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Was die SPÖ von Joseph Beuys lernen könnte

Als der Aktionskünstler Joseph Beuys erstmals 1967 im Rahmen seiner politischen Aktivitäten seine viel zitierte These der "Sozialen Plastik" formulierte ("Jeder Mensch ist ein Künstler"), meinte er, dass jeder von uns ein sozialer Gestalter der Zukunft ist. Die Theorie geht davon aus, jedermann könne durch kreatives Handeln zum Wohl der Gemeinschaft beitragen und dadurch positiv auf die Gesellschaft einwirken. So könnte man durchaus Beuys´ These, dass jeder einzelne ein Künstler sei, auch insofern in seinem Sinne erweitern, als dass jeder einzelne auch ein Politiker ist.

Joseph Beuys selbst verausgabte sich vor seinem Tod, indem er sich bei der Gründung der Grünen in Deutschland engagierte. Er, der in einer Aktion 1965 einem toten Hasen die Kunst erklärte, setzte als Humanist stets den Homo Sapiens radikal ins Zentrum als eine Art soziale Skulptur.

Wie man dem alten Hasen SPÖ die Politik erklärt

Die beschriebene Lebenskunst, die Realität vieler Menschen politisch und wirtschaftlich sozial und kreativ zu gestalten, versucht die SPÖ gerade mit ihrer neuen Vorsitzenden wieder zu entdecken. Doch ebenso wie der Künstler die Beziehung zwischen Mensch und Hase betrachtete, nämlich dass eher der tote Hase die Bedeutung der Kunst begreift als der sogenannte gesunde Menschenverstand, sieht es bei den aktuellen Versuchen der SPÖ aus, wieder Fuß zu fassen.

Da sie schon immer alles verstanden hat, spult sie, noch bevor sie der Bevölkerung überhaupt richtig zugehört hat, wieder ihren 08/15 Plan runter. Pamela Rendi-Wagner ist zwar sichtlich bemüht, den Eindruck eines Neustarts mit Chancen und Perspektiven für die Österreicher gegenüber einer neoliberalen Regierung zu vermitteln, jedoch schwingt in der Inszenierung der Partei und ihrer Person unterschwellig immer noch ein gewisser elitär-besserwisserischer Ton mit.Ob sie, wie Landeshauptmann Peter Kaiser kürzlich in einem Interview feststellte, als "personifizierte Menschlichkeit" abseits einer "Gutmenschenetikettierung" von den Wählern wahrgenommen wird, sei dahingestellt.Die kommenden EU-Wahlen werden ein klarer Indikator und Stimmungstest für Kaisers' Hypothese sein.

Konfrontation mit sich selbst

Die Österreicher emotional zu berühren und nicht lediglich Floskeln zu reproduzieren, schafft die SPÖ schon länger nicht mehr. Hat die SPÖ verstanden, worum es dem sozialen Organismus geht oder predigt sie in neuer Hülle und weiblicher Form die gleichen Dogmen weiter, die an der Lebensrealität der Bürger vorbeigehen?

Die Sozialdemokraten sollten sich einmal das Modell der Sozialen Plastik als Gesamtkunstwerk, in dem Joseph Beuys ein kreatives Mitgestalten an der Gesellschaft und in der Politik forderte, zu Gemüte führen.Die Stärke der SPÖ war vor langer Zeit die Integration von Bürgern aus allen gesellschaftlichen Bereichen und nicht das Abwerten ihrer einstigen Wählerschaft.

Kunst im Beuys‘schen Sinne ist die Konfrontation mit sich selber.Politik ist die Konfrontation mit sich selbst und den eigenen Werten. Diesem harten Prozess der Selbstfindung, Selbstkritik und Selbstreflexion wird sich die Bewegung stellen müssen, will sie wieder erfolgreich sein.

Bussi-Bussi-Parteitag als Kompensation

Die manifeste Gefahr besteht, dass trotz des affektierten Wohlfühl-Bussi-Bussi-Parteitags die neue Parteichefin über die qualitative Stufe der reinen Kosmetik nicht hinauskommt. Denn eine neue Vision beziehungsweise eine Selbstreflexion hat nicht stattgefunden – zumindest nicht nach außen erkennbar.

Rendi-Wagners Rolle als Ärztin könnte nach hinten losgehen, wenn die potenziellen Wähler den Auftritt als arrogant und überheblich wahrnehmen. So wie Beuys dem toten Hasen die Bilder erklärte, sollte vielleicht jemand der SPÖ ins Stammbuch schreiben, dass reine PR-Strategien und Floskeln nicht reichen werden. Die Jahrhundertbewegung muss frei nach Beuys in das Herz der Gesellschaft greifen.

Daniel Witzeling, (*1985) Psychologe und Sozialforscher. Leiter des Humaninstituts Vienna (www.humaninstitut.at). Als Sozialforscher beschäftigt er sich mit angewandter Psychologie auf verschiedenen gesellschaftlichen Tätigkeitsfeldern unter anderem Wirtschaft, Politik und Soziales.

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