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ÖVP, bitte melden!

Es ist wenig länger als zwei Jahre her, da sprengte die ÖVP die schwarz-blaue Koalition. Mit haargenau der gleichen Argumentation, die damals zum Koalitionsbruch geführt hatte, müsste sie jetzt die schwarz-grüne Koalition aufkündigen – zumindest wenn sie konsequent sein und glaubwürdig bleiben will.

Zur Erinnerung: Die Koalition ist damals nicht wegen des unerträglichen (aber, wie sich bald herausgestellt hat, rechtlich irrelevanten) Geschwätzes von H.C. Strache in dem durch einen geheimen Lauschangriff aufgenommenen Ibiza-Video gescheitert. Denn er ist nach dessen Bekanntwerden sofort zurückgetreten. Erst danach hat die ÖVP auch noch den Rücktritt von Innenminister Herbert Kickl verlangt, obwohl dieser in Ibiza in keiner Weise involviert war. Am Rücktrittsverlangen der ÖVP war vor allem die Begründung interessant: Kickl sei als Innenminister untragbar, weil er in dieser Position die Ermittlungen der ihm unterstellten Polizei gegen seinen Parteifreund Strache beeinflussen könnte.

Kickl weigerte sich aber, zurückzutreten. Das löste dann automatisch das Ende der Regierung und Neuwahlen aus. Und das führte dann vor allem zu dem in vielerlei Hinsicht katastrophalen Einzug der Grünen in die Regierung.

ÖVP-Chef Kurz und seine Einflüsterer haben aber nicht nur die politischen Langfristfolgen dieser Rücktrittsforderungen falsch eingeschätzt. Sie sind auch juristisch aus mangelnder Kenntnis der Strafprozessordnung völlig falsch gelegen. Denn jedes größere Strafverfahren wird seit der StPO-Reform der ersten schwarz-blauen Regierung komplett von der Staatsanwaltschaft geführt. Die Kriminalpolizei des Innenministers ist nur noch befehlsausführendes Organ.

Der Innenminister kann daher gar nichts sabotieren. Oberster Herr des Verfahrens ist bis zum Beginn der Strafverhandlung vielmehr einzig der Justizminister (und danach – was bei Problemkind Korruptionsstaatsanwaltschaft aber oft viele Jahre dauert – der Richter)! Der Justizminister hat gegenüber den Staatsanwälten volles Weisungsrecht, sowohl für die Einstellung wie auch die Aufnahme einer Strafverfolgung wie auch für viele andere Maßnahmen.

Aber genau das ist jetzt zum großen Problem geworden: Denn jetzt ist eine grüne Politikerin Justizministerin. Und jetzt ist ein früherer grüner Parteichef ("Bundessprecher") Verdächtiger strafrechtlich viel ärgerer Taten, als es das alkoholschwangere Gelalle des H.C. Strache je gewesen ist.

Niemand kann erklären, warum das plötzlich problemlos vereinbar sein soll, was vor zwei Jahren unter viel harmloseren Begleitumständen so unakzeptabel gewesen ist, dass daran eine ganze Regierung scheitern musste.

Auch die Tatsache, dass Chorherr inzwischen aus der grünen Partei ausgetreten ist, stellt absolut keinen Unterschied oder Milderungsgrund dar. Ist doch auch Strache inzwischen aus seiner Partei ausgetreten. Ebensowenig ist die Tatsache relevant, dass Frau Zadic letztlich die Anklageerhebung gegen Chorherr genehmigt hat – wenngleich auch in dieser Causa das Vorverfahren davor unerträglich lange gedauert hat.

In Wahrheit gibt es also nur eine Erklärung: Die ÖVP hat 2019 noch Alternativen zur damaligen Koalition gesehen. Sie hat damals beim Sprung vom Zehnmeter-Turm ins Dunkle hoffen können, dass im Schwimmbecken Wasser ist, dass sie also wieder einen Koalitionspartner finden wird. Insgeheim hat Kurz wohl auf den damaligen Neos-Chef Strolz gehofft. Der ist aber nicht mehr da.

Jetzt aber wäre ein Absprung aus der Koalition ein Sprung ins Leere. Jetzt gibt es keinen alternativen Partner für die ÖVP mehr. Die Neos haben erstens zu wenige Abgeordnete dafür und sind zweitens überdies noch linksradikaler geworden als die Grünen. Daher springt die ÖVP nicht mehr. Die Alternativlosigkeit für die ÖVP ist zwar nur ein rein parteitaktisches Argument, kein moralisches oder rechtliches. Aber sie schafft dennoch nicht nur für die ÖVP, sondern auch das Land eine tief deprimierende Situation.

Zurück zur Causa Chorherr. Der Vorwurf gegen ihn ist seit vielen Jahren bekannt: Er hat schon lange vor seinem Avancement zum Planungssprecher der Wiener Grünen eine an sich lobenswerte Initiative für eine Schule gegründet, die Südafrikas Schwarzen zu einer besseren Bildung verhelfen soll. Dann aber wurden die Grünen im Rathaus Koalitionspartner und Chorherr "der" Schlüsselspieler in Planungsfragen. Worauf an diesen Verein – Überraschung, Überraschung – plötzlich große Spendensummen von Immobilienentwicklern und Bauträgerfirmen zu fließen begannen. Die Spender haben sich ganz sicher eine Beschleunigung des normalerweise im Rathaus unerträglich langsamen, bürokratischen und schikanösen Genehmigungsprozesses für ihre Projekte erhofft -– auch wenn es absolut keine Hinweise auf einen echten Deal gibt, also auf ein Tauschgeschäft Baubescheid gegen Spende.

Daher ist durchaus unsicher, ob ein Gericht darin wirklich Korruption erblicken wird. Warum hat es dann die WKStA dennoch vor Gericht gebracht? Da dürfte es mehrere Motive geben: Erstens ist diese Problembehörde von der Manie getrieben, möglichst viele Strafverfahren in die Wege zu leiten, auch wenn am Ende kaum eines mit einer Verurteilung endet; das hat man schon hunderte Male sehen können. Und zweitens war wohl auch die Tatsache relevant, dass die Klassenkämpfer von der WKStA mit Chorherr gleich eine ganze Reihe von Unternehmern auf die Anklagebank setzen können. Sie hat sich in diesem Fall wohl mehr als "Wirtschafts-" denn als "Korruptions"-Staatanwaltschaft gefühlt.

Besonders spektakulär ist dabei zweifellos der Umstand, dass auch der Betreiber des Hochhausprojekts neben dem Konzerthaus zu den eifrigen Chorherr-Spendern gehört hat. Für dieses in der Öffentlichkeit mehr als umstrittene Projekt ist natürlich das Behördenverfahren im Wiener Rathaus und die Unterstützung der ressortzuständigen Grünen besonders brisant und wichtig. Denn zum Unterschied von der größeren Rathauspartei haben die Wiener Grünen mit der Zustimmung zum stadtbildzerstörenden Hochhausprojekt deutlich gezögert und innerparteiliche Widerstände gehabt.

Also doch Korruption?

Warten wir ab, was da an Detailbeweisen noch herauskommt. Bisher kenne ich keine.

Noch viel brisanter ist aber die Frage, warum die Wiener SPÖ so militant für das Hochhaus gekämpft hat und kämpft. Dabei ist vor allem eines zutiefst irritierend: Die Rathausgenossen haben immer wieder gesagt, es gäbe ein "Commitment" gegenüber dem Betreiber. Sie haben aber nie den Wortlaut dieses Commitments, dieser Verpflichtung offengelegt. Das stinkt auf ein paar Kilometer gegen den Wind nach etwas ganz Üblem!

Damit sind wir aber leider schon wieder beim nächsten Skandal, der eine rote Schlagseite der WKStA zeigt: Denn während sie gegen Chorherr, einen eigentlich bürgerlichen Grünen, das Verfahren – wenn auch wie immer viel zu langatmig – weitergeführt hat, sind absolut keinerlei Erhebungen gegen die SPÖ bekannt. Warum sind nicht auch die Handys und Computer des Wiener Bürgermeisters und aller involvierten Genossen beschlagnahmt worden? Warum liest man bei ihnen nicht, ob sie jemanden "Arsch" genannt haben?

Dafür kenne ich absolut keine saubere Erklärung.

Ist doch der Korruptionsverdacht gegen die Rathausroten – bei aller Unschuldsvermutung – viel dichter als jener gegen Sebastian Kurz, dass er als Außenminister einem Beamten des Finanzministers den Auftrag zum Erstellen von Scheinrechnungen gegeben hätte.

Wie verträgt sich diese dunkelrot wirkende Verdachtslage mit der eingangs skizzierten Problematik, dass eigentlich eine grüne Ministerin bei einem Verfahren gegen einen früheren grünen Parteichef im Zwielicht geraten ist?

Ganz einfach: Der eingangs erhobene Vorwurf richtet sich nicht gegen Zadic, sondern gegen die ÖVP, die sich im Fall Zadic-Chorherr ohne jede akzeptable Begründung ganz anders verhält als im Fall Kickl-Strache. Denn auch Kickl konnte damals keinerlei Fehlverhalten vorgeworfen werden (sehr im Unterschied zu seinen späteren Corona-Amokläufen).

Zadic dürfte gar nicht wirklich durchschauen, wie ungleich die WKStA da Rot und Grün im Fall des Heumarkt-Hochhauses behandelt. In der Naivität einer Junganwältin begreift sie wohl gar nicht, dass da ihrer Partei recht übel mitgespielt wird …

Das macht freilich doppelt klar, dass das Justizministerium in andere Hände gehört. Nicht in schwarze, nicht in grüne, nicht in rote, nicht in blaue. Sondern in solche, wie sie das Ministerium schon in den Jahren vor 2000 geführt haben: in die sehr erfahrener Männer (oder Frauen), die juristisch exzellent, durchsetzungsfähig gegen Beamte und Staatsanwaltschaften aber parteipolitisch völlig neutral sind. Die aber wie jeder Minister dem Parlament und damit dem demokratischen Souverän gegenüber voll verantwortlich sind. Die daher auch nicht zum Staat im Staat werden können, wie es mit großer Wahrscheinlichkeit ein allmächtiger Generalstaatsanwalt werden würde.

Es muss ja auch nicht alles schlecht gewesen sein, was man in der alten großen Koalition gemacht hat.

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