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Kein Grund zur Solidarität mit Griechenland

Eine Frage taucht seit dem Vorjahr immer wieder auf: Wie gehen Staaten eigentlich bankrott? Dafür gibt es keine Insolvenzgesetze, sondern nur Erfahrungen, Usancen – und jede Menge Politik. Es ist rechtlich völlig offen, ob man mit einem überschuldeten Land sanft oder brutal umspringt.

Lediglich eines scheint – freilich gar nicht so lange – vorbei: Die Zeit, da man nicht bezahlte Schulden eines Staates mit Waffengewalt eintreibt. „Bis zur Drago-Porter Konvention 1907 war der Einsatz von Waffengewalt zur Eintreibung von Schulden völkerrechtlich durchaus legitim. Mit dieser Konvention wurde Waffengewalt höchstens noch als Ultima ratio anerkannt, falls sich der Schuldnerstaat weigerte, eine Schiedsverfahren als friedliches Mittel zur Streitbeilegung durchzuführen.“ So beantwortete zumindest der österreichische Völkerrechtsexperte Michael Waibel diese Frage.

Offen bleibt, wie ein geprellter Gläubiger heute Exekution gegen einen fremden Staat führen kann – etwa auf Schiffe und Flugzeuge oder gar durch Taschenpfändung eines anreisenden Ministers. Das alles wird jedoch nicht viel bringen.

Die wirtschaftlichen Druckmittel sind die wirksameren. Ein bankrotter Staat ist gut beraten, sich mit den Gläubigern zusammenzusetzen und über seine Konkursquote zu verhandeln. Tut er das nicht, dann wird er sich auf viele Jahre nirgendwo mehr ins wirtschaftliche Geschehen einschalten können. Dann werden selbst normale Handelswaren nur noch gegen Vorauskasse geliefert werden. Und neue Kredite gibt es sowieso keine.

Jedenfalls aber dürfte es Griechenland im Konkursfall nicht mehr so leicht gelingen wie im letzten Jahr, sich vor der Einhaltung von Zusagen zu drücken. So ist die griechische Regierung etwa mit den versprochenen Privatisierungen und Deregulierungen weit im Rückstand. Dabei würden diese nicht nur Geld in die Kassa bringen, sondern auch die Wirtschaft wieder ankurbeln. Es gibt auch keinen wirklichen Grund, warum nicht die eine oder andere Insel an einen Investor verkauft werden könnte – privatrechtlich natürlich, nicht staatsrechtlich.

Gewiss wird auf die Gläubiger jede Menge politischen und psychologischen Drucks ausgeübt werden, dass man mit den armen Hellenen doch nicht so umspringen könne. So hat dieser Tage schon ein ORF-Journalist die kühne Behauptung aufgestellt, der griechische Generalstreik zeige, dass die Grenze des Zumutbaren erreicht sei.

Dabei zeigen die Streiks genau das Gegenteil. Die Griechen haben noch immer nicht den Ernst der Lage erkannt. Sie vertreiben mit den ständigen Ausfällen im Flug- und Fährverkehr sogar ihre wichtigste Einnahmequelle: die Touristen. Und auch die Gehaltsbremsen bei den öffentlichen Bediensteten erregen kein Mitleid: Denn deren Gehälter sind seit Einführung des Euro real wie nominell weit steiler gestiegen als in Deutschland oder Österreich. All das ist absolut kein Grund zu der von der Politik geforderten „Solidarität“ mit Griechenland.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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