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Die Linkswende eines Kardinals

Der Wiener Erzbischof hat seinen Gläubigen angekündigt, dass aus Mangel an Kirchgängern und Priestern etliche Pfarren geschlossen werden müssen. Traurig, aber vielleicht notwendig. Vorerst geschieht einmal gar nichts – wie in der Politik wird nun wohl lange in Kommissionen nachgedacht und überdacht. Noch dringender sollte der Kardinal freilich überdenken, wo er selbst die Wiener Kirche positioniert und wie weit er sie noch von den Gläubigen wegführen will.

Und das hängt weniger mit der Zahl der Pfarren zusammen. Sind doch diese vielfach erst von Joseph II. als eine Art pseudostaatlicher Verwaltungsstruktur wie ein Gitternetz über die Landschaft gelegt worden, während derselbe Kaiser viele Klöster geschlossen hat. Heute aber sind es interessanterweise gerade die Klöster, wo das religiöse Leben vielerorts wieder erwacht.

Die Zukunft der Kirche wird auch nicht dadurch gerettet, dass Christoph Schönborn nun die vom Raiffeisen-Boss und Sammel-Kaiser Christian Konrad geplante (und angeblich ausfinanzierte) Verlegung der hässlichen Dombauhütte und eines Besucherzentrums unter die Erde verbietet. Gewiss kann man mit Fug und Recht debattieren, ob das von Konrad aufgestellte Geld mancherorts tatsächlich besser eingesetzt wäre, etwa zur Revitalisierung der großen Domorgel.

Ob sich aber neben dem Dom die Fiaker plus Dombauhütte oder der Eingang zu einem Besucherzentrum befinden, ist für die Zukunft der Kirche wirklich schnurzegal. Bei dieser Frage geht es in Wahrheit nur um Stadtästhetik und um eine touristische Aufwertung des Stadtzentrums – und das sollte die Kirche ruhig viel stärker und selbstbewusster der Gemeindekasse überlassen.

Diese profitiert ja ohnedies massiv vom boomenden Städtetourismus, während in allen anderen Wiener Wirtschaftszweigen vom Handel bis zur Industrie ob der rot-grünen Wirtschaftsfeindlichkeit nur die Arbeitslosigkeit blüht. Und der Wien-Tourismus blüht deshalb, weil dort andere Institutionen als die Gemeinde für die Attraktivität sorgen: Die Touristen kommen nämlich fast ausschließlich wegen der bundeseigenen (=einst kaiserlichen) Gebäude und Schätze sowie wegen der bisher überwiegend von der Diözese finanzierten Kirchen nach Wien. Und nicht wegen des Karl-Marx-Hofs und sonstiger roter Errungenschaften, mögen die bezahlten Jubler diese noch so sehr preisen.

Zurück zu Schönborn. Dombauhütte wie die Zahl der Pfarren sind also in Wahrheit völlig irrelevant für die Zukunft der von ihm in Wien geleiteten Kirche. Diese Zukunft hängt viel stärker davon ab, wo die Kirche vom Bischof der größten und wichtigsten österreichischen Diözese positioniert wird. Ob er sich mutig an die Seite der großen Mehrheit der Katholiken stellt oder lieber feige nach der Politischen Korrektheit, den Medien und den politischen Machthabern schielt.

Und da lässt Schönborn zunehmend staunen. Sobald es politisch wird, agiert er zunehmend opportunistisch, obwohl er sicher auch die Worte eines gemeinsamen Bekannten kennt: „Fürchtet Euch nicht!“.

Das lässt sich an vielen Beispielen beweisen:

Weit und breit gab es etwa keine erzbischöfliche Kritik an dem – vorsichtig ausgedrückt – exzentrischen Life-Ball-Zirkus im Rathaus samt Sexpropaganda und expliziter Papst-Beschimpfung zu hören.

Einstige Kritik an den massenweisen Christenverfolgungen in praktisch allen islamischen Ländern weicht in der Erzdiözese Wien immer mehr einer naiven Solidarisierung mit dem Islam, weil dieser doch auch Abraham und Maria erwähnt. Und weil der Islam ja letztlich an den selben Gott glaube (was Moslems übrigens vehement und zu Recht zurückweisen). In Wahrheit aber, weil man sich vor klaren Worten und irgendwelchen Linksjournalisten fürchtet.

Während die Bürger Wiens durch Sturm auf die katholischen Privatschulen eine deutliche Sprache reden, beginnt sich die offizielle Kirche offensichtlich auch mit den Gesamtschulideologen zu arrangieren. Offensichtlicher Grund: Man wagt keinen Konflikt mit Unterrichtsministerium, Bürgermeister und Stadtschulrat. Denn vor deren Rache fürchtet sich derzeit jeder, der einen Satz gegen die Gesamtschule sagt. Also auch die Kirche, die einst nur durch mutiges Bekenntnis zur Wahrheit und durch Schulterschluss mit ihren Gläubigen groß geworden ist.

Kein Wort der Kritik Schönborns gab es auch daran, dass der Wiener Bürgermeister, der bei jedem Umtrunk und jedem Anrudern dabei ist, keine Lust hat, der Aktion Leben einen Termin zu gewähren. Dabei hat diese ohnedies schon seit langem auf die für Sozialdemokraten böse Forderung nach Verbot der Abtreibung verzichtet (für das noch Schönborns Vorvorgänger König auf der Straße demonstriert hat) und sich ganz auf konkrete Hilfe an Frauen in Not konzentriert. Statt Häupl auch nur einmal zu kritisieren, wird Schönborn sicher wieder bald die Staffage für Phototermine Häupls hergeben und diesen samt seinem Dompfarrer im kindergartenartigen Intrigenkampf gegen die schwarze Bezirksvorsteherin des ersten Bezirks unterstützen.

Auffällig waren auch etliche Diskussionrunden in der „Langen Nacht der Kirchen“, wo es ein klares Übergewicht an grünen und roten Politikern bei den diversen Podiumsdiskussionen gegeben hat.

Ebensowenig engagiert sich Schönborn in letzter Zeit für das Thema Familie. Dabei hat eine neue Umfrage gerade wieder bestätigt, wie sehr auch die jungen Österreicher auf ein traditionelles Familienbild mit Kindern setzen und wie sehr sie durchaus dafür sind, dass die Mutter etliche Jahre bei den Kindern bleibt. Vor lauter Anpassung an die politische Linkskorrektheit und deren Brückenköpfe bei den katholischen Berufsfunktionären und der Caritas wagt die Kirche nicht einmal mehr dort den Mund aufzumachen, wo sie eigentlich laut jubeln könnte.

Ist es da ein Wunder, wenn die Gläubigen immer mehr das Gefühl verlieren, in der Kirche eine geistige Heimat zu haben? Und dieser Prozess beschleunigt sich dank der Linkswende des Kardinals. Wer an diesem harschen Urteil zweifelt, der möge Schönborns jüngsten Hirtenbrief genauer lesen. Dort steht:

„ Wer immer sich für Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung, die Bekämpfung der Armut, den Respekt vor Fremden, unbedingte Anerkennung der Würde aller einsetzt, verdient unsere Solidarität und unseren Dank. Wichtige Kriterien für die Zuteilung von Ressourcen werden in der Erzdiözese künftig der diakonale Einsatz sowie die Verknüpfung der Aktivitäten in die Zivilgesellschaft hinein sein."

Man muss schon politisch sehr naiv sein, um nicht zu wissen, dass „Zivilgesellschaft“ heute als Codewort für die linksgrünen Vorfeld-NGOs verwendet wird. Dass Schönborn tatsächlich genau diesen linken Filz unterstützen will, wird insbesondere aus der Aufzählung im ersten Satz klar: Das Geld der Gläubigen gibt es nur noch für linke Umwelt- und Migrationsförderungs-Organisationen oder gar für „Gerechtigkeits- und Friedens“-Vereine, obwohl sich diese in der Vergangenheit allesamt als militante Vorkämpfer gegen die freiheitliche, marktwirtschaftliche Kultur des Westens und als antisemitisch tönende Kämpfer gegen Israel entpuppt haben.

Wer sich hingegen für Familie, für Freiheit, für Lebensschutz, für Spiritualität, für Volkskirche, für traditionelle Werte einsetzt, der sollte künftig nicht bei Schönborn um Unterstützung ansuchen. Und schon gar nicht, wer die ständig wachsende Schuldenlast auf den Schultern unserer Kinder als schlimmstes Verbrechen der derzeitigen Hacklerpensionisten-Generation erkennt.

Oh, wie begeistert werde ich künftig meinen Kirchenbeitrag zahlen! Aber wenigstens hat diese Kirche – noch – einen Papst, der regelmäßig viel Gescheiteres von sich gibt als viele der hiesigen Bischöfe.

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