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Die Wiener Karlskirche - ein profitables Unternehmen für Manche

Die Wiener Karlskirche ist einer der bedeutendsten Sakralbauten des Barocks nördlich der Alpen. Beauftragt von Kaiser Karl VI., wurde sie von Johann Bernhard Fischer von Erlach erbaut. Der Kuppelbau kann als eines der Wahrzeichen von Wien bezeichnet werden und die Innengestaltung zeugt von der barocken Üppigkeit der Zeit seiner Entstehung. Eindrucksvoll ist insbesondere das Kuppelfresko, gestaltet von Johann Michael Rottmayr, das als eines der Hauptwerke des Salzburger Barockmalers gilt. Die prachtvolle Wirkung des Gebäudes wurde allerdings jäh gestört, als im Jahr 2002 ein monumentales Gerüst im Innenraum der Kirche errichtet wurde, das den Blick auf das Deckengemälde verstellte. 

Was war geschehen? Die Pfarre, die damals von Opus Dei seelsorglich geleitet wurde, hatte mit einem seit Mitte der 1960er-Jahren bestehenden Verein, der unter dem etwas sperrigen Namen "Verein der Freunde und Gönner der Wiener Karlskirche – Verein Karlskirche" im Vereinsregister eingetragen ist, zu diesem Zeitpunkt bereits einen Vertrag über die Nutzung der Karlskirche abgeschlossen. Im Wesentlichen sieht dieser Vertrag vor, dass untertags, während der Zeit, in der keine Messen gelesen werden, der Verein die Kirche nach eigenem Gutdünken nutzen und eben auch ein Gerüst errichten und betreiben darf. Der Verein sieht in seinem Vereinszweck die finanzielle Unterstützung der Kirche bei Renovierungsarbeiten vor.

Anfang 2002 war der Innenraum der Karlskirche in einem renovierungsbedürftigen Zustand. Der Verein zeigte sich großzügig und begann mit der Renovierung des Rottmayr'schen Deckenfreskos. Dazu ließ er ein Gerüst aufstellen, um die Arbeiten in der Höhe zu ermöglichen. Außerdem hatte man den genialen Einfall, dass man das Gerüst auch nutzen könnte, um Besuchern einen Blick aus der Nähe auf das Kuppelfresko zu ermöglichen. Um den Anstieg zu erleichtern, wurde auch ein geräumiger Panoramalift mitten in den Kirchenraum gebaut.

Der Innenraum der Kirche war nun nur noch bedingt für seinen eigentlichen, liturgischen Zweck zu verwenden, allerdings zeigte sich rasch, dass der Lift samt Kuppelbesichtigung ein Publikumsmagnet war. Unter Ausnützung seiner vertraglichen Rechte sperrte nun der Verein die Kirche kurzerhand für die interessierte Öffentlichkeit und hob einen saftigen Eintrittspreis ein. Die Umsätze waren beträchtlich und halfen, die Renovierung des Kircheninnenraums rasch fertig zu stellen. Als allerdings die Renovierungsarbeiten abgeschlossen waren, wollte der Verein auf die munter sprudelnden Einnahmen nicht mehr verzichten.

Das Gerüst samt Panoramalift wurde nicht abgebaut und steht daher bis heute, somit seit über 16 Jahren, mitten im Kirchenraum des Kulturdenkmals. Ein Termin für den endgültigen Abbau ist zur Zeit nicht bekannt. 

Dadurch läuft das Geschäft mit dem Panoramalift unverändert gut. Jährlich besuchen circa 200.000 Menschen die Karlskirche, Erwachsenen ist die Fahrt mit dem Aufzug zum Fresko des heiligen Karl Borromäus den satten Betrag von 8 Euro wert. Die jährlichen Einnahmen liegen, vorsichtigen Schätzungen zufolge, bei etwa einer Million Euro. Zwar werden immer noch laufend Renovierungsprojekte im Kirchenraum und an der Fassade der Karlskirche betrieben, allerdings hat der Verein, befeuert durch die hohen Einnahmen, ein gewisses Eigenleben jenseits der Kirche und den dort ansässigen Seelsorgern zu entwickeln begonnen.

Die Personalien des Vereins lassen staunen. So wird das Amt des Präsidenten des Vereins, gleich einer Erbpacht, ausnahmslos an Mitglieder alter, adeliger Familien vergeben. Und auch andere Positionen des Vorstandes und des Beirates werden über Verwandtschaftsverhältnisse und Schulfreundschaften besetzt. 

Eine ehrenamtliche Tätigkeit, wie bei den meisten kirchennahen Einrichtungen üblich, darf man bei den Vorstandsmitgliedern nicht erwarten. Versüßt werden die Ehrenämter nämlich durch finanzielle Zuwendungen, die vom Vorstand schamhaft als "Aufwandsentschädigungen" bezeichnet werden.

Über die Höhe derselben möchte man sich in nobles Schweigen hüllen, das Tagebuch erhielt auf seine Anfrage eine lange, aber wenig aussagekräftige Antwort im Stil einer Presseaussendung. Gerüchteweise liegen diese allerdings für einzelne Vorstandsmitgliedern bei mehr als 3000 Euro monatlich. Der Betrag ist umso beachtlicher, als alle Vorstandsmitglieder einem Beruf nachgehen und es sich somit um Zahlungen für reine Nebentätigkeiten handelt. Ein Mitglied des Vorstandes hat sogar die zeitlichen Kapazitäten, seine Aufwandsentschädigung neben der Tätigkeit als Ministeriumssprecher und Obmann einer Bezirksparteigruppe zu beziehen. 

Der neueste Coup des Vereins ist eine im Jahr 2018 im Kirchenraum aufgehängte Installation des Künstlers Tomas Saraceno. Das Werk mit dem Titel "Aerocene" besteht aus zwei gigantischen, teilweise verspiegelten Kugeln. Konzipiert sind sie nicht als architektonischen Elemente, sondern als autonome Flugobjekte, die, durch die Sonne aufgeheizt, in die Luft steigen und wieder zu Boden sinken sollen. Nicht so allerdings in der Karlskirche, wo sie an einem Stahlseil in der Mitte des Kirchenraums hängen und dadurch den Blick auf das weltberühmte Deckenfresko beeinträchtigen. 

Der Künstler wird zu der Installation seiner Arbeit in einem Kirchenraum in einer Tageszeitung zitiert: "Wir alle arbeiten zusammen, obwohl wir aus unterschiedlichen Gemeinschaften kommen, Ideen und Glaube sich unterscheiden können." Erstaunte Zeugen der Vorgänge fügen hinzu: "Da wurden offenbar unterschiedliche Ideen einem gemeinsamen Interesse untergeordnet."

Warum ein Verein, der dabei unterstützen soll, die Karlskirche zu renovieren, eine Kunstinstallation in den Kirchenraum hängt, bleibt rätselhaft. In der Beantwortung unserer Anfrage argumentierte der Vereinspräsident, dass es sich dabei um "Teil eines mittelfristig ausgelegten, strategischen Betriebskonzeptes zur Absicherung zukünftiger Einnahmen" handeln soll. In Anbetracht der kulturhistorischen Bedeutung der Karlskirche wohl ein etwas vermessenes Ansinnen. 

Möglicherweise hängt allerdings der künstlerische Eifer des Vereins eng mit der Tatsache zusammen, dass der Kurator der Installation selbst ein Mitglied des Vereinsvorstandes ist. Dieser bezeichnet sich selbst auf seiner Firmenwebsite großherzig als "Vorstand" der Karlskirche. Ob und in welcher Höhe er für seine Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung erhält, wollte der Verein auf Anfrage des Tagebuchs nicht mitteilen.

Genauso wenig hat der Verein über die Kosten der Installation informiert. Es wurde beschieden, dass mit dem "Künstler vertraglich vereinbart [wurde], die Gesamtkosten des Projekts und die jeweiligen Beiträge nicht bekanntzugeben". Mitgeteilt wurde nur, dass ein – dem Autor gerüchteweise zugetragener – Betrag von 160.000 Euro nicht korrekt sei. Wobei aber nicht mitgeteilt wurde, ob der tatsächlich gezahlte Betrag höher oder niedriger liegt.

Messbesucher der Karlskirche berichten, dass die Kirchenleitung, diese war bereits im Jahr 2000 vom Opus Dei an den Priesterorden "Ritterorden der Kreuzherren mit dem roten Stern" übertragen worden, nicht erfreut über den Verbleib des Gerüsts im Kirchenraum sei. Es soll auch den starken Wunsch in der kirchlichen Gemeinde geben, den sakralen Bau durch den Abbau des Gerüsts samt Panoramalift wieder seiner liturgischen Bestimmung zurückzuführen.

Dem Vernehmen nach kann der Nutzungsvertrag gegenüber dem Verein allerdings nur im Einvernehmen zwischen Rektorat und Erzdiözese gekündigt werden. Viele Beobachter fragen sich, wie lange die beiden dem munteren Treiben des Vereins noch zusehen wollen.

Der Autor ist engagierter Bürger der vierten Bezirks, kann aber aus beruflichen Gründen nicht unter seinem echten Namen schreiben.

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