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Unis: Auf dem Weg ins Stadion die gute Nachricht

Man kann die Vorgänge an den Universitäten auch durchaus positiv sehen: Erstmals artikulieren sich nicht nur die radikalen Studenten, sondern zunehmend auch die gemäßigten. Und erstmals gibt es in der SPÖ ein zartes Signal in Richtung Zugangsregelungen für die Universitäten.

Das kontrastiert erfreulich mit dem knieschlotternden – oder opportunistischen – Auftreten vieler Rektoren, Professoren und Politiker wie etwa des Wiener Bürgermeisters. So dumm kann aber keiner aus dieser Gruppe sein, um nicht zu wissen, dass eine Realisierung der diffusen Forderungen aus dem Audimax völlig unmöglich ist, dass ein Nachgeben nur immer neue Forderungen entzünden wird.

Die Forderungen der Besetzer sind nicht nur deshalb absurd, weil viele Parolen der angeblich unabhängigen Studentenbewegung aus der uralten Mottenkiste kommunistischer und linksradikaler Kleingruppen stammen, die es ja seit Jahrzehnten gelernt haben, sich als „unabhängig“ zu tarnen, so wie etwa auch in den Gewerkschaften oder in der ORF-Personalvertretung. Die Forderungen der Besetzer sind auch dort völlig unrealistisch, wo es „nur“ um Geld geht.

Es ist aber genauso lächerlich, wenn die Koalition nun großspurig beschließt, dass im Jahr Schnee, pardon: im Jahr 2020 die Ausgaben für Bildung (von 1,2!) auf 2,0 Prozent des Nationalprodukts steigen werden. Dieselbe Koalition verkündet ja auch regelmäßig, die Forschungsausgaben auf 3,0 Prozent zu erhöhen. Auch ohne Beschluss werden zugleich die Ausgaben für die Pensionen und das Gesundheitssystem ganz automatisch noch viel rascher steigen. Und sogar schon seit 40 Jahren wird ein Ansteigen der Entwicklungshilfeausgaben auf 0,7 Prozent verkündet, nur leider, leider nie erreicht.

Und zugleich will man die Staatsquote unter 40 Prozent drücken. Wer soll da die Politik noch ernst nehmen?

Oder einen Bundeskanzler, der die anderen Ressorts bittet, für die Universitäten zu spenden? Überraschenderweise mit wenig Echo, außer das vielleicht Bauaufträge aus dem Konjunkturpaket auf  Universitätsbauten umgeleitet werden, und dass Forschungsbudgets nun plötzlich Uni-Budgets sein werden. Was prompt anderswo einen Aufschrei auslösen wird.

In die gleiche Reihe der Sinnlosigkeiten gehört die 34-Millionen-Spende des Wissenschaftsministers, deren Verwendung seinen Worten zufolge zwischen Rektoren und Hochschülerschaft fixiert werden soll. Hat Johannes Hahn vergessen, dass die Unis vor kurzem in die Selbständigkeit entlassen worden sind, und zwar mit klaren und gesetzlich festgelegten Entscheidungsstrukturen, in denen sich ein hauptverantwortlicher Universitäts-Rat, aber keine Hochschülerschaft findet?

Aber kaum wird ein bisschen Radau gemacht, wird offenbar voll Panik alles über den Haufen geworfen.

Dennoch zurück zum Vorsatz, auch das Positive zu sehen. Dazu zählen zweifellos die vielen Studenten, die gegen die Besetzer um ihr Recht auf Studieren kämpfen wollen. Sie tun das zum einen in einem spannenden Wettlauf, wer in Facebook mehr Unterstützer findet („Studieren statt Blockieren“ versus „Die Uni brennt“ versus „Ideologie – Raus aus dem Audimax“ versus „Gebt die Sowi Aula frei“).

Sie überlegen aber auch zunehmend, die ohnedies nur recht spärlichen Besetzer aus den Hörsälen zu entfernen. In einer Art Notwehraktion. Das unterscheidet die heutige Studentengeneration von früheren (aus denen übrigens die heutige Professoren-Generation erwachsen ist): Denn früher standen die Gemäßigten meist feige schweigend am Rande, wenn die Linken wieder einmal randaliert haben.

Nicht dass sich jemand wirklich Kämpfe auf den Unis wünschen sollte. Aber heute sind Signale dringend notwendig geworden, dass die Alt-68er von ORF über „Heute“ bis zum Rathaus nicht mehr so tun können, als ob die Audimaxler alle Studenten vertreten.

Auch das Bekenntnis des SPÖ-Vorsitzenden zu Zugangsregelungen lässt aufhorchen. Das wäre zum ersten Mal ein Vorstoß des Werner Faymann, der so etwas wie Entscheidungsmut und Problemverständnis signalisiert. Nun, warten wir mal ab, ob dieser Mut nicht bald von einem verächtlichen Puster des Wiener Bürgermeisters weggeblasen wird, und ob nicht bei der juristischen Konkretisierung der Zugangsregelung die Linkspopulisten der SPÖ wieder die alte Politik durchzudrücken versuchen  (wie man im Audimax glaubt).

Dennoch sei festgehalten: Zugangsregelungen – qualitative wie quantitative – sind eine viel wichtigere, weil wirksamere Medizin für die Leiden unserer hohen Schulen als die ohnedies nur geringen Studiengebühren.

Nur eine Frage bleibt offen: Was machen wir nach der Einführung von Zugangsregeln mit den zahllosen Maturanten, die derzeit nur aus Alternativlosigkeit studieren? Hält es die Gesellschaft aus, dass dann nicht nur 15-jährige Türken, sondern auch 19-jährige Österreicher arbeitslos herumlungern? Oder bleiben einige qualitativ wie arbeitsmarktmäßig schon jetzt unbedeutende, aber überlaufene Studien wie Politik, Publizistik, Theaterwissenschaften oder Geschichte halt als Wärmestube für alle offen, um die schlecht Qualifizierten von der Straße zu holen?

Da sollte man dann doch die Vorlesungen gleich im Stadion machen . . .

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