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Das doppelte C: Corona schreibt man wie Chaos

Wöchentlich eine neue Strategie. Österreich hat den geschätzt neunundneunzigsten Pandemie-Plan. Das zeigt blamabel deutlich, wie hilflos und führungslos das Land dahintreibt. Aber nicht nur Österreich liegt weiterhin im Würgegriff eines Virus, das schon oft für besiegt erklärt worden ist, und das dennoch gerade wieder neue Rekordzahlen an Infektionen auslöst. Das gilt auch für die ganze Welt. So beklemmend das auch ist, so sehr die Entwicklung der Pandemie in einzelnen Ländern und Regionen einer Hochschaubahn einmal-oben-einmal-unten gleicht, so widerlich wird das Ganze jetzt endgültig, da auch noch juristische Wichtigmacherei dazutritt.

Immer mehr Richter und Staatsanwälte behaupten in allen Feldern der Politik zu wissen, was richtig gewesen wäre. Sie beginnen im Nachhinein der Politik zu erzählen, was diese einst in einer Krisensituation tun hätte sollen. Das ist ein neues Element des globalen Trends zum sich über die Demokratie erhebenden Juristenstaat. Der Österreich gerade durch die sich selbst über viele Gesetze hinwegsetzende Korruptionsstaatsanwaltschaft in eine schlimme Staatskrise und in die Führungslosigkeit getrieben hat. Der – noch viel schlimmer – die EU durch die Präpotenz und Machtgier des EU-Gerichtshofs an den Rand der Implosion und Europa an den Rand eines selbstbeschädigenden Auseinanderbrechens in eine westliche und östliche Hälfte getrieben hat.

Besonders grotesk ist die richterliche Klugscheißerei in Sachen Corona. Dieser Satz gilt (vorerst?) weniger für Österreich denn für einige andere Länder. In den einen geht die Justiz nämlich gegen die demokratisch gewählte Regierung vor, weil sie zu wenig scharf die Pandemie bekämpft hätte, in anderen hingegen, weil die Regierung dort zu scharf vorgegangen sei. Dabei müsste intellektuelle Ehrlichkeit und Demut zugeben: Niemand weiß bis heute wirklich, was genau die richtige Strategie in all diesen 19 Monaten gewesen wäre.

  • Zwar gibt es natürlich die Klasse der Immunologen, Intensivmediziner und anderer Ärzte, die – bis auf wenige Ausnahmen – stets für ganz massive Maßnahmen zur Pandemie-Unterdrückung eingetreten sind, weil sie das große Leid durch die nun schon fünf Millionen globalen Todesfälle und die vielfache Zahl schwer leidender Menschen sehen.
  • Auf der anderen Seite stehen aber durchaus auch sehr ernstzunehmende Menschen, die die Kollateralschäden der Pandemie-Bekämpfung erkennen. Die die Opfer in anderen medizinischen Bereichen gesehen haben, wo Menschen Ärzte und Spitäler gemieden haben und auf Vorsorgeuntersuchungen verzichtet haben; die die vielen Fälle wirtschaftlicher Existenzvernichtung gesehen haben; den gigantischen Raubzug durch die massive Geldentwertung, die unter dem Vorwand der Pandemie-Bekämpfung vorgenommen worden ist; die schweren Schäden für die Dritte Welt; die massiven Schulden auf den Schultern der nächsten Generation; und die die Jugendlichen sehen, die wegen der Lockdowns psychische Schäden und deutliche Defizite in ihrer Bildungslaufbahn erlitten haben.

Umso grotesker mutet es da an, wenn Juristen im Nachhinein vorgeben, dass sie gewusst hätten, was richtig und was falsch gewesen wäre.

Am krassesten sind die Dinge, die sich jetzt in Brasilien und Dänemark abspielen.

  • In Brasilien wird jetzt versucht, Präsident Bolsonaro den Prozess zu machen, weil er zu wenig streng gegen die Ausbreitung des Virus gekämpft habe. Er muss sich sogar gegen den Vorwurf des Hochverrats wehren. Dabei ist Brasilien gar nicht das Land mit der schlechtesten Bilanz: Nicht weniger als acht andere Länder haben noch viel mehr Corona-Todesfälle pro Million Einwohner zu verzeichnen!
  • Das Gegenbeispiel ist Dänemark: Der dortigen Ministerpräsidentin Frederiksen wird jetzt von einer staatlichen Untersuchungskommission allen Ernstes genau das Gegenteil vorgeworfen, nämlich dass sie zu streng vorgegangen sei. Dänemark hat im Vorjahr Millionen von Nerzen in Zuchtfarmen getötet, weil es damals massive Hinweise gegeben hat, dass die kleinen Pelztiere eine Schlüsselrolle bei der Mutation des Virus und bei seinem Transfer auf den Menschen spielen. Dänische Juristen werfen Frederiksen nun aber vor, dass damals die rechtlichen Grundlagen für ihr Vorgehen gefehlt haben, also ein Man-darf-Nerze-als-mutmaßliche-Infektionsträger-im-Falle-einer-Pandemie-keulen-Gesetz.

Gegen diese Grotesken kommt einem die Hilfslosigkeit der österreichischen Politik geradezu harmlos vor. Denn im internationalen Vergleich schneidet Österreich gar nicht so schlecht ab, auch wenn die gegenwärtige Zunahme von Infektionen viel Besorgnis erregt: Immerhin 61 Länder haben seit März 2020 eine höhere Zahl von Toten pro einer Million Einwohner als Österreich.

Dennoch muss man als Österreicher derzeit allzuoft den Kopf schütteln  über eine Politik, die ununterbrochen die Regeln ändert, die sich auch von Bundesland zu Bundesland, von Gemeinde zu Gemeinde ständig unterschiedliche Regeln einfallen hat lassen. Wo sind die Zeiten, da das sogenannte Corona-Quartett Kurz-Kogler-Anschober-Nehammer zumindest den Eindruck geschlossener Führung erwecken hat können! Kopflosigkeit ist noch das freundlichste Wort für die gegenwärtigen Zustände. Wäre man schadenfroh, könnte man es dem grünen Gesundheitsminister geradezu gönnen, dass  er nun täglich als der chaotische Versager dasteht – nachdem seine Partei den Bundeskanzler abgeschossen hat und dieser als Hitzeschild nicht mehr zur Verfügung steht.

Die internationalen Grotesken sind aber eindeutig noch grotesker. Das gilt nicht nur für die erwähnten dänisch-brasilianischen Skurrilitäten, sondern auch für China und Russland.

  • Ausgerechnet China, das sich vor wenigen Monaten noch eines selbstentwickelten Impfstoffes berühmt hat (um vom eigenen Verschulden beim Ausbruch der Seuche abzulenken?), verlangt jetzt vom Westen, dass dieser die Patente für die offensichtlich viel wirkungsvolleren westlichen Impfstoffe freigibt. Dabei müsste es für die Chinesen ja eine tolle Chance sein, selbst überall den eigenen Impfstoff anbieten zu können, wenn der wirklich so gut wäre, wie von Peking behauptet. Aber offensichtlich sind die westliche, nicht zuletzt europäische Forschung und Wissenschaft den Chinesen ja doch noch immer ein paar entscheidende Schritte voraus. Denn sonst hätten diese nicht ein so großes Verlangen nach dem westlichen Impfstoff-Knowhow. Ganz abgesehen davon, dass nach Freigabe der Patente der Impfstoff lebensgefährlich würde, würde künftig jedes afrikanische Land ihn selber produzieren.
  • Auch Russland hat sich eine Zeitlang sehr seines eigenen Impfstoffes berühmt. Aber auch Russland liegt in der Corona-Bilanz seiner eigenen Bürger deutlich schlechter als Österreich, ebenso tun das jene Länder, die ihre Bürger mit dem russischen Stoff immunisieren haben lassen. Es ist daher eher rätselhaft – höchstens ein politisches Ablenkungsmanöver, wenn Russland nun den Westen beschimpft, weil dieser den russischen Impfstoff nicht will.  Auch Österreich tut das zum Glück nicht (obwohl Sebastian Kurz als Bundeskanzler im Frühjahr, als die westlichen Stoffe noch Mangelware gewesen sind, in einer leichtfertigen Dummheit dem russischen Botschafter den Kauf russischen Impfstoffs zugesagt hatte).

Noch einmal zurück zur dänischen Nerz-Groteske: Diese hat einen Aspekt, der auch für Österreich hochinteressant ist. Und der das Gegenteil der Intentionen der hiesigen Schnüffelpartei Neos darstellt: Denn die dänische Regierung und ihre Mitarbeiter haben ihre Telefone generell so eingestellt, dass alle SMS-Nachrichten automatisch nach 30 Tagen gelöscht sind. Was die Nerz-Untersuchungskommission nun maßlos ärgert.

Da kann man nur sagen: Was hätte sich Österreich alles erspart, wären auch hier alle Telefon-Nachrichten nach 30 Tagen gelöscht!

Die Dänen hingegen können ungehindert weiterregieren. Und das ist gut so. Denn es ist verlogene Besserwisserei im Nachhinein, wenn jetzt irgendein Gericht behaupten würde, es wäre besser gewesen, die Nerze nicht zu keulen. Ich habe zwar kein seriöses Wissen über das genaue Verhältnis zwischen Nerzen und dem Corona-Virus. Aber mit Sicherheit hat die dänische Regierung damals nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, um Menschenleben zu retten. Und nicht aus Sadismus oder Tierquälerei.

Wer sagt den Richtern endlich, dass sie nicht der liebe Gott sind, dass es verlogen ist, wenn sie vorgeben, alles besser zu wissen und über allem zu stehen?

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