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Prölls Steilvorlage in den ganz leeren Raum

Josef Pröll hat seine erste große programmatische Rede gehalten. Er hat viel Richtiges und relativ Mutiges gesagt (jedenfalls Mutigeres und Wahreres, als man in den letzten vier Jahren von einem anderen heimischen Politiker gehört hätte). Er ist aber gleich auf drei Ebenen gescheitert.

Erstens kann er nicht in ein und der selben Rede zehn Minuten lang (in Wahrheit nur: sehr relative) Erfolge der österreichischen Politik preisen und dann recht nahtlos zu einem (in Wahrheit freilich: dringend notwendigen) Blut-und-Tränen-Ansatz übergehen.

Zweitens kann man nicht in ein und der selben Rede Freundlichkeiten über den Koalitionspartner sagen und dann nahtlos zu Ideen übergehen, die mit diesem wirtschafts- und gesellschaftspolitisch in den 70er Jahren steckengebliebenen Koalitionspartner absolut keine Realisierungs-Chancen haben. Ohne auch nur andeutungsweise auf diesen Widerspruch oder gar Möglichkeiten zu dessen Auflösung einzugehen – auch wenn er wohl recht hat mit der Einschätzung, dass diese Koalition derzeit alternativenlos ist.

Drittens kann man nur dann wirklich glaubwürdig von Blut und Tränen reden, wenn man auch viel genauer sagt, worin die bestehen, also: Wer wird sie weinen? Wann, wenn nicht jetzt - weilt weg von allen Wahlen -, ist die Stunde der ganzen Wahrheit?

Unterhalb dieser Generalkritik ist aber viel Wichtiges und Richtiges zu vermerken:

- Eine Ausbildung in Finanz- und Wirtschaftsdingen muss Teil jedes Schulunterrichts werden;

- Im Bereich Forschung und Entwicklung läuft nicht alles effizient;

- Zur Bildung: Nicht jeder braucht das Gleiche; das Ergebnis sollte nur von Leistung und Talent bestimmt werden; die Vielfalt der Schulen ist unsere Stärke; es braucht mehr Schulautonomie und mehr Rechte für die Direktoren;

- Man darf nicht jene, die hart arbeiten und alle Sozialleistungen finanzieren, noch mehr belasten - daher keine Steuererhöhungen;

- Zur Verwaltungsvereinfachung soll eine gemeinsamer öffentlicher Dienst für Bund, Länder und Gemeinden geschaffen werden – in dem flexibel gewechselt werden kann;

- Zur Reform der „zersplitterten und ineffizienten Verwaltung“ und zur Beseitigung aller Doppelgleisigkeiten soll es 2010 ein „Konklave“ geben, das tagt, bis der weiße Rauch aufsteigt, und überall die Verantwortung in einer Hand liegt;

- Zur Abschaffung der Hacklerregelung im Pensionssystem ist unverzügliches Handeln nötig;

- Familien, die Steuern zahlen, haben oft ein niedrigeres Einkommen zur Verfügung als jene, die steuerbefreit sind und dazu zahllose Transferzahlungen vom Staat bekommen: Das soll nun durch die Erstellung von allgemeinen Transferkonten, die alle Belastungen und Begünstigungen einer Familie enthalten, gemessen werden.

Manches klingt altbekannt, ist aber trotzdem auch bei Prölls eigenen Parteifreunden noch nicht in die Köpfe eingedrungen:

- Alles was verteilt wird, muss zuerst erwirtschaftet werden;

- Jährlich drohen 13 Milliarden Neuverschuldung, wenn man alles treiben lässt: Alleine die Zinsen für die Neuverschuldung werden jeden Österreicher in der Höhe seines 14. Monatsgehalts belasten;

- Die österreichische Finanzmarktaufsicht braucht mehr Biss (gerade wenn die internationalen Anläufe eher schwachbrüstig sind);

- Den Preis für die Studiengebühren-Abschaffung zahlen jetzt die Studenten durch schlechtere Unis.

Altbekannt, aber dennoch weiterhin Widerspruch auslösend ist Prölls Bekenntnis zur  Gesundheitsfinanzierung "aus einer Hand": Es ist zwar absolut richtig, dass der absurde Wettlauf zwischen Kassen, Gemeinden, Ländern, Spitälern und Ärzten, sich gegenseitig die Kosten zuzuschieben, ein Ende haben sollte. Aber Finanzierung „aus einer Hand“ heißt Monopol, ist daher nie effizient und günstig. Ohne Wettbewerb (zwischen mehreren Kassen) wird das System immer viel zu teuer sein – und ein Selbstbedienungsladen aller Beteiligten.

Trotz aller Einwände gilt: Pröll hat da eine recht steile Vorlage in den leeren Koalitionsraum gemacht. Gibt es irgendjemand in diesem Land, der glaubt, der hofft, die SPÖ könne da irgendwo auch nur mithalten? Eine SPÖ, die Pröll nicht einmal zuhören wollte. . .

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