Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (10 Euro pro Monat) ist jederzeit beendbar und endet extrem flexibel einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Team Stronach – der alte Mann und die Partei

Im „Team Stronach“ ist ein überraschender Schritt zur Emanzipation bisheriger Hampelmänner und Lieblingstöchter passiert. Nur – wohin führt dieser Schritt?

Keine Frage: Frank Stronach hat eine schwere politische Niederlage erlitten: Der – noch? – unter seinem Namen segelnde Parlamentsklub hört nicht mehr auf sein Kommando. Nicht einmal mehr mit Hilfe der Glücksritter, die schon bei vielen Parteien gewesen sind, und die bisher immer auf seine Millionen geschaut haben, hat er sich noch durchsetzen können. Weder Drohungen noch das inhaltsleere Gerede von einem „starken Mann“ haben ihm zuletzt geholfen. Ihm bleibt nur noch der formale Vorsitz in einer Partei, die keine Fraktion mehr hat, die aus ein paar Handvoll Mitgliedern und gigantischen Schulden besteht.

Es kann wohl kein Zweifel sein, auch wenn es nie öffentlich zugegeben wird: Genau diese Schulden sind ja auch der Hauptgrund, warum Kathrin Nachbaur die Partei verlassen hat, warum etliche Abgeordnete dieser nie beigetreten sind, warum Stronach weder einen starken Mann findet noch sonst jemanden, der in diese Partei auch nur eintreten will. Entweder er sieht das endlich ein und verzichtet auch auf diese Partei und zugleich seine Geldforderungen. Oder die Partei ist halt nur noch eine bloße Drehscheibe, auf der die hereinfließenden Parteiförderungen postwendend an Stronach zur Kreditabzahlung gehen. Sonst aber findet dort nichts mehr statt.

Aber das ist letztlich sein persönliches Problem. Er war einfach schlecht beraten und hat nicht mit der Zweifirmen-Lösung gerechnet, dass – so wie schon etliche Landesorganisationen – nun auch der Klub eine andere Firma ist als die von ihm geführte Bundespartei. Dass diese total inhaltsleer wird.

Ganz offensichtlich muss es an Stronach liegen, dass niemand bereit ist, auf Dauer als sein willenloser Sklave zu agieren. Das funktioniert dann schon gar nicht, wenn er selbst die größte Zeit des Jahres gar nicht im Land ist. Politik ist halt einmal keine Nebenerwerbslandwirtschaft und schon gar nicht ein gelegentliches Urlaubshobby.

Das Problem des Klubs ist es nun freilich, ob er aus dieser Emanzipation auch etwas machen kann. Ohne das erratische Diktat Stronachs. Aber auch ohne sein Geld.

Zwar hat die Zielvorgabe Nachbaurs, eine wirtschaftsliberal-wertkonservative Partei sein zu wollen, an sich viel Sinn und Zukunft. Auch wenn im ORF ein Linksaußen namens Fussi (SPÖ, Neos usw.) das gleich hasserfüllt abqualifiziert hat. Auch wenn Stronach selbst diese Adjektiva nie verwendet hat (sondern nur völlig inhaltslose Vokabel wie Fairness, die wohl jede Partei für sich in Anspruch nimmt).

Gerade die Orientierungslosigkeit der jetzigen ÖVP – noch niemand hat auch nur in einer einzigen Frage eine konkrete Entscheidung von Parteichef Mitterlehner gesehen – bietet für die standfeste Kombination wertkonservativ plus wirtschaftsliberal eine gute Marktlücke. Denn die Neos sind nur – wenn auch vorbildlich – wirtschaftsliberal, aber (etwa mit Gesamtschulwünschen, Genderismus, Kirchenfeindlichkeit, Immigrations- oder Schwulenpolitik) weit weg von jedem Wertkonservativismus. Denn die FPÖ ist nur – wenn auch vorbildlich – wertkonservativ, aber (etwa mit ihrer Soziallizitation) weit weg von jedem Wirtschaftsliberalismus.

Die Nachbaur-Kombination entspricht ja auch der „Alternative für Deutschland“, die beim Nachbarn Furore macht, óbwohl sie von linken Medien ständig totgeschrieben wird.

Aber: Um als Partei Erfolg zu haben, braucht man nicht nur eine sinnvolle inhaltliche Aufstellung, sondern – mindestens ebenso wichtig – gutes politisches Personal. Und da ist von der TS-Fraktion noch gar nichts Überzeugendes zu sehen gewesen.

Noch-Fraktionschefin Nachbaur hat zwar bei diversen Fernsehdebatten überraschend gute Figur gemacht, aber am letzten Sonntag durch den Gang ins Fernsehen fast politischen Selbstmord begangen. Wenn man in einer ungeklärten Situation steckt, wo man viele drängende Fragen nicht beantworten will, darf man auch nicht medial auftreten. Das wissen routinierte Politiker sehr genau. Das begreift sogar Werner Faymann, der sich ja überhaupt nur den Hofberichterstattern der ZiB1 stellt, aber beharrlich die unangenehmen Fragen der ZiB2 meidet. Das hat Nachbaur nicht begriffen, was gegen sie spricht, egal ob sie das aus Bildschirm-Geilheit oder tollkühnem Mut gemacht hat.

Und erst recht sind die vielen TS-Politiker bloße Bleigewichte, die nur im ständigen Parteiwechseln Professionalität zeigen (meist: FPÖ-BZÖ-TS). Sie sind maximal für populistische Boulevard-Gschichterln gut, aber nicht für ein glaubwürdiges Angebot, das in den Augen der Wähler für eine konkrete Position oder Vision stünde. Typisches Beispiel aus den letzten Tagen: Während sich der TS-Klub bisher immer klar gegen die Gesamtschule ausgesprochen hat, hat Robert Lugar plötzlich dem Gesamtschulkonzept der Industrie zugejubelt. Um in die Medien zu kommen.

Zwar kann sich eine Fraktion, die bei Meinungsumfragen höchstens bei einem Prozent liegt, nur noch in eine positive Richtung entwickeln; weiter Absteigen geht ja gar nicht mehr. Zwar ist die Erkenntnis, dass es mit Stronach nicht gehen kann, sicher richtig. Aber deswegen ist noch lange nicht gesagt, dass es so gehen wird, wie es jetzt versucht wird.

 

zur Übersicht

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)

Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print



© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung