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Jetzt sind sie endgültig durchgedreht

Eigentlich schienen beim unendlichen Projekt „Haus der Geschichte“ schon alle nur möglichen Idiotien passiert zu sein. Weit gefehlt. Das hieße, unsere Regierung zu unterschätzen. Sie fügt der bisherigen Liste der Unsinnigkeiten mit einem Schlag gleich zwei neue hinzu. Nach dem zuletzt komplett der SPÖ-Hass auf die österreichische Geschichte und Identität die Debatte beherrscht hat, sorgt nun die Volkspartei für die neuesten Grotesken. Aber auch diese sind absurd, weder durch die Hitze noch durch Profilierungsneurosen erklärbar noch durch die Eifersucht, weil zuletzt alleine die SPÖ das Thema beackert hat.

Für die ÖVP ist ihre neue Sternschnuppe aufgetreten, der Staatssekretär Harald Mahrer. Er verlangt erstens, dass es ein „Haus der Zukunft“ geben solle, „nicht nur“ ein Haus der Geschichte. Und er verlangt zweitens, dass dafür neben der Hofburg auf der Ringstraße ein neues Gebäude „aus modernen Materialien“ errichtet werden solle. Na bumm, da ist ein Nachwuchspolitiker so tief ins Dummheits-Näpfchen gesprungen, dass man eigentlich annehmen müsste, dass er da untergeht.

Der Mann dürfte aber durchaus für seine ganze Partei sprechen und daher überleben. Denn in der einstigen Partei der Bildungsbürger und Österreich-Patrioten gibt es überhaupt niemanden mehr, der zu kulturellen, geisteswissenschaftlichen oder stadtästhetischen Themen auch nur irgendeinen Bezug hätte. Jetzt kann Mahrer also auch dort sein Wesen treiben, nachdem er bisher ja nur zu wirtschaftspolitischen Themen und als Regierungskoordinator in Erscheinung getreten ist. Als welcher er mit dem Steuerpaket ja schon eine erste großartige Talentprobe abgelegt hat.

Mahrer hat mit seinem Auftritt überdies der SPÖ den Weg für das Ostermayer-„Haus der Geschichte“ freigemacht. Dementsprechend positiv reagierte auch der SPÖ-Parteihistoriker Rathkolb gleich auf Mahrers Vorschlag – und nutzte es für eine taktische Finte, die einem Parteipolitiker alle Ehre machen würde: Er schlägt vor, 2018 sein Haus der Geschichte zu eröffnen, und sich dann ab 2020 dem „Haus der Zukunft“ zu widmen.

Ein wenig durchsichtig, aber es könnte dennoch wirken.

Rathkolb wendete damit einen seit Faymanns Machtergreifung beliebten sozialistischen Trick an, mit dem die SPÖ die Naivität der ÖVP schon mehrmals hineingelegt hat. Zuerst die schwarze Vorleistung abkassieren, dann auf die eigene Gegenleistung vergessen. Siehe etwa das Steuerpaket, das ja zu 90 Prozent SPÖ-Anliegen verwirklicht, während erst lange danach über das (in diesem Fall mehr als berechtigte und dringend notwendige) ÖVP-Anliegen –völlig vage – gesprochen wird, nämlich das Pensionsantrittsalter.

Das Holzhaus am Ring

Die Hofburg wird jetzt jahrelang durch die Container des Parlamentsausweichsquartiers verschandelt (weil die Abgeordneten aller Parteien lieber auf diesen prominenten Platz ausweichen wollen als in das leerstehende WU-Gebäude in der Spittelau). Was sicher  sehr die Schönheit Wiens vergrößern wird. Das genügt der ÖVP aber offenbar noch nicht. Nein, jetzt will sie die Hofburg gleich dauerhaft entstellen, durch - so Mahrer - einen „Holzbau als Zeichen der Leistungsfähigkeit der heimischen Holzwirtschaft“.

Auf diesem Niveau ist Österreich also gelandet: Hofburg und Ringstraße werden das neue permanente Messe-Gelände, wo die Innung der Holzbaumeister und die Forstwirtschaft ihre Produkte vorstellen. In Mahrers Formulierungen: Der Holzbau solle ein Zeichen der Leistungsfähigkeit der heimischen Holzwirtschaft werden; Holzbauten könnten modular an neue Bedürfnisse angepasst werden.

Das macht absolut fassungslos. Tiefer geht’s wirklich nimmer als solches Geschwätz.

Da hilft auch das Argument ganz und gar nicht, mit dem Rathkolb das Mahrer-Hölzel aufgegriffen hat: Dessen Idee passe gut zu seinem eigenen Konzept; denn die „Hundewiese“ bei der Hofburg sei „kein Ruhmesblatt der Stadtgestaltung“. Was zwar gewiss stimmt. Aber es ist eine ziemlich kranke Logik, dass man durch Hunde devastierte Grünanlagen deshalb mit Häusern vollbauen müsse, damit die Hunde dort nicht mehr ihr stinkendes Unwesen treiben können.

Es gäbe ja zum Beispiel auch die Möglichkeit eines Hundeverbots. Das freilich nur wirkt, wenn man es auch kontrolliert. Aber selbst im Volksgarten, der einzigen Grünanlage in diesem Bereich, wo (theoretisch) noch nicht alles erlaubt ist, sehe ich jedes Mal frei herumlaufende Hunde.

Was die SPÖ heute offenbar nicht mehr so gerne hört: Sie war einst enorm stolz und ist sich sehr modern vorgekommen, als sie selbst den freien Gebrauch der früher geschützt gewesenen Hofburgwiesen verkündet hat. Welch Freiheit! Welch Revolution! Welch Sieg der 68er Bewegung!

Mahrers Holzhaus-Pläne sind auch noch in anderer Hinsicht ganz schlimm. Nämlich durch ihre Präjudizwirkung. Der Vorschlag einer Verbauung des Hofburg-Geländes an der Ringstraße öffnet der SPÖ endgültig die Tore für ihre eigenen Anschläge auf den Prachtboulevard, die im letzten Jahr in einem großen gewinnträchtigen Hochhauskonzept ausgebrütet und nur der Wahlen wegen in die Lade zurückgelegt worden sind. Einschließlich des schon fertig projektierten Megahochhauses neben dem Konzerthaus, also einen Block vom Ring entfernt. Wenn auch die ÖVP neue Gebäude an den Ring platzieren will – wer soll dann da noch etwas dagegen haben?

Und das Weltkulturerbe brauchen wir in der Holzhausidylle doch eh nicht.

Der Science-Fiction-Mahrer

Genauso dumm wie das Holzhaus am Ring ist auch der zweite Teil des Mahrer-Vorschlags, also ein „Haus der Zukunft“ zu bauen. Denn die Zukunft hat es so an sich, dass man (außer in Science Fiction-Filmen) von ihr noch nichts zeigen kann, sondern über sie nur ideologische Luftblasen ausstoßen kann. Man schaue nur zurück, was für Absurditäten die diversesten Zukunftsforscher in der Vergangenheit von sich gegeben haben. Von Hitlers Tausendjährigem Reich über neue Eiszeiten über die Nicht-Ernährbarkeit der Menschheit bis zum Leben auf dem Mond und zur perfekten kommunistischen Harmonie.

Jetzt kommt also noch Mahrers Zukunftsgerede dazu. Deren Inhalt besteht aus reinen Worthülsen im Sozio-Politologen-Slang, die höchstens in die hunderten geschwätzigen Symposien gehören, die alljährlich auf Steuerzahlerkosten zwischen Wien und Alpbach stattfinden, die aber fast alle inhaltsleer sind. Zur Kostprobe einige von Mahrers Wortblasen im O-Ton:

  • „Aufbruchsstimmung“.
  • „Neue Aufklärung".
  • „Es braucht einen intensiven öffentlichen Diskurs."
  • „Wo ist denn in Österreich der Raum, wo über die Zukunft öffentlich gesprochen wird? Hier könnte man einen schaffen."
  • „Mir schwebt eine Bauikone aus modernen Materialien vor, ein Ort der Begegnung, wo sich die Menschen lustvoll-leidenschaftlich mit dem Österreicher-Sein und vor allem der Zukunft auseinandersetzen."
  • „Ich denke das Haus der Zukunft als Ort des Dialoges und der Partizipation. Ein Raum für die Interaktion zwischen Bürgerinnen und Bürgern, zwischen Wissenschaft, Kunst und Kultur, Zivilgesellschaft und allen am Morgen Interessierten – und nicht als museale Präsentationsstätte. Es soll Raum für die Auseinandersetzung mit den großen Fragen der Zukunft bieten: Wie können, wie wollen wir leben? Das ,Haus der Zukunft‘ muss begreifbar machen, welchen enormen Veränderungen wir und die Welt gerade ausgesetzt sind."

Gratulation: Da sind wirklich sämtliche Leerphrasen der pseudointellektuellen Plapperszene versammelt, die noch nie von irgendjemandem mit konkretem Inhalt gefüllt worden sind. Dialog, Zivilgesellschaft, Partizipation, Interaktion, Diskurs, Bauikone, Raum für die Auseinandersetzung, lustvoll-leidenschaftlich bla bla, bla. Ja, und ganz wichtig, gegendert ist das auch.

Voll verständlich ist da nur, dass Oliver Rathkolb, der im Auftrag der SPÖ das „Haus der Geschichte" machen soll, Mahrer „dankbar für seine Initiative“ ist. Dann jetzt ist der Weg für sein eigenes Projekt frei. Wann auch immer hingegen dann Mahrers Blasen platzen, kann der SPÖ hingegen völlig gleich sein. Zuvor kann sie ja ihre eigenen Pläne ungehindert verwirklichen.

Zur Erinnerung die drei wichtigsten Gründe, warum schon die SPÖ-Pläne ganz ohne Holzhaus so schlimm sind:

  1. Nach Ostermayers und Rathkolbs Konsens soll das Haus der Geschichte absurderweise erst mit der Betrachtung der Zeit ab 1848 beginnen, obwohl Österreich schon mehr als tausend Jahre alt ist. Aber erst im Gefolge der bürgerlichen Revolution 1848 haben sich die Wurzeln der Sozialdemokratie entwickelt. Und erst da interessiert die SPÖ die Geschichte. Österreichs Geschichte vorher wird also regierungsoffiziell als nicht existent hingestellt.
  2. Wegen dieses Hauses der Geschichte werden in der Hofburg Museen von Weltrang drastisch dezimiert.
  3. Einen wichtigen Teil der Geschichte seit 1848 deckte schon bisher das Heeresgeschichtliche Museum ab. Für das hat man aber seit Jahrzehnten kein Geld, sodass es sich in einem extrem blamablen Zustand befindet. Dieses Haus zu sanieren wäre zehnmal billiger, als ein "Haus der Geschichte" neu zu bauen, selbst wenn man darin nur einen kleinen Teil der Geschichte behandelt.
  4. Das gesamte Denken Rathkolbs reduziert den Heldenplatz absurderweise auf den Balkon, der neuerdings von der SPÖ ständig nur „Hitlerbalkon“ genannt wird, weil dort Hitler bei seinem Wien-Einzug aufgetreten ist. Das ist nur noch als schwere psychische Fixation begreifbar. Mit der gleichen Logik könnte man auf ewig das Hotel Imperial (Hitlers Wiener Quartier) und die Mariahilferstraße (die Route des deutschen Einzugs) komplett in den Bann der Märztage 1938 und der NS-Zeit stellen.
    Leute mit dem Denkmuster Rathkolb-Ostermayer geben aber wohl erst dann Ruhe, wenn sie ganz Wien in einen ewigen Hitler-Jurassic-Park verwandelt haben.

PS: Jetzt warte ich nur noch, dass Prinz Eugen und Erzherzog Carl von dem Platz weggeräumt werden, weil sie Mahrers Holzhäuschen und Rathkolbs Hitler-Fixierung im Weg sind.

PPS: Das einzig Positive an ihren Plänen: Jetzt soll die Nationalbibliothek den seit Jahrzehnten notwendigen Tiefenspeicher bekommen.

PPPS: Wenn Österreich wirklich Geld für ein „Haus der Zukunft“ hätte: Dann soll man das dem Technischen Museum geben, damit es auch in Österreich endlich so ein tolles Science-Haus gibt wie beispielsweise in Winterthur (Technorama) oder Washington (Smithsonian). Um nur zwei zu nennen. Dorthin reisen Menschen oft über Tausende Kilometer an. Dort bekommen junge Menschen wirklich die faszinierendsten und für die Zukunft wichtigen Impulse. Und nicht in einem weiteren Geschwätzraum, oder einer Ideologiewerkstatt zur Propagierung des meist tiefgrünen Zukunftsforscher-Gewerbes.

PPPPS: Und einen zweiten Teil der Geschichte Österreichs (neben dem im Heeresgeschichtlichen Museum behandelten) hat ganz ohne öffentliches Aufsehen, ohne Regierungskommissionen und ohne einen Cent Steuergeld die Schönbrunn-Betriebsgesellschaft schon exzellent museal aufgearbeitet. Nämlich nicht nur in den von ihr betreuten Habsburger-Schlössern, sondern auch digital und interaktiv. Dieses Seiten sind so eindrucksvoll, wie es Rathkolb, Ostermayer und Mahrer nie zusammenbringen werden. Auch wenn sie noch so viele Steuergelder dabei an ihre Freunde verschleudern.

 

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