebrüll und Märsche auf öffentlichen Plätzen. Man sollte in welcher Art immer seine Aggressionen verbalisieren können, auch wenn das manche kränkt.

Der große Unterschied ist nur: Ein Schriftstück stört lediglich durch seinen Inhalt. Eine Demonstration greift hingegen darüber hinaus massiv in die Freiheiten anderer Menschen ein; in deren Bewegungsfreiheit, in deren Eigentumsrechte oder in deren Erwerbsfreiheit (beispielsweise wissen Athener und Madrider Ladenbesitzer aktuell ein Lied davon zu singen). Demonstrationen kosten andere Menschen oft viel Zeit und sie haben auch oft richtig erpresserischen Charakter: Wir werden euch so lange blockieren, bis ihr nachgebt.

Daher muss – müsste – das Demonstrationsrecht deutlich enger geregelt werden als das Recht auf Meinungsfreiheit, für das es eigentlich überhaupt keine Regelung bräuchte.

Eine Gesellschaft, die hingegen Erpressungen in Form von aggressiven Demonstrationen erlaubt, ist langfristig verloren. Denn dann entscheidet nicht mehr die demokratische Mehrheit, sondern wieder wie einst in den Perioden vor dem Recht das Faustrecht.

Einige eindimensionale Verfassungsjuristen auch des österreichischen Höchstgerichts sehen jedoch nur das Recht der Demonstrationswilligen und verteidigen es bis ins Extrem. Sie tolerieren auch Demonstrationen, die nicht angemeldet und nicht zeitlich befristet sind, und die sich auch nicht an vereinbarte Plätze und Routen halten. Die Grundrechte der anderen Menschen werden von einer solchen Judikatur hingegen nicht geschützt.

Jetzt plant das Wiener Justizministerium sogar eine neue Konzession an die Demonstrationsmafia: Es will den Mafia-Paragraphen ändern. Mafiöse Bandenbildung zum Zweck krimineller Aktivitäten soll nur noch dann bestraft werden, wenn dahinter eine Bereicherungsabsicht steht. Geht es jedoch „nur“ um eine Erpressung des demokratischen Gesetzgebers oder eines legal agierenden Unternehmens, soll das plötzlich straffrei bleiben. Eine sehr verquere Welt, in der nur noch das Geld, aber nicht mehr das Recht geschützt wird. An diesem Verfall tragen neben der Politik so manche Juristen eine große Mitschuld.

Es geht um eine entscheidende Grundregel eines friedlichen Zusammenlebens in einem Rechtsstaat. Ganz gleichgültig, ob die Rechtsbrecher gegen Atomenergie, gegen Fleischesser, gegen das schlechte Wetter, gegen einen neuen Bahnhof, gegen einen Politiker, gegen den SC Rapid oder sonst etwas unterwegs sind. Oder manches Mal sogar für etwas.

Sollten wir der Meinung sein, die repräsentative Demokratie biete zu wenig Möglichkeiten, den Bürgerwillen durchzusetzen, dann sollten wir durchaus ernsthaft über Verbesserungen nachdenken. Dazu bieten sich insbesondere Modelle der direkten Demokratie an. Aber keinesfalls sollte man den Weg weitergehen, dass die Lautstärke einer aggressiven Minderheit an der demokratischen Mehrheit vorbei entscheidet, ob neues Recht geschaffen, ob altes gebrochen werden darf.

Die Schweiz weiß das noch.

 

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