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Notwendigkeiten, Versäumnisse, Dummheiten, Amüsantes

Die neue Eskalationsstufe des Corona-Dramas macht viele Österreicher endgültig frustriert und zornig. Vor allem, weil kaum einer von ihnen noch den "Experten" und den ständig ihre Ratschläge brav umsetzenden Politikern glaubt, wenn sie wieder einmal etwas versichern. Diesmal heißt es, dass nach 20 Tagen mit Garantie alles vorbei wäre, zumindest für die Geimpften.  Ein noch größerer Zorn gilt dem ständigen Chaos der administrativen Umsetzung aller Corona-Maßnahmen. Den allergrößten Zorn aber haben sich die Freiheitlichen mit ihrem irrwitzigen Kampf gegen die mit den abstrusesten Raubersg'schichten verteufelten Impfungen erworben, der mitschuld am neuerlichen Lockdown ist.

Auf der anderen Seite sieht der Großteil der Österreicher die Notwendigkeit ein, dass gehandelt werden muss, wenn sich binnen eines Monats die Zahlen der belegten Spitals- und Intensivbetten mehr als verdoppelt haben. Auch wenn schon sehr bemerkenswert ist, dass deren Belegung lange nicht mit der gleichen Intensität wächst wie die Zahl der Infektionen.

Umso mehr ruft das die Liste der Versäumnisse ins Bewusstsein:

  1. Warum entschuldigen sich nicht endlich auch die "Experten" und "Wissenschaftler" für vieles, etwa dafür, dass sie lange die Impfungen als Vollimmunisierung angepriesen haben, was die aber eben nicht schaffen? Warum müssen sich immer nur die Politiker entschuldigen, die deren Aussagen halt immer allzu blind geglaubt haben?
  2. Warum entschuldigen sich nicht endlich auch Gestalten wie der ORF-Linksaußen Armin Wolf, der im Frühjahr einen Bürgermeister vor der Kamera als Vordrängler zur Sau zu machen versucht hatte, obwohl dieser gesagt hat, er habe sich impfen lassen, weil er ein gutes Vorbild in Sachen Impfbereitschaft abgeben wollte? 
  3. Warum haben die von manchen Medien so hoch gepriesenen "Experten" nicht schon viel früher klar kommuniziert, dass ein "dritter Stich" notwendig ist? Wollten sie verwischen, dass die Wissenschaft halt doch ein sehr bewegliches Ding ist, und dass sie lange gesagt haben, die zwei Stiche würden auf lange Zeit reichen?
  4. Warum wird erst jetzt österreichweit der sogenannte 3. Stich schon nach vier Monaten empfohlen und nicht wie in den letzten Wochen erst nach sechs Monaten? Haben jene Bundesländer, die schon einige Zeit früher als der Rest der Nation den Stich nach vier Monaten empfohlen haben, vertrauliche Informationen aus der geheimen Welt der Viren erhalten oder hat das Gesundheitsministerium einfach geschlafen? Oder hat es nur schlechtere "Experten"?
  5. Warum hat man nie abgewartet, ob die erst vor ein paar Tagen eingeführte – allerdings viel zu wenig kontrollierte – 2G-Regel nicht doch Wirkungen zeigt und die Menschen spät aber doch zum Impfen treibt? Oder umgekehrt: Warum ist die so spät eingeführt worden?
  6. Warum hat man so spät über weitere durchaus sinnvolle Strategien nachgedacht, um die (ja durch unglaublich viele Gerüchte verunsicherten) Menschen stärker zum Impfen zu bringen? Etwa durch Verlosen einer Lotterie, wie es das Burgenland (und andere Nationen) tun? Etwa durch die erst jetzt erfolgende Zusendung eines Briefes an jeden Nichtgeimpften mit der ungefragten Mitteilung eines Impf-Datums? Das eine appelliert an die Gier der Menschen, das andere an ihren Behördengehorsam: Auch wenn das keine sympathischen Eigenschaften sind, sollte man sie nutzen, weil sie wirken.
  7. Warum gab es erst seit ein paar Tagen eine wirksame Erhöhung des Druckes auf die Impf-Muffel – insbesondere durch die Ankündigung eines Nichtgeimpften-Lockdowns? Das war nur wenige Tage vor jenem Zeitpunkt, da schon zur Atombombe aller Corona-Bekämpfungsmaßnahmen gegriffen wird, nämlich einem Totallockdown für alle Österreicher, der auch jene voll trifft, die den medizinischen Empfehlungen gefolgt sind?
  8. Wann begreift man, dass sich alle Geimpften jetzt sehr blöd vorkommen müssen, da sie durch den Totallockdown wieder keinen Vorteil gegenüber den Nichtgeimpften haben?
  9. Hat man nie ernsthaft versucht, den amoklaufenden Herbert Kickl wieder einzubinden in eine Art nationalen Konsens?
  10. Warum gab es nie brauchbare Versuche, die Moscheen als eine Art Leitbild für die hiesigen Moslems in die Impfkampagne einzubinden? Gibt es doch zahllose seriöse Hinweise (auch wenn die Gesundheitsbehörden aus Political Correctness dazu schweigen), dass gerade in den Migranten- und speziell Moslem-Gemeinschaften die Impf-Abstinenz groß ist! Dass dort noch viel schlimmere Verschwörungstheorien kursieren als bei den Kickl-Anhängern ("Die Christen wollen uns vergiften" usw.). Ist man an der Opposition der Imame und Prediger gescheitert? Oder hat man gar nicht daran gedacht, mit der zweitgrößten Religionsgemeinschaft des Landes zu reden, ihr eine Chance zu geben, endlich zu zeigen, dass sie nicht nur verbal, sondern auch in der Tat zu diesem Land gehören will?
  11. Begreift denn die Landes- und Bundespolitik nicht, dass so einschneidende Maßnahmen vor allem eines brauchen: klare und kontinuierliche Kommunikation? Und dass daher nicht nur die unzähligen Wechsel der Bundes-Regulierungen, sondern auch die – ebenfalls ständig wechselnden – unterschiedlichen Maßnahmen in den einzelnen Bundesländern absolutes Gift für einen Erfolg sind?
  12. Eines der ungeheuerlichsten, wenn auch auf die Stadt Wien beschränkten Versäumnisse besteht im totalen Chaos der von Wien im Alleingang beschlossenen Corona-Regeln: Wien hat am 19. November Regeln in Kraft gesetzt, die schon am 22. November durch die neuen Bundesregeln wieder aufgehoben werden!!
  13. Noch viel krasser: Am 19. November um 1,48 Uhr morgens (nachher ging ich schlafen …)  stand auf der offiziellen Internet-Seite der Gemeinde Wien noch kein Wort von der am gleichen Tag in Kraft tretenden Neuregelung für drei Tage! Um diese Uhrzeit musste der bei der Landeshauptleutekonferenz hinter verschlossenen Türen tagende Bürgermeister der Stadt aber zweifellos schon gewusst haben, wohin die Beschlusslage läuft!
  14. Und selbst bei den dann publizierten Informationen über die Corona-Dreitagesregeln wurde in der einstigen Kulturstadt Wien nirgendwo kommuniziert, dass die sogenannte 2G+-Regel – also trotz Impfung muss auch ein aktueller PCR-Test beigebracht werden – auch für Theater, Oper und Konzerte gilt! Dem Niveau der Wiener Kommunikationsbeamten entsprechend wurde dabei nur auf Dinge wie "Barbetrieb", "Partys", "Stadion" oder "Club" hingewiesen (dennoch hat sich der Wiener Bürgermeister im Unterschied zu Bundeskanzler und Gesundheitsminister nicht für das in seiner Verantwortung angerichtete Chaos entschuldigt …).
  15. Noch unfassbarer ist aber, was sich bei der Administration des Gesundheitsministeriums alles an Unfähigkeit im Umgang mit der Pandemie gezeigt hat. Neben vielen hier schon – heute wie auch in den letzten Tagen und Wochen – aufgezählten Pannen kommt nun auch dazu, dass das Test-Meldesystem kollabiert ist, sodass nur noch positive (also negative) Testergebnisse verzeichnet werden. Da haben sie wahrscheinlich wieder einmal nur einen Billigcomputer im Einsatz, den sie bei "Hofer" gekauft haben …
  16. Aber auch der Gesundheitsminister selber wiederholte einen alten Fehler der Politik. Er machte schon wieder allzu apodiktisch Prophezeiungen: "Mit dem Lockdown brechen wir die vierte Welle." Woher will er das denn so genau wissen? Begreift er nicht, dass es immer wieder brandgefährlich ist, wenn sich Politiker als Propheten versuchen? Dass da schon unglaublich viel Vertrauen kaputt gegangen ist?
  17. Den gleichen Fehler hat Bürgermeister Ludwig in den letzten Stunden begangen, als er davon gesprochen hatte, dass der dritte Stich die "generelle Immunisierung" bringt!
  18. Das größte Versäumnis ist aber, dass man nicht längst schon finanzielle Konsequenzen an die Ablehnung einer Impfung geknüpft hat, wie sie immer wieder in diesem Tagebuch vorgeschlagen worden sind. Das hätten beispielsweise höhere Versicherungsbeiträge (nach dem Modell der KfZ-Haftpflichtversicherung) für die nachweislich höheren Behandlungskosten in den Spitälern sein können. Die jetzige Lösung ist eine vollkommen unzureichende – und erweckt doch viel mehr Ärger. Denn wenn erst in mehr als zwei Monaten Verwaltungsstrafen für das Nichtimpfenlassen eingehoben werden, dann ist das erstens viel zu spät und zweitens erfolgt das in einer komplizierten juristischen Konstruktion, deren Haltbarkeit vor dem Verfassungsgerichtshof durchaus offen ist.
  19. Noch einmal zu meinen vier Familienangehörigen, die alle infiziert worden und krank geworden sind, denen es aber allen nach wenigen Tagen ganz offensichtlich dank der Impfungen wieder gut geht. Der unglaubliche Skandal liegt darin, dass sie bis heute keine einzige hilfreiche Information von den Wiener Gesundheitsbehörden erhalten haben. Sie wissen nicht einmal, wie sie sich wieder in die Welt der Gesunden zurückmelden können, haben sie doch bisher nicht einmal ihre Absonderungsbescheide erhalten ...

Manches gehört aber nicht mehr ins Kapitel Versäumnisse und Unfähigkeit, sondern schon in jenes der Dummheiten:

  1. Warum begreift Herbert Kickl nicht, dass er sich durch sein Verhalten in Sachen Corona auf Jahre aus der Kategorie ernstzunehmender Menschen hinauskatapultiert hat? Damit hat er auch jene zum Verstummen gebracht, die den Eindruck hatten, dass ihm 2019 Unrecht geschehen sei. Damit hat er auch alle Verdienste der Freiheitlichen wegen ihrer Warnungen vor der islamischen Massenmigration zertrümmert.
  2. Die ungeheuerlichste Dummheit hat der Tiroler Landeshauptmann Platter entlarvt. Er sagte nämlich unwidersprochen in Gegenwart von Rot und Grün: "Die Zustimmung zum Lockdown war notwendig, damit wir die Zustimmung zur Impfpflicht bekommen." Das heißt aber nichts anderes, als dass sich auch jetzt noch manche in der Spitze von Bund und Ländern gegen eine Impfpflicht ausgesprochen haben und dieser nur zugestimmt haben, weil sie im Gegenzug den allgemeinen Lockdown bekommen haben! War es am Ende wirklich der Gesundheitsminister selber, der sich durch diese Haltung als Sadist sondergleichen erwiesen hat, dem das Wegsperren der Österreicher wichtiger ist als das Impfen??
  3. Wenn man jetzt drei Wochen fast alle Geschäfte sperrt, dann ist das erstens ein neuerliches Umsatzförderungsprogramm für Amazon & Co, weil die Österreicher ja alles andere als sicher sein können, dass wenigstens danach wieder offen sein wird und sie noch die Weihnachtsgeschenke besorgen können. Und zweitens wird dann – selbst wenn ab 13. Dezember tatsächlich für ein paar Einkaufstage aufgesperrt werden kann – in allen Geschäften ein solches Gedränge herrschen, dass dann dort die Leiber dicht an dicht stehen. Was dann zum gigantischen Umsatzförderungsprogramm für das Virus werden muss.
  4. Zumindest fraglich ist, ob die Lösung für die Schulen eine sehr kluge ist. Denn nach allen Berichten zumindest aus höheren Schulen, die ich höre, ist ein Unterricht, wo alle die Masken aufhaben müssen, für Lehrer wie Schüler eine Qual. Wörtlich ein Gymnasiast zu mir: "Bei uns sind sich fast alle Lehrer und Schüler einig, dass sie lieber das Distance learning wollen als einen Unterricht mit Maske, wo man die Hälfte nicht versteht, und wo alle einen halben Tag unter der Maske leiden."

Aber selbst in der größten Malaise findet sich oft auch Amüsantes:

  1. Die radikale Fan-Truppe des Fußballklubs Rapid hat zwei Monate lang aus Protest gegen die 3G-Regeln beim Stadioneintritt die Spiele des Klubs boykottiert. Jetzt haben sie ihren Boykott reumütig zurückgezogen – doch nur einen Tag später werden nun umgekehrt überhaupt alle Zuschauer vom Fußballplatz ausgeschlossen: Dabei hat Rapid kommenden Donnerstag erstmals alle 27.000 Tickets für ein internationales Cup-Spiel verkauft.
  2. Wer am Freitag in den diversen Fernsehkanälen die Übertragung von der Landeshauptleute- und Regierungs-Pressekonferenz suchte, fand diese auf vielen Kanälen. Jedoch auf ORF III, dem angeblichen Informationskanal des Zwangsgebührenfernsehens, wurde eine stinklangweilige Parlamentssitzung übertragen, in der wieder einmal der übliche feministische Jammerkanon abgesungen wurde, wie schlecht die Welt doch zu den Frauen ist. Es gab dementsprechend auch kaum Zuhörer im Plenum. Eh klar, die haben sicher alle die Corona-Presskonferenz angeschaut.
  3. Amüsant ist auch, sich vorzustellen, wie sich die SPÖ-Vorsitzende Rendi-Wagner bei der Pressekonferenz der Landeshauptleute geärgert haben muss: Denn dort haben – alle Fehler der Wiener und gesamtösterreichischen Gesundheitsverwaltungen elegant übergehend (und wie immer von den anwesenden Journalisten nur dümmlich befragt) – Bundeskanzler, Gesundheitsminister und die Landeshauptleute aus Tirol und Wien staatsmännisch und um das Wohl der Österreicher besorgt brillieren können. Damit wurde ihr das einzige Thema weggeschnappt, wo sie sich bisher profilieren hätte können. Vor allem Michael Ludwig hat sich da politisch geschickt positioniert. Und es wird ab jetzt wohl einzig von ihm abhängen, wer die Partei in den nächsten Bundes-Wahlkampf führen darf, oder ob das der pyknische Mann aus dem Rathaus selber tun will.
  4. Die FPÖ isoliert sich mit ihrem Corona-Amoklauf auch international. Denn bisher hat sie ja immer wieder versucht, sich an den erfolgreichen ungarischen Premierminister Orbán heranzudrängen, der mit Betonung von Familienwerten, Marktwirtschaft, Christentum und Migrantenabwehr für viele Bürgerliche und Konservative ein sehr erfolgreiches Modell darstellt. Bei Corona scheiden sich aber völlig die Wege zur FPÖ. Orbán: "Jeder, der nicht geimpft ist, ist eine Gefahr nicht nur für ihn selber, sondern auch für den Rest von uns." Und: "Das einzige, was uns schützt, ist die Impfung." Und: "Die Impfgegner werden realisieren, dass sie entweder geimpft werden oder sterben."
  5. Aber am Ende doch zurück in die Heimat. Da erzählt mir eine Ärztin von einem ihrer Patienten, der ein strikter Impfverweigerer ist. Sein Grund: "Da weiß man ja nicht, was da drinnen ist." Der Grund, warum dieser Mann bei der Ärztin ist: Er ist schwer heroinabhängig – aber vor einer Impfung fürchtet er sich …

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