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Die Quacksalber-Wirtschaft

Dummheit hat in der Geschichte immer wieder dazu geführt, dass Krankheiten mit Mitteln behandelt werden, die alles nur noch viel schlimmer machen. Das hat man nur oft nicht gemerkt, weil die üblen Folgen erst mit Verzögerung eintreten. Ein solches Mittel war etwa Quecksilber, das von der Antike bis ins 19. Jahrhundert eingesetzt wurde – von Quacksalbern, die sich für Ärzte hielten.

Auf ganz ähnliche Quacksalberei stoßen wir in der Wirtschaftspolitik: Dort stecken manche noch tief im 19. Jahrhundert, wie ihre Reaktionen auf die höchsten Preissteigerungen der letzten Jahrzehnte zeigen.

Preissteigerungen können nur drei mögliche Ursachen haben: Entweder es kam zu viel Geld in Umlauf oder bestimmte Produkte wurden knapp oder die Nachfrage erhöhte sich drastisch. Bei den Europa derzeit in breiter Front heimsuchenden Preissprüngen sind gleich alle Ursachen mit im Spiel.

  • Das ist die hemmungslose Geldschaffung durch die EZB via Nullzinsen, via Finanzierung üppiger Staatsdefizite aus der Notenpresse, wodurch zu viel Geld einem nicht so rasch steigenden Warenangebot gegenübersteht.
  • Das ist eine Reihe von Engpässen durch Corona und die rasche industrielle Entwicklung, wie insbesondere der Chipmangel.
  • Das ist vor allem Energiemangel, der wiederum Folge der Klimapanik und der russischen Energiepolitik im Zusammenhang mit der Energiekrise ist.
  • Und das ist viertens der Hunger einer wachsenden Bevölkerung in den Schwellenstaaten nach Produkten aller Art - und wieder insbesondere Energie.

Preisausschläge sind wie das Fieber-Thermometer: Beide deuten auf tiefer liegende, wenn auch nicht immer sofort erkennbare Ursachen. Statt nach diesen zu forschen und sie zu bekämpfen, empfehlen schlechte Ärzte und populistische Politiker jedoch Symptommilderung durch Quacksalberei. Diese besteht in der Wirtschaft darin, dass entweder niedrigere Preise durch den Staat festgesetzt werden; oder dass der Staat Preise subventioniert.

  • Beide Strategien sind aber fatal. Sie führen mit Sicherheit nicht dazu, dass die Nachfrage nach einem Produkt sinkt, was aber notwendig wäre, wenn die Produktion die Nachfrage nicht decken kann.
  • Wenn Preise künstlich gedeckelt sind, fehlt der Anreiz für mehr Unternehmer, mehr zu produzieren. Viele Erzeuger einer Ware würden sogar die Produktion einstellen oder ihre Waren auf anderen Märkten im Ausland anbieten, wenn sie im Inland keine kostendeckenden Preise mehr erzielen.
  • Das Subventionieren der Preise von Konsumprodukten treibt Staaten der Pleite näher.
  • Und Preisregelungen führen zwangsläufig dazu, dass ein Produkt noch knapper wird, dass es im Extremfall nur noch am Schwarzmarkt oder nur gegen illegale Zusatzzahlungen erhältlich ist (siehe die einstigen "Ablösen" am Wohnungsmarkt). 

Das alles sind in der Wirtschaftsgeschichte schon Tausende Male bestätigte Kausalitäten. Und dennoch glauben Politiker – fast aller Parteien! – immer noch, sie durch Quacksalberei umgehen zu können, weil die Wähler zornig über Preiserhöhungen sind. Bleibt die Frage offen, ob die Bürger wirklich zu dumm sind, um zu begreifen, dass die Regierung die 1,7 Milliarden, die Österreich allein heuer für die verschiedensten Maßnahmen des "Teuerungsausgleichs" an die Bürger fließen lässt, ihnen selbst mit der anderen Hand aus der Tasche  genommen hat. Oder nehmen wird.

Und ebenso offen bleibt die Frage, wie ernst die Klimapanik-Bekämpfungsmaßnahmen zu nehmen sind, wie die CO2-Abgabe, wenn die Regierung sofort jede dadurch ausgelöste Preiserhöhung zurückzunehmen gewillt ist. Beides gleichzeitig geht aber nicht: einerseits Klimapanik – deren Umsetzung absolut immer zu Preiserhöhungen führen wird, welche Maßnahmen auch immer deswegen beschlossen wird, – und andererseits Bekämpfung jeder Preiserhöhung, wenn man Angst hat vor bösen Bürgerreaktionen. Aber populistisch sind ja immer nur die anderen ...

Anmerkung: Durch einen technischen Fehler ist dieser Tagebucheintrag leider verspätet online gegangen. Ich bedaure.

Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

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