Was in Österreich verboten ist

Österreich ist bekanntlich ein Hort der Freiheit, ein Land, das den Menschen vieles erlaubt, was wo anders verboten ist. Zum Beispiel, dass Frau und Herr Österreicher auch noch mit 90 Jahren ohne ärztliche Kontrollen ihr Auto mit 130 über die Autobahn jagen dürfen. Oder, dass jeder über sein Vermögen frei verfügen kann.

Nach Lust und Laune kann das Ersparte "verreist" – man entschuldige diesen Ausdruck – "verfressen"und "versoffen" werden; man kann Geld zumindest bis zum Verdacht der Geldwäsche oder Steuerhinterziehung schenken, wem man will. Einem Verwandten, der Nachbarin, dem Tierschutzverein und jeglichem Wohltätigkeitsverein. So lange man noch Herr seiner Sinne ist, können sich potentielle Erben grün und blau ärgern – niemand hat bei uns ein Recht zu erben.

Im eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Testament bestimmt der Besitzende ganz alleine ohne Zeugen und ohne Rechtsanwalt, was mit seinem Hab und Gut dereinst geschehen soll. Man kann mit einer Patientenverfügung sogar bestimmen, wie man zu diesem "dereinst" gelangen möchte. Einfach gesagt: mit oder ohne Schläucheln.

Junge Männer unterliegen zwar der Wehrpflicht, aber sie können selbstbestimmt entscheiden, ob sie die Heeresuniform mit einer Waffe in der Hand tragen wollen, oder ob sie lieber in Zivil dienen wollen. Ist doch eine besonders großzügige Gestaltungsfreiheit eines Lebensabschnitts, die unser Gesetzgeber da erlaubt.

Geneigte Leser werden jetzt ungeduldig und fragen, was will er eigentlich?

Diese Beispiele, was bei uns alles möglich ist, soll den krassen Gegensatz verdeutlichen, was in Österreich andererseits verboten ist.

Wir wenden uns dem Mietrecht zu, das aus politisch bedingter Denkart eindeutig den Mieter bevorzugt und dem Vermieter etliches erschwert und sogar ausdrücklich verbietet. Wie ist es aber zu erklären, dass das Mietrechtsgesetz selbst das nicht gestattet, was beide, Mieter und Vermieter wollen? Ich meine die Mindestdauer von Mietverträgen. Ein Mietvertrag darf nicht für einen Zeitraum unter drei Jahren abgeschlossen werden. Beispiel gefällig?

Ein Gastprofessor sucht für die Dauer seines Lehrauftrags von einem Jahr eine Mietwohnung. Zufällig hat ein Kollege die für sein Kind gedachte Wohnung noch für ein Jahr zur Vermietung frei. Geht aber nicht! Zumindest nicht ohne Umgehung des Mietrechtgesetzes. Es darf kein Mietvertrag nur für ein Jahr abgeschlossen werden, sondern nur für mindestens drei Jahre. Der mietende Professor kann zwar (im Gegensatz zum Vermieter) den Mietvertrag jederzeit ohne Angabe von Gründen mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen – aber frühstens nach Ablauf eines Jahres. Der Gesetzgeber zwingt ihn, für mindestens 16 Monate Miete zu zahlen.

Die Möglichkeit, die Wohnung zum schriftlich vereinbarten Zweck der Nutzung als Zweitwohnung wegen eines durch Erwerbstätigkeit verursachten vorübergehenden Ortswechsels zu mieten (MRG §1 Abs. 2 Z3(b)), besteht leider auch nicht, weil der Gesetzgeber verlangt, dass so ein Mietverhältnis auf ein halbes Jahr oder weniger befristet ist.

Nun, die beiden Professoren haben bestimmt keinen Richter gebraucht. Aber der ausländische Gastprofessor fragt sich – so wie auch ich –, wieso dürfen in einem freien Land mit einer funktionierenden Rechtsordnung zwei rechtsfähige Personen keinen Mietvertrag für eine Dauer von zwölf Monaten abschließen, sondern nur für maximal sechs Monate (und das nur bei bestimmten Voraussetzungen) oder für mindestens drei Jahre ... ?

Dr. Günter Frühwirth ist Jurist mit aktivem Interesse an Themen der Gesellschaftspolitik.

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