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Wie die Gewerkschaft der AUA und Österreich schadet

Zum dritten Mal musste die AUA in den letzten Tagen mengenweise Flüge absagen, weil gewerkschaftliche Kampfaktionen sie dazu gezwungen haben. Und die Fluglinie wird es offenbar bald wieder tun müssen. Das erinnert lebhaft an eine ganz ähnliche Situation vor fast zwanzig Jahren, als die Fluglinie ebenfalls von Gewerkschaft und Betriebsräten jahrelang so schwer k.o. geschlagen worden ist, dass das einst stolze österreichische Unternehmen letztlich an die Lufthansa verscherbelt werden musste – besser gesagt: nicht verscherbelt, sondern den Deutschen mit einem kräftigen Zusatzbonus von 500 Millionen Euro aus Steuergeldern angedienert werden musste. Jetzt verursachen dieselben Kräfte die nächste Katastrophe für die AUA.

Um noch einmal zu präzisieren: Es waren damals nicht genau dieselben Kräfte wie heute unheilvoll tätig; denn damals waren auch die Wirtschaftskammer und insbesondere ihr damaliger Präsident Leitl mit an Bord, als die AUA in die Knie gezwungen worden ist. Seit damals glauben nur noch ganz naive Menschen, dass die Sozialpartnerschaft und die mit ihr verbundene "große", genauer: die rot-schwarze Koalition ein Segen für Österreich wären.

Von den damaligen schweren Fehlern in die Gegenwart: Da ist jedenfalls einmal erstaunlich, wie viel Sympathien die Oppositionsparteien für die Forderung der Gewerkschaft zeigen. Dabei geht deren Verlangen bis zu unverschämten 40 Prozent Gehaltserhöhung (während das Unternehmen ohnedies schon großzügige 18 Prozent für zwei Jahre bietet). Besonders intelligent und scharfmacherisch agiert wieder einmal der SPÖ-Sprecher für alles und jedes, also Kai Jan Krainer: Er kritisiert, dass vom AUA-Käufer Lufthansa nicht einmal die "angebliche zehnjährige Standortgarantie" eingehalten würde. Allerdings sind seit der Übernahme durch die Lufthansa im Jahr 2009 schon 15 Jahre vergangen – aber zugegeben, das auszurechnen, würde von Krainer das Rechnen im vierstelligen Zahlenraum erfordern (und wahrscheinlich war er als braver Genosse in einer Gesamtschule, da ist man halt nicht so weit gekommen ...).

Jetzt spricht viel dafür, dass der Gewerkschaft nun auch die zweite Etappe der AUA-Abwrackung gelingt. Denn schon liegt der nächste Streik in der Luft. Wenn das so weitergeht, ist bald das ganze Geld verbrannt, das die AUA im kurzen Konjunktur-Zwischenhoch des Vorjahres nach etlichen Durstjahren als Gewinn verbucht hat, während ja schon wieder eine wirtschsftliche Rezession ins Haus steht..

Irgendwie ringt einem die Lufthansa als AUA-Eigentümer Hochachtung ab. Sie kann etwas, was die Gewerkschafter von den österreichischen Arbeitgebern nicht mehr gewohnt sind: Sie ist imstande, Nein zu sagen.

Alle Wirtschaftsforscher, bis auf die von der Arbeiterkammer mit den Zwangsbeiträgen der Arbeitnehmer finanzierten, sind sich einig: Die gegenwärtige Rezession hängt nicht nur mit internationalen Einflüssen (von der EZB über die deutsche Megakrise bis zum Krieg), sondern auch mit der viel zu hohen Lohnrunde im vergangenen Herbst zusammen. Da hat vor allem die Regierung als erste selber bei Beamten & Co zu leichtfertig zu hohe Forderungen erfüllt. Das hat naturgemäß auch überall anders zu hohe Abschlüsse ausgelöst. Dennoch hatte keiner dieser Abschlüsse auch nur annähernd die Größenordnung dessen, was die Gewerkschaft jetzt für die AUA fordert. Nämlich eine Anhebung aller Gehälter auf Lufthansa-Niveau.

Wenn das Schule macht, dass sich in jeder österreichischen Branche die jeweilige Gewerkschaft in der Welt ein Land, ein Unternehmen sucht, das die höchsten Gehälter zahlt, dann kann man die Konsequenzen mit großer Sicherheit voraussagen:

  • Dann donnert Österreich wirtschaftlich komplett an die Wand.
  • Dann geht es den Krisenweg, den Griechenland und Italien schon vor etlichen Jahren eingeschlagen haben.
  • Dann wird die AUA nur noch eine kleine Restfunktion haben: Als Zubringer zu den großen Drehkreuzen des Lufthansa-Konzerns in Frankfurt, München und Zürich.

Würden die Gewerkschafter auch nur annähernd fair und sachlich vergleichen, müssten sie das AUA-Gehaltsniveau natürlich mit der ganzen Konkurrenz vergleichen. Da fallen insbesondere die vielen Billigfluglinien von Ryan bis Wizz auf. Da fallen aber auch die inzwischen auf den internationalen Wettbewerb umgestellten und national ein viel niedrigeres Gehaltsniveau habenden Osteuropäer auf, die noch dazu mit Preßburg und Budapest zwei internationale Flughäfen haben, die von Ostösterreich leicht mit dem Auto zu erreichen sind. So wie Laibach aus dem Süden leicht zu erreichen ist. So wie München von Tirol, Salzburg und Oberösterreich aus. Und so wie Zürich von Vorarlberg aus.

Nur des Walzers beim Einsteigen wegen zahlt halt kein Passagier mehr, wenn er Alternativen hat.

Man kann zwar nicht überprüfen, ob bei Erfüllung der Gewerkschaftsforderungen wirklich 60 Prozent aller AUA-Flugverbindungen aus Österreich unrentabel sind und daher kaufmännisch eingestellt werden müssen, wie das Management berechnet haben will. Unzweifelhaft ist aber, dass das zumindest für einen Teil zutrifft. Und ebenso unzweifelhaft ist, dass Wien mit dem Verlust an Flugverbindungen vor allem nach Osten und Südosten an Stellenwert für den Luftverkehr verlieren wird.

Wenn diese Regionen aber viel schlechter bedient werden, ist das unbestreitbar ein Nachteil für den ganzen Standort. Denn Österreich, speziell Wien hat ja in den letzten Jahren ganz eindeutig von diesem Raum profitiert, dem es nahe liegt, dessen Mentalität die Österreicher verstehen, und der von Wien aus per Luft sehr gut erreichbar war (die Bahn hat Richtung Osteuropa ja fast alles verschlafen …).

Was ebenfalls nicht in Gewerkschafter-Hirne hineinwill: Die Lufthansa hat durch ihre Größe, durch die wirtschaftliche Bedeutung Deutschlands und deutscher Unternehmen, durch ihre Geschichte gewaltige Standortvorteile gegenüber der AUA. Und wenn ein Unternehmen erfolgreicher ist, kann es auch bessere Löhne zahlen. Es hat aber deswegen keinen Grund, einem Tochterunternehmen die eigenen Vorteile zukommen zu lassen.

Vor allem droht sich die katastrophale wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands nicht zuletzt durch die Zerstörung der Energieversorgung früher oder später auch auf dessen größte Fluglinie auszuwirken. Das ist ein zusätzlicher Grund für die Lufthansa, jetzt hart zu bleiben.

Gleichzeitig kann sie sich das von ihrer Grundstruktur her aber auch strategisch locker leisten. Denn sie hat Alternativen. Im Grund kann jede Flugverbindung nach und von Österreich auch von anderen Gesellschaften oder anderen Standorten des Konzerns übernommen werden. International, also im Flugverkehr, funktioniert die alte Macht der Gewerkschaft nämlich nicht: "Wenn dein starker Arm es will, stehen alle Räder still." Wenn bei der AUA alle Flugzeuge still stehen, fliegt die gesamte Konkurrenz innerhalb und außerhalb des Lufthansa-Konzerns umso eifriger, beziehungsweise umso besser ausgelastet. Was ja auch die diversen Passagierumbuchungen während der Streiktage gezeigt haben.

Als österreichischer Konsument kann man nur hoffen, dass nach einem Verwelken oder gar Eingehen der AUA nicht nur die Zubringerfunktion zu großen Lufthansa-Hubs übrigbleiben wird, sondern auch viele andere Luftlinien Wien, Graz, Salzburg, Linz und Innsbruck neu entdecken werden. Denn sonst werden die letzten Europa-Zentralen internationaler Konzerne aus Wien absiedeln. Denn sonst werden die Österreicher mangels Konkurrenz auf vielen Routen für Flugtickets viel tiefer in die Tasche greifen müssen.

Die Gewerkschaft ist ganz stark von ÖBBlern beherrscht, die es gewohnt sind, dass ihre Forderungen letztlich immer erfüllt werden, ohne dass große Streiks notwendig sind. Denn am Ende hat bei der ÖBB direkt oder indirekt immer der Steuerzahler einspringen müssen. Das hat die rot-schwarze Koalition zwar einst auch für die AUA mit einer halben Milliarde Euro gemacht, um überhaupt jemanden zu finden, der sie übernimmt und dann auf eigene Rechnung weiterbetreibt. Die Gewerkschaft begreift aber zweierlei nicht:

  • Bei der AUA wird die Regierung mit tausendprozentiger Sicherheit nicht mehr einspringen. Es sei denn, die SPÖ bildet die nächste Regierung.
  • Und bei der Bahn ist für die (dank der EU überhaupt erst möglich gewordenen) privaten Zugverbindungen das Eindringen in den Markt nur sehr mühsam und langsam möglich. Das geht für konkurrierende Luftlinien viel schneller und einfacher, woran selbst die Freunde im Verkehrsministerium nicht mehr viel ändern können.

Was während des ganzen Arbeitskampfes untergeht, ist freilich die Wahrscheinlichkeit, dass etwas ganz anderes als Streiks die Löhne und damit die Ticketpreise bald in die Höhe treiben wird: Das ist der Mangel an Personal als Folge der Demographie, als Folge des Geburtenmangels in den letzten Jahrzehnten.

Innerösterreichisch gehört die AUA zwar zu den – trotz aller Vergleiche mit Deutschland – relativ gut zahlenden Unternehmen. Aber überall wird früher oder später der quer durch alle Branchen und quer durch Europa wirkende Personalmangel schlagend werden. Und die von den Gerichtshöfen in Massen ins Land gelassenen (genauer: nicht abgeschobenen) Afghanen und Syrer werden eher nicht geeignet sein, künftig die Flugzeug-Besatzungen und -Techniker zu stellen. Ich kenne selbst zwei Österreicher, die schon seit Jahren der besseren Gehälter wegen für die Lufthansa fliegen.

Bevor aber dieser Wettbewerb um die wenigen tauglichen Jungen die erwartbare paneuropäische Lohnspirale mit all ihren negativen Folgen für Standort, Inflation, Wirtschaft und damit Steueraufkommen auslöst, will halt die österreichische Gewerkschaft noch irgendwie mitmischen, noch einmal den Menschen einreden, dass sie es ist, der man sein Einkommen zu verdanken hat. Das mag zwar aus der Sicht der ja von erkennbarer Überflüssigkeit bedrohten Gewerkschaftsfunktionäre nachvollziehbar sein, das wird aber natürlich diese Spirale noch beschleunigen.

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