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Die Frau Präsident lässt sprechen

Auch ein trainierter Zeitungsmensch muss sich nach einigen zeitungslosen Tagen denken, dass es offenbar gar nichts mehr gibt, womit die sommerlichen Blätter derzeit halbwegs interessant zu füllen sind. Und weshalb es sich noch lohnen würde, eine Zeitung zu erstehen. Dann stößt man im "Standard" plötzlich auf einen Gastkommentar, der einem den Blutdruck unsommerlich in die Höhe treibt.

Er stammt nämlich von Gerhard Marschall, gekennzeichnet als "ehemals Innenpolitikjournalist" und als "Pressesprecher der Präsidentin des Nationalrates Barbara Prammer (SPÖ)". Inhaltlich ist der Text eine einzige wüste Suada gegen Justizministerin Claudia Bandion-Ortner.

Diese Ministerin ist gerade in diesem Tagebuch schon oft genug gescholten worden. Das darf natürlich auch sonst jeder - nur nicht die Stimme eines zur Neutralität verpflichteteten Staatsorgans. Zumindest, wenn dieses Staatsorgan einen Rest an Anstand hätte. Trotzdem wird nicht einmal mehr das verlogene Keuschheitssätzlein hinzugefügt, dass der ehemals Journalist seine eigene Meinung und nicht die seiner Präsidentin schreibt.

Womit eine neue Eskalation im Sittenverfall dieser Republik erreicht worden ist. Denn die früheren Nationalratspräsidenten haben sich in dieser Eigenschaft immer streng neutral verhalten. Was auch alle ihre Pressesprecher bisher getan haben.

Diese Regel hält insbesondere auch Bruno Aigner, der Sprecher des Bundespräsidenten, immer ein. Obwohl ganz Wien weiß, dass Aigner eine sehr explizite (und zwar sehr linke) ideologische Meinung hat. Diese bringt der ergraute Alt-Achtundsechziger aber nur dadurch zum Ausdruck, dass er prinzipiell keine Krawatte anlegt, nicht einmal bei den offiziellsten Staatsterminen. Sonst aber schweigt er in einer mit seiner politischen Haltung kontrastierenden Noblesse (auch wenn es ihn sicher wie einst des öfteren in den Fingern juckt).

Solche Noblesse ist für Frau Prammer und ihre Umgebung ein Fremdwort. Während sich ihre eigene Partei ununterbrochen über seltsame Internet-Einkäufe von Mitarbeitern des dritten Nationalratspräsidenten echauffiert und ihn selbst am liebsten mit einem Sondergesetz absetzen möchte.

Der Text selbst ist das übliche wirr-linke Gemisch und Gewäsch von absurden Andeutungen und scheinheiligen Moralisierungen. Motto: Schwarz-Bau war der Sittenvefall und mit Rot ist endlich wieder die Anständigkeit eingekehrt. Der Kern der krausen Argumentation: Frau Bandion hätte nicht zu einem Beachvolleyball-Turnier nach Kärnten fahren dürfen, weil dort vielleicht auch Leute sind, die vielleicht mit den von Jörg Haider vielleicht in Liechtenstein gebunkerten Millionen zu tun gehabt haben könnten.

Offenbar fährt die Frau Prammer die nächsten Jahre keinesfalls mehr nach Kärnten. Niemand weiß ja, wer einem dort auf der Straße entgegenkommen und vielleicht ein paar der angeblichen Millionen zustecken könnte. Oder etwa gar der Geist der Jörg Haider.

 

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