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Steiermark: Polit-Stalker und Verbrecher-Freunde

Am liebsten würden ÖVP und Grüne wohl ewig im streng verschlossenen Kämmerlein über eine Regierungsbildung verhandeln, ohne dass Ergebnisse nach außen dringen. Denn solange sie so agieren, scheinen ihnen Wahlerfolge garantiert. Das hat jetzt die steirische Wahl gezeigt. Diese Wahl zeigt aber auch noch einige andere erstaunliche und bemerkenswerte Dinge: Erstens, wie sehr die Parteienlandschaft ein System von zwei kommunizierenden Gefäßen geworden ist. Zweitens, dass jedes dieser Gefäße derzeit ein bemerkenswert großes Loch hat, durch das Wähler verloren gehen. Drittens, wie katastrophal die Folgen von schwarzen Löchern bei der Aufarbeitung der Zeitgeschichte in Österreich sind. Viertens sehen wir das Auftauchen eines absolut neuen Phänomens, des politischen Stalkers. Und fünftens sehen wir, dass es der SPÖ noch viel schlechter geht, als das bloße Wahlergebnis der Steiermark schon indiziert.

Die steirischen Wahlsieger ÖVP und Grüne gehören zwei verschiedenen kommunizierenden Gefäßen an. In einem pulsieren die rechten Wähler, im anderen die Linken. Wenn die ÖVP gewinnt, verliert die FPÖ, und umgekehrt. Genauso verhält es sich zwischen Rot und Grün. Wobei das Gefäßsystem der rechten Wähler allerdings seit jeher etwas größer ist als das der Linken.

Zwischen diesen beiden Systemen gibt es hingegen relativ wenig Wähleraustausch. Und wenn, dann läuft er derzeit eher über die Kleinpartei der Neos, die jetzt wieder ein wenig zugelegt haben, die aber dennoch noch nirgendwo strategische Bedeutung gewonnen haben. Die Neos sind ja auch inhaltlich ein merkwürdiger Zwitter. Einerseits sind sie klar und erfreulich wirtschaftsliberal  (im Kampfslang der Linken "neoliberal") sowie zurückhaltend beim oft verantwortungslosen Sozialpopulismus der übrigen Parteien; andererseits stehen sie durch ihre gesellschaftspolitische Linie (mit den Akzenten: feministisch, proschwul, Anti-Familien), ihre völlig unkritische Haltung zur EU und vor allem durch ihre Pro-Migrations-Einstellung ganz weit links.

Es ist klar, warum derzeit auf der rechten Seite die ÖVP und auf der linken die Grünen die Oberhand haben. Das hängt nicht nur zusammen mit der deplorablen inneren Schwäche von SPÖ und FPÖ. Das ist auch ganz klare Folge der straffen Führung durch die jeweiligen Parteivorsitzenden von ÖVP und Grünen, denen sich derzeit nirgendwo parteiinterne Kritik entgegenstellt.

Das ist aber vor allem Folge der Art, wie die gegenwärtigen Regierungsverhandlungen inszeniert werden. Denn derzeit ist noch immer kein einziges konkretes inhaltliches oder (über die beiden Parteichefs hinausgehendes) personelles Detail bekannt, über das sich die beiden geeinigt hätten, oder über das sie sich in den Haaren liegen. Das hat es in der österreichischen Nachkriegsgeschichte absolut noch nie gegeben: Zwei Monate schon sprechen zwei mutmaßliche Koalitionspartner miteinander, und dennoch hält bei Schwarz wie Grün die sogenannte "Message Control" absolut dicht. Außer dem, was die beiden Parteichefs wollen, dringt absolut nichts Konkretes nach außen.

Das ist polit-technisch eine reife Leistung. Dass jene Medien, die in einer solchen "Message Control" durch Schwarz-Blau den Untergang der Demokratie erblickt haben, beim absolut gleichen Verhalten von Schwarz-Grün hingegen noch keine einzige kritische Stimme erhoben haben, ist freilich schon sehr bemerkenswert. Allerdings ist das angesichts der allgemeinen Pro-Grün-Stimmungsmache der meisten Journalisten nicht weiter überraschend.

Solange so harmonische Bilder von den schwarz-grünen Runden erzeugt werden, fliegen den beiden Parteien jedenfalls die Herzen zu. Wollen doch viele Österreicher nichts inniger als Harmonie. Glauben doch viele angesichts der netten Töne zwischen Schwarz und Grün an die Möglichkeit, dass sich absolute Gegensätze vereinbaren lassen. Also dass Österreich das Weltklima rettet und dass gleichzeitig keine Belastungen, Regulierungen und Einschränkungen auf die Menschen zukommen. Also, dass das Land eine restriktivere Migrationspolitik exekutieren kann, es aber gleichzeitig keinen einzigen Härtefall gibt. Und so weiter.

Zugleich ermöglicht die vage Unklarheit der Verhandlungen es sowohl den grünen wie auch den schwarzen Wählern, in die künftige Regierungspolitik viel mehr an inhaltlichen Hoffnungen zu projizieren, als was denn in einer Koalition realisierbar sein kann.

Naja. Mögen die Menschen träumen. Die Stunde des Aufwachens kommt früh genug, in der auch die ständige Verabreichung von Schlafpulvern durch die beiden verhandelnden Parteien nicht mehr wirken wird.

Die steirischen Schwarzen und Grünen können sich ob dieses Windfall-Profits aus dem Bund freuen. Das sei ihnen gegönnt. Waren sie – vor allem die Volkspartei – doch auch oft genug schon Opfer eines stürmischen Gegenwindes aus der Bundespolitik.

Dementsprechend wenig freuen kann sich etwa Blau. Ein großer Teil der freiheitlichen Verluste ist zu Gewinnen der Volkspartei geworden. Der restliche Stimmenverlust der Freiheitlichen ging ebenfalls nicht zu Linksparteien, sondern (wie schon bei der Nationalratswahl) gleichsam durch ein seitliches Loch an die "Partei" der Nichtwähler, die in Wahrheit die weitaus größte des Landes ist. Weil eben Wähler nur sehr ungern von einem der kommunizierenden Gefäße komplett ins andere wechseln, bleiben sie lieber daheim, wenn keine Partei im eigenen Gefäß wählbar erscheint.

Die Blauen haben nicht nur mit dem Trugbild der totalen Harmonie zwischen Schwarz und Grün zu kämpfen, sondern auch intensiv mit eigenen Problemen. Dabei geht es weniger um die von etlichen hasserfüllten Medien geführte, aber oft geradezu lächerliche "Einzelfall"-Kampagne, etwa um 14 Jahre alte Liederbücher und Rattengedichte. Und auch die rechtswidrige Kampagne durch ständige einseitige Leaks aus der Staatsanwaltschaft wirkt weniger, als die Akteure wohl gehofft haben. Viel entscheidender ist die Großcausa Strache. Wegen seiner eigenen Sünden in Ibiza, wegen des glosenden Spesen-Gucci-Problemkreises, wegen der peinlichen Rolle seiner Ehefrau – aber auch wegen Straches Verhalten in den letzten Tagen.

Denn nur wenige Wochen, nachdem er voll – gespielter? – Reue alle Ämter, Funktionen und Mitgliedschaften zurückgelegt hat, dienert er sich plötzlich wieder der FPÖ an: Er möchte eigentlich doch gern wieder in führender Rolle in den Schoß der Partei zurückkehren, verbreitet er öffentlich.

Sein Verhalten kann man jetzt nur noch als politisches Stalking bezeichnen. Strache verhält sich wie ein Ehemann, der nach schweren Eheverfehlungen in die Scheidung einer 14 Jahre währenden Ehe einwilligt, dann aber kurz darauf seine Ex-Frau ununterbrochen bedrängt, wieder zu ihm zurückzukehren, und ihr so jeden Neustart unmöglich macht.

Aber während die FPÖ noch irgendwie hoffen kann, dass ein konsequentes "Wir wollen mit dir nichts mehr zu tun haben" irgendwann vielleicht doch das Problem Strache löst, ist die Lage der SPÖ noch schlimmer. Dort wollen zwar alle die Scheidung von der Parteivorsitzenden, alle wissen, mit Pamela Rendi-Wagner wird das nichts mehr – aber sie bleibt im Amt. Und zwar aus einem noch viel beschämenderen Grund: Weit und breit findet sich keine Alternative. Niemand will den Job.

Lediglich der einstige ORF-Chef und Sinowatz-Sekretär Gerhard Zeiler meldet aus dem Off ziemlich ungefragt sein Interesse an. Aber ob ein Mann aus der Sinowatz-Ära, dessen Karriere beim internationalen Privatfernsehen zu Ende gegangen ist, sich nun wirklich glaubhaft als Retter der SPÖ profilieren kann, ist zumindest fraglich. Die Dinge, die er bisher bei seinen Auftritten in der alten Heimat von sich gegeben hat, machen jedenfalls deutlich, dass seine sozialdemokratische Identität in den 80er Jahren steckengeblieben ist. Politisch besteht Zeiler vorerst nur aus inhaltsleeren Luftblasen und der Sehnsucht nach den guten alten Zeiten der SPÖ. Aber diese beiden Dinge – Luftblasen und Nostalgie – hat die heutige SPÖ auch ohne ihn schon zur Genüge.

Dafür hat sie jetzt durch die steirische Wahlniederlage noch etwas sehr Wichtiges verloren: die Blockademöglichkeit im Bundesrat gegen Verfassungsgesetze, die sich auf die Bundesländer auswirken.

So geht halt für die Genossen eins nach dem anderen flöten. Dafür gibt es bei ihnen von etwas ganz anderem immer mehr: gewaltige Schulden der Partei. Diese werden mit jeder Wahlniederlage und den daraus folgenden geringer werdenden Parteiförderungen immer größer. Und es ist eher unwahrscheinlich, dass die Partei wieder einen großen Zampano aus dem Dunkel findet, der sie wie einst nach 2000 geheimnisvoll rettet. Wer auch immer es damals gewesen sein mag: Bawag, Gemeinde Wien, ein Oligarch aus dem Ausland? Wir werden es wohl nie erfahren, da sich ja die Staatsanwaltschaft nie für die damalige Schulden-über-Nacht-weggezaubert-Aktion bei der SPÖ interessiert hat. Sie interessiert sich nur für die FPÖ.

Die steirische SPÖ leidet in der Steiermark aber nicht nur an massiven Verlusten Richtung der im Koalitionsverhandlungs-Hoch befindlichen und von der medialen Klimahysterie getragenen Grünen. Linke Wählerstimmen gingen dort – ähnlich wie bei der FPÖ Richtung Nichtwähler – aber auch noch durch ein ganz anderes Loch verloren. Nämlich an die steirischen Kommunisten. Diese haben sich jetzt auf über sechs Prozent gesteigert.

Das aber ist eine nationale Schande. Damit soll nicht gesagt sein, dass die eher provinziell wirkenden steirischen KP-Funktionäre selbst Verbrecher wären. Aber sie und ihre Wähler zeigen eine wirklich unfassbare Ahnungslosigkeit, in welche Tradition sie sich da durch diesen Parteinamen selbst gestellt haben. Eine Kleinpartei, die sich um Wohnungssuchende und Arme zu kümmern scheint, die vor allem von linken Studenten einer großen Universitätsstadt und betuchten, wie politisch ahnungslosen Bürgersfrauen gewählt wird, kann es überall problemlos geben.

Kern des Bösen ist bei den steirischen Kommunisten tatsächlich der Parteiname, den sich diese Gruppe freiwillig, ja demonstrativ gewählt hat, den sie immer noch trägt. Das ist nichts anderes, wie wenn eine NSDAP von mehr als sechs Prozent gewählt würde.

Dabei sind die internationalen Kommunisten für die monströsesten und schlimmsten Verbrechen während meiner gesamten Lebenszeit verantwortlich, in der ich Jahrzehnte hauptberuflich für die internationale Beobachtung zuständig gewesen bin. Sie haben 80 Millionen Menschen ermordet. Sie haben weit mehr als eine Milliarde verfolgt, entrechtet und versklavt. Wer sich freiwillig nach diesem schrecklichen 20. Jahrhundert noch immer oder schon wieder Kommunist nennt, macht sich selbst mitschuldig, vorsätzlich zumindest durch grob fahrlässig verschuldete Ahnungslosigkeit.

Diese Ahnungslosigkeit wiederum wird von den Medien, aber auch durch einen Schulunterricht verschuldet, die fast komplett die kommunistischen Verbrechen verschweigen, obwohl diese bis vor 30 Jahren nördlich, östlich und südlich von Österreich Staatsprinzip gewesen sind. Man denke voll Zorn an Ö1, das heute fast komplett prokommunistisch tönt. Man denke etwa auch an die breite Berichterstattung der vergangenen Tage zum 30. Jahrestag des Mauerfalls. Dabei hörte man unzählige Details über den Fall der Berliner Mauer. Aber absolut nichts erfährt man über die davorliegenden Verbrechen des DDR-Regimes, das sein Volk jahrzehntelang mit einer Mauer und einem Eisernen Vorhang eingesperrt hatte. Und nichts erfährt man über die sozialistisch-kommunistischen Ideologien dieses Regimes.

Der Kern der heutigen nationalen Schande liegt im totalen Auslassen von Medien und Unterricht. Sie vermitteln zwar ständig die Nazi-Verbrechen, aber überhaupt nicht die zeitlich viel kürzer zurückliegenden der Kommunisten. Nur so konnte es möglich werden, dass es heute in Österreich wieder – zumindest an Universitäten und in der Steiermark – über die Marginalität deutlich hinausgehende kommunistische Gruppierungen gibt.

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