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Gibt es Österreich noch?

Gewiss, so möchte man die Frage der Überschrift beantworten, es gibt sie noch die Republik mit all ihren (nicht gerade schlanken) Institutionen. Warum die Frage?

Sie kommt aus dem Vergleich mit dem großen Nachbarn: Deutschland hat dem rapiden Anwachsen des Migrantenanteils im Land bewusst das Konzept der deutschen Leitkultur entgegengesetzt. Österreich sperrt hingegen sein Volkskundemuseum zu. "Kulturministerin" Schmied vermanscht dieses - freilich auch schon unter früheren Ministern schlecht behandelte - Haus mit dem Völkerkundemuseum.

Mit anderen Worten: Die kulturellen Traditionen dieses Landes werden auf eine Ebene mit indianischen, afrikanischen und asiatischen Stämmen gestellt. Dafür können in anderen Häusern des Imperiums Schmied weiter ungebremst nordkoreanische Propaganda-Ausstellungen stattfinden.

Noch ein anderes Beispiel aus der Museumswelt: In Berlin wurde in den letzten Jahren ein eindrucksvolles "Deutsches Historisches Museum" geschaffen. Dieses stellt sich der gesamten Geschichte der deutschen Lande über alle Zeitepochen. In Österreich hingegen ist das unter Schüssel forcierte Konzept eines Hauses der österreichischen Geschichte endgültig in der Schublade verschwunden. Und selbst dieses Konzept hätte die Geschichte Österreichs erst im Jahr 1918 beginnen lassen wollen, obwohl Österreich eigentlich schon längst seinen tausendsten Geburtstag gefeiert hat.

Gewiss, das Verschwinden des Volkskundemuseums hängt wie vieles mit Geldmangel zusammen; das Nichtzustandekommen eines Hauses der Geschichte hängt wohl auch damit zusammen, dass sich niemand einen Werner Faymann als Redner bei der Eröffnung eines solchen Hauses vorstellen kann (kann man sich doch nicht einmal vorstellen, dass der Mann jemals freiwillig ein Museum besucht hat). Beides hängt aber vor allem damit zusammen, dass dieses Land seine Geschichte vergessen hat.

Ganz in diese geistige Implosion der Republik gehört auch der Umstand, dass das Bundeskanzleramt die Gedenkmesse für den 1934 beim Nazi-Putschversuch ermordeten Bundeskanzler Dollfuss einfach absagt. Offenbar ärgert es den Herrn Faymann, als er erfahren musste, dass ein "Schwarzer" das erste politische Opfer der Nazis war und nicht die Erfinder des Antifaschismus (denen die Erfindung freilich erst lange nach 1945 geglückt ist, da deren Führer ja noch lange für den Anschluss eingetreten sind).

Ganz typisch ein weiteres Beispiel aus der Welt der Kultur: Ein Amerikaner und keiner der vielen die Feuilletonseiten vollschwätzenden einheimischen Kulturwissenschaftler hat in den letzten Jahrzehnten die weitaus besten und wichtigsten Bücher über österreichische Identität geschrieben. William Johnston: "Österreichische Kultur- und Geistesgeschichte", und jetzt ganz neu: "Der Österreichische Mensch".

Die sogenannte intellektuelle Szene Österreichs ist an dem Land nur dann interessiert, wenn man es zum tausendsten Male als angeblichen Inbegriff des Nationalsozialismus diffamieren kann. Ansonsten schweigt sie. Weil sie in Wahrheit gar nichts von Österreich weiß, weil sie mehr Szene als intellektuell ist.

Das macht die Frage mehr als legitim, ob es dieses Österreich überhaupt noch lange geben wird. Ohne kulturelle Identität gibt es langfristig auch keine staatliche Identität. Ein Land, ein Volk, das keine Vergangenheit mehr hat, hat auch keine Zukunft.

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