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Bücher, die wert sind, gelesen zu werden

Heute sei wieder einmal eine kleine Auswahl jener Bücher vorgestellt, die mir in den letzten Monaten nicht nur in die Hände gefallen sind, bei denen ich nicht nur Zeit und Muße hatte, sie zu lesen (wovon es leider immer zu wenig gibt), sondern die ich auch mit gutem Gewissen weiterempfehle. Wie immer mit elektronischen Links, aber auch der Empfehlung, die Bücher nach Möglichkeit nicht über eine amerikanische Elektronikkette, sondern im stationären Buchhandel zu kaufen. Historisches, Politisches, Biographisches, Medienkritisches, Weltdeutendes, Christliches, Wienerisches.

Acht Tipps im Einzelnen:

  1. Die Menschheit scheint wie ein Sisyphos dazu verdammt, immer wieder das Gleiche zu erleiden – aus eigener Schuld. Denn immer wieder versuchen Menschen und politische Agitatoren die Realität durch Wunsch- und Tagträumereien zu ersetzen. Und meist träumen sie das Gleiche: Sie träumen von einem Sozialismus, in dem es allen ohne eigene Anstrengung gleich gut geht und zwar weit besser heute. Unzählige Male haben sich in der wirklich stattfindenden Geschichte die katastrophalen Folgen solcher Träumereien gezeigt, von der Schaffung von Massenarmut bis zur brutalen Diktatur, aber diese Folgen werden durch eine seltsam ideologielastige Geschichtsschreibung regelmäßig verdrängt. Umso wichtiger und eindrucksvoller ist das Werk des deutsch-britischen Historikers Kristian Niemietz "Sozialismus – die gescheiterte Idee, die niemals stirbt". Die Idee zu diesem Buch entstand einst unter dem Schock des Aufstiegs von Jeremy Corbyn, des britischen Labour-Führers, der damals etwa den Osteuropäern die Rückkehr zu einem Sozialismus auf Basis der russischen Oktoberrevolution 1917 empfohlen hatte. Verdienstvoll zeigt Niemietz bei einem Land nach dem anderen auf, wie dramatisch jedes Mal die Realisierung der sozialistischen Träume gescheitert ist: von der Sowjetunion bis Venezuela, von China bis Kuba, von Nordkorea bis Kambodscha, von der DDR bis Albanien. Faktenreich und beklemmend zugleich.
  2. Dieses Buch ist fast 30 Jahre alt.  Samuel Huntington: "Kampf der Kulturen" ist inzwischen zu einem unbestritten zentralen Werk der Geschichts- und Zukunftsanalyse geworden: Es lohnt sich trotz des hohen Alters absolut, Huntington heute wieder zur Hand zu nehmen. Gerade angesichts der Bedrohung Europas durch Massenmigration, der noch größeren Bedrohung des europäisch geprägten Israel, der immer größer werdenden Überzahl der Afrikaner, der atemberaubenden Erfolge Ostasiens sehen wir, wie recht der zukunftsweise Huntington hatte. Von ihm ist noch ein zweites, leider viel unbekannter gebliebenes Werk ebenso wichtig, obwohl es darin scheinbar nur um die Entwicklung und Identität der USA geht: "Who are we? – Die Krise der amerikanischen Identität" (es ist trotz des Titels in deutscher Sprache erwerbbar). Aber vieles davon trifft auch auf Europa zu.
  3. Eine andere große Deutung der Menschheitsgeschichte liefert Rutger Bregman: "Im Grunde gut: Eine neue Geschichte der Menschheit". Er analysiert, wie Menschen in Notsituationen sich kollektiv verhalten, und kommt zu dem überraschenden Schluss, dass ihr soziales Verhalten sich unter Druck nicht – wie viele annehmen würden – ethisch verschlechtert, sondern ganz im Gegenteil sogar besser und hilfsbereiter wird. Das Buch macht Mut, ist noch dazu ebenso spannend wie lesbar geschrieben und mit vielen historischen Beispielen unterlegt.
  4. Schon im ersten Jahr des Erscheinens ist Irene Vallejo "Papyrus: Die Geschichte der Welt in Büchern" in die Reihe der großen zentralen Werke der Geschichte vorgestoßen. Kulinarisch angenehm lesbar geht die Autorin der Rolle des Buches in der alten Geschichte nach. Sie ist überzeugt, dass die Menschheit ohne Bücher nicht denkbar wäre, sie bleibt daher auch angesichts der elektronischen Konkurrenz durchaus gelassen. Sie schildert aber auch, wie viele Konflikte und Verbrechen es schon in der Antike rund um Bücher gegeben hat.
  5. Zu einer ganz anderen Epoche – nämlich der Gegenwart – und mit viel kritischerem Ansatz nähern sich Richard David Precht und Harald Welzer ebenfalls einem großen Medienthema. "Die vierte Gewalt – Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist".  Sie befassen sich genau im Sinne des Untertitels vor allem mit den aktuellen Fehlentwicklungen der deutschen Medienszene – die sich fast genauso auch in der österreichischen zu finden sind. Die Autoren gehen erbarmungslos mit einem Journalismus zu Gericht, dessen Entwicklung die Demokratie gefährdet. Sie korrigieren dabei auch den schier unausrottbaren Irrtum vieler Menschen, die glauben, die Medien wären Erfüllungsgehilfen der staatlichen Machthaber. In Wahrheit betreiben die Medien ihre eigene Meinungsmache und bewegen sich in Echokammern, wo sie in ihrer inneren Orientierungslosigkeit ständig darauf blicken, was der jeweils andere Journalist gerade sagt oder schreibt. Und sie übernehmen das dann ängstlich als eigene Linie.
  6. Einen ganz anderen und im Vergleich dazu mikroskopisch kleinen Ausschnitt der Geschichte beschreibt der Band von Martin Haidinger und Helmut Pisecky "Die Prinzhorns – Der Clan". Die beiden Autoren sind, wie schon in früheren Werken Haidingers, wieder einem kleinen, öffentlich nur teilweise bekannten Stückchen der österreichischen Zeitgeschichte nachgegangen, wo sich Industriegeschichte und FPÖ-Geschichte eine kurze Zeit gekreuzt haben. Besonders spannend sind etliche familieninterne – pardon: claninterne Konflikte, aber zweifellos auch der Aufstieg des Jörg Haider. Meinungsdifferenzen zwischen Haider und Thomas Prinzhorn über die Ausländerfrage und der Konflikt zwischen Prinzhorn und Thomas Klestil rund um die Regierungsbildung 2000, wo der in seiner Eitelkeit gekränkte Bundespräsident verhindert hat, dass Prinzhorn Minister wurde, sind weitere spannende Momente.
  7. Fast völlig unbekannt, aber doch absolut lesenswert ist Siegmar Faust: "Glaube Hoffnung, Liebe". Faust ist von den DDR-Kommunisten als Student zwei Jahre lang wegen seiner politischen Auffassungen eingesperrt worden. Er wurde von der Bundesrepublik freigekauft und war dann in der Gedenkstätte Hohenschönhausen tätig. Sehr eindrucksvoll ist, wie sehr sich der gläubige Christ immer wieder gegen Indoktrination und braune wie rote Absolutheitsansprüche wendet.
  8. Last but not least etwas Wienerisches: Johannes Sachslehner und Robert Bouchal: "Wiener Villen und ihre Geheimnisse. Glanz und Glamour alter Zeiten". Wer die Stadt und ihre Geschichte liebt, kann an diesem Buch kaum vorbeigehen. Die beiden Autoren erzählen die Geschichte vieler Wiener Villen sowie ihrer Bewohnerfamilien – und damit auch automatisch ein gutes Stück der Geschichte dieser Stadt während der letzten zwei Jahrhunderte.

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