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Ungustiger Wahlkampf auf Kindergartenniveau

Skurrile Verschwörungstheorien statt einer ernsthaften Diskussion auch nur eines einzigen der Probleme, die die Zukunft Österreichs und unserer Kinder überschatten: Das ist der deprimierende Zwischenstand dieses Wahlkampfes, der nun – zum Glück – seine Halbzeit erreicht hat, nachdem er de facto unmittelbar mit Bekanntwerden der Ibiza-Videos begonnen hatte. Dass der Boulevard voyeuristische Lust an solchen Bösartigkeiten auf Kindergartenniveau hat, ist ja nachvollziehbar. Aber dass auch die Parteien die Bürger für so bescheuert halten, dass sie keine einzige ernsthafte Frage mit ihnen zu diskutieren wagen, ist schon tief deprimierend.

Nur ein paar Schmankerl der letzten Tage:

  • Da macht es die SPÖ allen Ernstes bundesweit(!) zum Thema, dass in einem niederösterreichischen Dorf ein Bürgermeister beim gemütlichen Zusammensitzen als geschmackloses, aber völlig unbedeutendes Scherzchen ein Stück seiner Unterhose gezeigt hat, um zu beweisen, dass auch diese schwarz sei. Was für ein Verbrechen! Die einst große Oppositionspartei ist offensichtlich hektisch bemüht, die Grünen als altjüngferliche Pensionatsgouvernante zu überholen.
  • Da erregt sich der ORF als endgültig hemmungslos gewordenes SPÖ-Parteifernsehen seit Tagen darüber, dass ein Mitarbeiter des ÖVP-Bundeskanzlers knapp vor dem parlamentarischen Misstrauensvotum gegen dessen Regierung eine Drucker-Festplatte schreddern hat lassen. Und zwar nicht in dem von oben bis unten mit strammen und bekannt unzuverlässigen Genossen besetzten Bundeskanzleramt, sondern sicherheitshalber unter falschem Namen bei einer professionellen Datenentsorgungsfirma.
    Genau eine solche Entsorgung aller über die formellen Akten hinausgehenden Unterlagen macht absolut jedes Ministerkabinett seit Jahrzehnten, wenn ein Minister einer anderen Farbe übernimmt. So waren schon im Jahr 2000 beim Wechsel zu Schwarz-Blau sämtliche Büros von SPÖ-Ministern bis auf die Steckdosen leergeräumt gewesen. Da gab es kein Blatt beschriebenen Papiers zu finden. Im jetzigen Wahlkampf halten aber plötzlich alle Mainstreammedien und die bekannt SPÖ-nahe Korruptionsstaatsanwaltschaft – ohne jeden Beweis – dieses Schreddern für ein schweres Delikt. Und ergehen sich in wilden Spekulationen, was denn da auf diesen Festplatten drauf gewesen sein könnte.
  • Dass der Mitarbeiter von Sebastian Kurz freilich bei der Entsorgungsaktion vergessen – hoffentlich nur vergessen! – hat, die Rechnung zu bezahlen, ist davon unabhängig degoutant und sollte dem Mann umgehend eine Auszeit von der Politik verschaffen. Auch wenn es nur ein zweistelliger Betrag war. Aber auch Vergesslichkeit disqualifiziert einen jungen Mitarbeiter (das Recht auf Vergesslichkeit haben nur Ältere …).
  • Da kursieren ständig die wildesten Anschuldigungen, dass im Justiz- oder Innenministerium die Recherchen von Polizei und Staatsanwaltschaft rund um das Ibiza-Video behindert würden. Auch dafür gibt es keinerlei Beweis. Und das wird von den jetzt zuständigen Experten-Ministern energisch dementiert. Hilft alles nichts.
  • Da reiten die Linksparteien wilde Attacken gegen den Justiz-Sektionschef Pilnacek, er hätte die Eurofighter-Erhebungen abdrehen wollen. Sie lassen sich dabei nicht einmal durch den jetzigen – durchaus SPÖ-nahen, aber unabhängig denkenden – Justizminister Jabloner beirren, der Pilnacek voll in Schutz nimmt. Dieser hat zu Recht mehrfach Druck gemacht, dass die (auch in dieser Frage) unendlich unproduktive Staatsanwaltschaft endlich irgendwie zu Stuhle kommt. Der Skandal liegt also eindeutig bei den katastrophalen Zuständen in der Staatsanwaltschaft und nicht bei jenen, die das kritisieren. Aber das ist halt nicht wahlkampftauglich und wird daher von den Linksparteien und den nahestehenden Medien ignoriert.
  • Da kursieren mindestens schon zehn verschiedene Theorien, wer die mafiöse Falle für H.C. Strache aufgestellt und finanziert haben könnte. Wieder gibt es für keine einzige davon auch nur einen halbwegs gerichtsrelevanten Beweis (alles was ich an Fakten kenne, trägt zwar die Handschrift des damaligen SPÖ-Agenten Silberstein – aber das ist alles andere als ein Beweis).
  • Besonders lächerlich sind die vom Ex-Innenminister Kickl aufgestellten Vermutungen, das BVT könnte hinter Ibiza stecken. Dieses Amt ist jedoch, wie ganz Österreich weiß, im wahrsten Sinne des Wortes ein Amt und nie und nimmer zu solchen Geheimoperationen imstande.
  • Da erregen sich gleich mehrere Parteien und natürlich wieder ein roter Staatsanwalt, weil vor fast zehn Jahren der einst bei der Schleifung der Stadtmauer geschaffene Stadterweiterungsfonds – seit dem vorletzten(!) Jahrhundert im Innenministerium angesiedelt – nach einer Satzungsänderung die letzten übriggebliebenen Gelder an wohltätige Organisationen dreier verschiedener Religionen verteilt hat (zugegeben: Rot und Grün haben einen Grund, sich zu beschweren: Denn islamische Organisationen haben nichts bekommen, sondern nur christliche und jüdische …).
  • Da versteigen sich etliche Politiker (insbesondere Ex-Minister Blümel) in der sonst in Sachen Verschwörungstheorien relativ abstinenten ÖVP seit zwei Monaten nach dem Kindergarten-Motto "Nein, mit dir spiel ich nicht mehr" darauf, den Ex-Innenminister, mit dem die ÖVP eineinhalb Jahre ohne erkennbare Friktionen zusammengearbeitet hat, zum Unberührbaren zu stempeln. Da Blümel & Co keinen seriösen Grund dafür nennen können,  ist damit die Saat zu neuen Verschwörungstheorien ausgesät worden.
    Freilich hat auch Kickl selbst einen gewaltigen Hang zur Verschwörungsparanoia. Und für ein Comeback als Innenminister hat er sich leider inzwischen – aber eben erst inzwischen – selbst disqualifiziert, indem er seit seinem Abgang die (eineinhalb Jahre ihm unterstellte) Beamtenschaft des Ministeriums frontal und öffentlich attackiert, vom BVT bis zu mehreren Sektionschefs. Objektiv betrachtet – und ganz unabhängig von ÖVP- und Bundespräsidenten-Stänkerei – muss man nun leider sagen, dass er deswegen in dieses Ministerium nicht mehr als Minister zurückkehren kann. Oder nur dann, wenn alle seine öffentlichen Anschuldigungen gegen die früheren Untergebenen von einem unabhängigen Richter bestätigt werden sollten. Was extrem unwahrscheinlich ist.

Das ist alles eine wirklich ungustiöse Wahlkampfsuppe. Freilich kann man als gelernter und leidgeprüfter Österreicher diesen Kindergarten-Intrigen und Verschwörungs-Phantasien auch etwas Positives abgewinnen: Wenigsten kosten sie uns kein Geld. Letztlich ist alles besser als das, was schon vor dem Sommer an teuren Beschlüssen zum einzigen Zweck der – vermeintlichen – Wählerbestechung im Parlament produziert worden ist. Und was nach dem Sommer noch droht.

Falls Parteien und Medien etwa nur deshalb auf dieses Niveau abgestiegen sind, weil ihnen nichts anderes einfällt, sei hier noch ein kleiner Auszug jener Aufgaben angefügt, mit denen sie sich im Interesse des Landes wirklich intensiv befassen sollten:

  1. Mit dem in keiner Weise gelösten Megaproblem Migration und Integration;
  2. mit dem Kampf gegen die rapide zunehmende Islamisierung;
  3. mit den katastrophalen Perspektiven des Pensionssystems, wo jeder Tag, an dem das gesetzliche Antrittsalter nicht hinaufgesetzt wird, ein schlimmes Versäumnis darstellt;
  4. mit dem Pflegesystem, wo seit der rein populistischen Abschaffung des Pflegeregresses das Finanzproblem noch viel größer geworden ist (das ist der einzige Bereich, zu dem ÖVP und SPÖ im Wahlkampf wenigstens irgendetwas gesagt haben – aber nichts, was das Finanzierungsproblem lösen würde);
  5. mit der Einführung der dringender denn je notwendigen direkten Demokratie;
  6. mit der Abschaffung des ORF-Gebührenmonopols;
  7. mit der Abschaffung der Medienkorruption durch Bestechungsinserate durch einen Strafrechtsparagraphen;
  8. mit den großen Personallöchern in wichtigen Berufsfeldern von den Ärzten bis zu wichtigen Lehrausbildungen (während im Bildungssystem ständig viel Geld für sinnlose Massenstudien wie Genderismus, Politologie oder Publizistik vergeudet wird);
  9. mit der außenpolitischen Isolation Österreichs und der dringend notwendigen Annäherung an die Nachbar(=Visegrad-)Staaten;
  10. mit der drohenden Energiekrise, sobald in Deutschland (von wo wir derzeit ja noch viel Strom importieren) sowohl Atom- wie Kohlekraftwerke abgedreht werden und dort plötzlicher selbst großer Stromimportbedarf entsteht. Das Wort "Blackout" wird dann gar nicht mehr mit der traditionellen Farbe der ÖVP assoziiert werden.

Diese demonstrative Liste dient nur dazu, um einige der wirklichen Probleme dieses Landes wenigstens zu nennen (wozu natürlich beispielsweise auch der Umgang mit all den immer bedrohlicher werdenden Beschlüssen von EU, EuGH, Euro und EZB gehören müsste) …

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