Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (10 Euro pro Monat) ist jederzeit beendbar und endet extrem flexibel einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Die Reserve-Pamela ist nur noch Kärntner Reserve

Vor wenigen Stunden war Peter Kaiser noch für viele Sozialdemokraten trotz seines Alters der Mann der Zukunft, der Mann, der die schwere Parteikrise rund um Pamela Rendi-Wagner lösen kann. Jetzt muss er sogar im scheinbaren SPÖ-Kernland Kärnten um seine eigene Zukunft bangen. Er muss davor bangen, dass sich die drei Wahlgewinner rechts der Mitte zu einem Bündnis gegen ihn zusammenschließen. Denn wenn sie klug sind, werden sie das.

Nichts von den Kärntner Ergebnissen passt auch nur annähernd in die Überzeugungen, die der Mainstream ständig von sich gibt. Denn ginge es nach diesem, hätte die einzige Konstante der beiden heurigen Landtagswahlen niemals eine schwere Doppelschlappe der SPÖ sein dürfen; sowohl in Niederösterreich wie in Kärnten hat es schwere Niederlagen gegeben. Minus 3,3 Prozent für den Landtag in Sankt Pölten, gar minus 8,9 für die Volksvertretung in Klagenfurt.

Das bestätigt mit voller Wucht: Die SPÖ ist in einer schweren Krise. Es gibt kein gesichertes Territorium mehr für sie. Egal, ob sie den Landeshauptmann stellt oder in Bund wie Land in Opposition ist. Das ist direkte Folge der doppelten Krise der Partei: der personellen wie der inhaltlichen. Auf beiden Ebenen herrschen mehr Fragezeichen als Antworten.

Doch gibt es bei der SPÖ tatsächlich Berufsfunktionäre, die allen Ernstes glauben, mit dieser doppelten Ambivalenz Politik machen zu können. Die Wähler wollen das hingegen nicht. Sie wollen Klarheit, wen und was sie wählen. Jedoch niemand sagt ihnen:

  • Bekommen sie eine Partei, die nach burgenländischem oder dänischem Muster viel härter gegen die illegale Migration vorgehen will?
  • Oder eine, die sich weiterhin illusionärer Gutmensch-"Haltung" gegenüber den katastrophalen Folgen der Massenmigration und gegenüber der unvermeidlichen Knappheit finanzieller Ressourcen hingibt?
  • Bleibt weiter die Unsicherheit, Orientierungslosigkeit und nur Nettigkeit ausstrahlende Rendi an der Parteispitze, die lediglich ein politisches Thema zu haben scheint (nämlich die tägliche Forderung nach neuen sozialen Wohltaten auf Schulden)?
  • Kommt der sprachlich behinderte Burgenländer Doskozil, der sich aber das Image eines Machers verschafft hat, der die Migrationsthematik aufzugreifen sowie die sozialistischen Wohnbau-Dogmen zu zerstören wagt und der für andere in der Partei der meistgehasste "Parteifreund" ist?
  • Kommt der ehrgeizige und vor wirklich nichts zurückschreckende Intrigant Kern?
  • Oder kommt der derzeit arbeitslose und das Image einer männlichen Pamela ausstrahlende Wrabetz?
  • Oder lässt sich der pyknische Wiener Gemütlichkeits-Bürgermeister Ludwig aus der Milliarden-Schleuder Rathaus doch noch überreden, den Bundesparteichef samt Oppositions-Hungerkur zu machen?
  • Kommt die Parlamentsvizepräsidentin Bures aus der De-Facto-Politpension?
  • Oder kommt der mit allen gut auskommende und deshalb profilarme Kärntner Kaiser, der von einem fulminanten Wahlsieg – so konnte man ja bis Sonntag-Nachmittag glauben – nach Wien gespült wird?

Es hätte eigentlich keiner der vielen dauerschwätzenden Politologen und Meinungsumfragen bedurft, um zu erkennen, dass man sich so wie die SPÖ keinesfalls den Wählern präsentieren darf. Aber dennoch hat das keiner der nicht zuletzt von unseren ORF-Zwangsgebühren lebenden "Experten" vorausgesehen. Oder aus lauter Sympathie für die SPÖ sehen wollen.

Jetzt plötzlich bricht, Bundesland nach Bundesland, der ganze innerparteiliche Frust los. Jetzt wirft man sich – öffentlich! – gegenseitig vor, "unsolidarisch" zu sein. Jetzt muss plötzlich selbst der Salzburger SPÖ-Chef zugeben, dass seine Partei einen "Schlingerkurs" fährt. Vernichtender könnte es kein Parteifeind zusammenfassen.

Aber, so werden manche fassungslose Genossen entgegnen, es ist doch die Teuerung das zentrale politische Thema. Und es hat doch keine andere Partei so intensiv auf dieses Thema gesetzt wie die SPÖ!

Ja, eh. Aber in Wahrheit sind wir damit schon beim nächsten branchenüblichen Fehl-Schluss: Denn selbst für die bei der SPÖ verbliebenen Wähler war dann am Ende die Teuerung nur das fünftwichtigste Wahlmotiv. Das lehrt: Ja, es gibt die saftigste Inflation seit Kriegsende. Ja, die Menschen leiden darunter. Aber sie sind klug genug, um zu erkennen, dass das Verschulden daran nicht in Österreich zu finden ist, sondern bei der Europäischen Zentralbank, bei einem globalen Trend, beim russischen Krieg, bei der Klimapolitik, bei der Energieknappheit. Und schon gar nicht überzeugen können die populistischen SPÖ-Vorschläge, die Inflation dadurch bekämpfen zu wollen, dass der Staat noch mehr Schulden machen soll, um die Preise für alle zu subventionieren.

Mein Gott, wie sind die Wähler klug! Wie viel klüger als der durchschnittliche Politiker …

Die SPÖ kann nur zu einem Schluss kommen, sollte sie nicht von allen guten Geistern verlassen werden: Wenn die Partei nicht bald die Parteichefin und ihr jammervolles Wiener Team auswechselt und sich für einen klaren Kurs entscheidet, wird sie noch etliche solche Tage erleben.

Sowohl FPÖ wie auch ÖVP haben vom Vertrauensverlust der Sozialdemokraten Etliches für sich umleiten können. Der Zugewinn fällt freilich bei der ÖVP deutlich mehr auf. Ist doch Kärnten traditionell eines ihrer schlechtesten Bundesländer. Hat die ÖVP doch zuletzt eine Reihe schmerzhafter Niederlagen eingefahren. Hat sie doch in Kärnten einen Spitzenkandidaten, der außerhalb der Landesgrenzen bisher als recht unkonturiert wahrgenommen wird. Muss sie sich doch auf Bundesebene recht erfolgsarm dahinwursteln, da sie gegen den grünen Koalitionspartner praktisch nichts Sinnvolles durchbringen kann und schon gar nichts von dem, was sie mutmaßlich gerne umgesetzt hätte (was das ist, muss man freilich derzeit mehr ahnen, als dass man es wissen kann).

Aber für die ÖVP hat sich diesmal das positiv ausgewirkt, was viele Politikberater als langweilig ansehen: trockene, biedere Sacharbeit ohne spektakuläre Feuerwerke. Bundesparteiobmann Nehammer klappert in seinen Auslandsreisen der letzten Wochen unverdrossen zähe und unspektakuläre Ziele ab: Marokko (weil von dort viel zu viele Migranten nach Österreich kommen), Bulgarien (weil dort die EU-Außengrenze löchrig erscheint), Serbien (weil über dieses Land bisher viele Inder visumfrei nach Europa einreisen konnten) und Katar (um dort Flüssiggaslieferungen Richtung Österreich in Bewegung zu setzen). Ähnlich kann man auch den Kärntner ÖVP-Chef Gruber charakterisieren: In kontinuierlicher Knochen-Arbeit hat er immer wieder gegen leichtfertige Geschäfte der SPÖ rund um den Klagenfurter Flughafen gekämpft.

Die ÖVP bekommt zwar kein zusätzliches Mandat, aber dafür gleich drei andere Präsente: Erstens ist sie nicht, wie von fast allen Umfragen prophezeit, als Vierter, sondern als Dritter durchs Ziel gegangen; zweitens hat sie keinen einstelligen, sondern mit 17,2 Prozent einen satten zweistelligen Prozentanteil errungen; und drittens hat sie vor allem für die schwarz-grüne Bundesregierung im Bundesrat wieder die Mehrheit zurückerrungen, weshalb Rot und Blau dort vorerst keinen Sand ins Getriebe werfen können.

Etwa genauso viele Prozentpunkte (1,8 bzw. 1,7) wie die ÖVP hat die FPÖ dazugewonnen. Doch ist das für ihre Verhältnisse ein recht bescheidener Sieg: Denn bei so schweren SPÖ-Verlusten (minus 8,9 Prozentpunkte) nur 1,8 dazuzugewinnen, ist für die Freiheitlichen eher ernüchternd. Denn Kärnten ist ja Jörg-Haider-Land. Denn normalerweise ist die FPÖ immer einziger und jedenfalls größter Sieger. Denn derzeit ist die FPÖ auch bundesweit in einer Aufwärtssträhne.

Die Freiheitlichen müssen diesmal jedoch nicht nur mitansehen, dass die ÖVP einen ähnlich großen Erfolg erzielt wie sie, sondern auch, dass jemand ganz anderer der weitaus größte Dazugewinner ist: die Regionalpartei Team Kärnten. Diese ist einst aus den politischen Anläufen des Frank Stronach hervorgegangen, hat sich mit dem einstigen Financier längst zerkracht, betreibt eine betont Kärntner Identitätslinie und stellt auch in einigen wichtigen Gemeinden (insbesondere Klagenfurt und Spittal) populäre Bürgermeister. Sie ist damit in gewisser Hinsicht Erbe der sehr eigenständigen Linie im dritten blau/orangen Lager – hat aber gerade dort wenige  Ahnen.

Es läge etliche Logik darin, wenn diese drei Parteien durch eine Koalition die SPÖ als Landeshauptmannspartei ablösten. Inhaltlich scheint da nichts Unüberbrückbares zwischen den Dreien zu liegen, selbst im Wahlkampf gab es keine überdurchschnittlichen Bösartigkeiten. Im Land herrscht eindeutig Wechselstimmung. Und vor allem wäre es ein entscheidendes Ende der Eiszeit zwischen Blau und Schwarz auf Bundesebene. Ein solches Bündnis würde die ÖVP langsam aus der würgenden Umklammerung durch die Grünen herauslösen; und es dürfte die Bundes-FPÖ zu einer deutlichen Mäßigung der Aggressiv-Töne veranlassen – ähnlich wie man das einst ja auch bei Jörg Haider sehen hat können (dessen direkte politische Erbschaft ja übrigens erstaunlicherweise zur Gänze im Niemandsland versickert ist!).

Aber sie werden natürlich nicht. Denn weit und breit fehlt es letztlich auch dort an Persönlichkeiten, die Mut und Weitsicht für so einen Schritt hätten. Und vor allem werden sie sich nie einigen können, wer von den drei Parteichefs sich künftig Landeshauptmann nennen darf. Dabei haben einst Politiker mit etwas mehr Format genau das gemacht, um eine schier ewige Herrschaft der Kärntner Sozialisten zu beenden. Ein blau-schwarzes Bündnis hat zuerst einen Schwarzen (vom dritten Platz!) und dann einen Blauen gegen die dominierenden Roten an die Landesspitze gebracht und ist erst nach einigen durchaus interessanten Jahrzehnten (in denen etwa der Volkstumskampf fast komplett entschärft worden ist) im Strudel der FPÖ-BZÖ-Intrigenkämpfe ausgelaufen.

Aber die Sozialdemokraten werden sich dennoch höllisch anstrengen und etliches bieten müssen, um weiter den Landeshauptmann stellen und eine der drei Parteien auf ihre Seite ziehen zu können. Das dürfte ihnen wohl bei ihrem bisherigen Partner ÖVP am leichtesten gelingen.

Dennoch sollte man jetzt Überraschungen aus Kärnten nicht ganz ausschließen.

Gar kein guter Boden sind die heimatverbundenen und Common-Sense-orientierten Kärntner für die Botschaften von Grün und Pink. Sind doch beide typische Großstadt-Parteien, die es dort nicht in den Landtag schaffen.

Und da verbirgt sich die eigentlich wichtigste und auch positivste Botschaft aus Kärnten: Jene Themen, mit der die Grünen die Politik und die Medien die Öffentlichkeit vor sich her treiben, haben zumindest außerhalb der Großstadtblasen keinerlei Relevanz: Weder das ständige Zwangsgendern noch die dauernde Klimapanik, vom Klebeterror gar nicht zu reden, gegen den die Linksmedien ORF&Co ja jedes kritische Wort verbieten …

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)
Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print



© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung