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Und schon wieder lässt die SPÖ andere für sich werben

Die USA haben die Wahlkampfkosten so wie in Österreich zu limitieren und transparent zu machen versucht. Diese Gesetze wurden aber fast umgehend umgangen: Angeblich private Aktionsgruppen betreiben nun selbst „parteiunabhängig“ kostenintensive Werbekampagnen, in denen zufällig ganz genau die Parolen einer Partei verbreitet werden. Oder in denen frontal gegen den Gegenkandidaten gehetzt wird. Ähnliches macht sich nun in Österreich breit. Hier hat das SPÖ-Milieu sofort Kanäle gefunden, um das zu umgehen. Mit der Arbeiterkammer und der Kronenzeitung an der Spitze. Diese werben für die Politik der Partei, und doch sind weder Partei noch ein Ministerium dafür verantwortlich.

Parteien dürfen im ORF nicht mehr werben. Was tut die SPÖ? Jetzt schaltet halt die Arbeiterkammer im Vorlauf des SPÖ-Parteitags Fernsehspots, in denen genauso wie in der SPÖ-Propaganda gegen „Spekulanten“ gehetzt wird, dass es nur so kracht. Nebstbei bemerkt: Würde anstelle der „Spekulanten“ das Wort Moslems stehen, würden sofort einige linke Staatsanwälte unter großem Geheul aufmarschieren.

Jedenfalls ist festzuhalten: Für die in den Zwangsgebühren aller Arbeitnehmer schwimmende SPÖ-Vorfeldorganisation namens AK gilt das Werbeverbot des ORF-Gesetzes anscheinend nicht. Oder vielleicht verlässt man sich da wieder einmal auf eine parteifreundliche Sichtweise der Gerichte.

Gegen „Spekulanten“ kann man aber offenbar ungehindert hetzen. Und ganz zufällig ist dieses Hassobjekt der AK-Bosse identisch mit dem gegenwärtigen zentralen Feind der SPÖ-Propaganda (der sich freilich auch die fünfte SPÖ-Kolonne namens Christoph Leitl angeschlossen hat).

Nur hat mir noch niemand verraten, wer denn eigentlich diese „Spekulanten“ sind. Sind es nur ein paar böse Menschen im fernen Amerika, die man bloß aus Schauerreportagen halbseriöser Magazine kennt, und denen unterschwellig auch gleich ein bestimmtes religiöses Bekenntnis angehängt wird?

Oder sind es – wenn man den Begriff wörtlich nimmt – wir alle? Jeder, der überlegt, wie er sein Geld gut anlegt; jeder, der aus spekulativer Angst vor einem Euro-Crash auch nur einen Golddukaten kauft; jeder, der schnell noch Grundstücke weiterschenkt, bevor die spekulativ erwartete Erbschaftssteuer zuschlägt; jeder, der eine Wohnung kauft im spekulativen Glauben, dass Immobilien nicht von der erwarteten Inflation entwertet werden; jeder der als Unternehmer nur noch in jenen Ländern investiert, wo er mit einer stabilen wirtschaftlichen Entwicklung spekuliert; jeder, der als Pensionist spekulativ schaut, ob er eh nicht mehr Geld auf seinem Sparbuch hat, als die Höhe der Einlagensicherung ausmacht; die roten Gemeinden, die ihr Geld zu riskant angelegt haben oder die ihre Straßenbahnen an amerikanische Fonds verkauft und zurückgemietet haben; all jene Spanier, die aus spekulativer Sorge um ihre Ersparnisse in den letzten Wochen schon 220 Milliarden Euro von den Banken abgezogen haben; jeder, der – das ist freilich die allerdümmste Spekulation – den Schwüren der Politiker geglaubt hat, dass man Käufer staatlicher Anleihen nicht fallenlassen werde (beispielsweise der griechischen)?

Praktisch jede unserer Aktionen, die mit Geld zu tun hat, ist in Wahrheit eine Spekulation auf zukünftige Ereignisse. Nur ganz dumme Menschen versuchen nicht, sich aus das vorzubereiten, was in der Zukunft auf sie zukommen könnte. Auch wenn man weiß, dass viele solche Vorbereitungsmaßnahmen schiefgehen könnten.

Die Attacken auf „Spekulanten“ haben aber in Wahrheit natürlich zwei ganz andere Ziele: Sie präsentieren erstens einen diffusen Sündenbock, hinter dessen Zerrbild verborgen werden soll, dass die Hauptschuld an der Schuldenkrise bei Politikern liegt. Und sie sollen zweitens den Widerstand gegen neue räuberische (fiskalische, inflationäre) Attacken auf das Ersparte der Menschen lähmen: Wer sich dagegen wehrt, muss fürchten, sofort als einer der „Spekulanten“ oder zumindest deren Verbündeter niedergemacht zu werden. Die Spekulantenkeule ersetzt derzeit – zumindest zeitweilig – die Faschistenkeule.

Diese Anti-Spekulantenkampagne ist zutiefst verlogen. Sie ist im Falle der Arbeiterkammer auch ein massiver Missbrauch von Zwangsbeiträgen. Und sie ist im Hinblick auf den ORF überdies eine skandalöse Umgehung der Parteien-Werbeverbots.

Auch rund um die Kronenzeitung tut sich Fragwürdiges: Warum schaltet das einstige Massenblatt Sujets mit Parolen wie: „Ich kann mir mein Studium nicht leisten“ oder: „Meine Kinder verdienen die beste Bildung“? All diese Kronenzeitungs-Texte klingen erstaunlich ähnlich zu Phrasen aus der SPÖ-Werbeküche.

Die erstgenannte Parole wird ja von der SPÖ im Kampf gegen Studiengebühren eingesetzt, die angeblich viele vom Studium abhalten würden. Die andere passt wiederum bestens in ihre Gesamtschul-Kampagne. Damit soll den Menschen eingeredet werden, die Bildung unserer Kinder würde durch die zwangsweise Gesamtschule besser. Zwar wissen alle Eltern und Lehrer, dass das Gegenteil der Fall ist. Aber SPÖ und Krone hoffen offenbar, dass die – im Grund schon seit 90 Jahren versuchte – Gesamtschul-Gehirnwäsche irgendwann doch zu einem Erfolg führt. So wie es ja beim Tiroler Intelligenzpolitiker Platter der Fall war.

Das ist alles ebenfalls zutiefst verlogen. Aber bald wird man ja nachlesen können, wie teuer dem Unterrichtsministerium diesmal die diversen Kooperationen mit dem Boulevard gekommen sind.

 

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