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Die Christen in einem langen und dunklen Advent

Auch wenn die Kraft und Schönheit des bevorstehenden Weihnachtsfestes alles zu überstrahlen scheint, so kann einem Christen am Ende dieses Jahres alles andere als wohl sein. Seine Religion, ob katholisch oder protestantisch, also ein Teil seiner Identität und Beheimatung, scheint wie schon mehrmals in den letzten zwei Jahrtausenden in einer tiefen Krise zu stecken, deren Ende noch nicht wirklich absehbar ist, auch wenn sich zarte Umrisse im Nebel zu zeigen scheinen. Allein die einzelnen Krisensymptome allein aus dem letzten Jahr allein aus Österreich sind jedenfalls bedrückend.

Gewiss: Die kulturelle Kraft des Weihnachtsfestes ist fast überwältigend. Trotz heftiger Bemühungen des ORFs, wo etliche Moderatoren Weihnachten mit einem Faschings-Gschnas verwechselt haben, hat das "Christkind" hierzulande neuerlich über "Weihnachtsmann" und Rentiere gesiegt. Selbst die politisch-korrekten Bemühungen deutscher Regierungspolitiker (auch solche von einer Partei, die das "christlich" sogar im Namen trägt), den christlichen Gehalt dieser Tage, ja sogar das Wort "Weihnachten" zu verschweigen, haben hierzulande keine erkennbare Nachahmung gefunden. Und bei den Weihnachtsgottesdiensten werden die Kirchen wie jedes Jahr voll sein.

Aber das sind halt doch nur sehr oberflächliche Phänomene eines bloß kulturellen Christentums. In dessen Kern tobt aber voll die Krise. Im Zangenangriff zweier verbündeter Kräfte scheint dieser Kern problemlos geknackt worden zu sein:

Auf der einen Seite ein aggressiver und regelmäßig in ganz Europa terroristisch zuschlagender Islamismus, der durch die ständig wachsende Zahl der Moslems auch in Österreich ein mehr als ernstzunehmendes Phänomen geworden ist; auf der anderen Seite ein radikal antichristlicher Linksliberalismus im Bereich der Medien, der Kulturszene und Justiz – aber auch in einigen Bereichen der katholischen und protestantischen Amtskirchen (wenn auch mit wenig Unterstützung in der Bevölkerung).

Beide Kräfte agieren erstaunlicherweise weitgehend einig im Angriff, ja sogar im Hass auf das kultur- und wertchristlich geprägte Österreich und Europa. Gleichzeitig wird das Christentum von schweren inneren Fieberstößen geschüttelt, an denen keine der beiden angreifenden antichristlichen Kräfte schuld ist.

Ein paar Symptome dieser multiplen Existenzkrise im österreichischen Jahr 2018:

  1. Trotz einer klar bürgerlichen Mehrheit im Parlament ließen sich die "Volksvertreter" von einem schwer linkslastigen Gerichtshof die völlige Gleichstellung der Schwulenehe aufs Aug drücken (nachdem das gleiche Doppelspiel Gericht-Politik ein paar Jahre davor schon zur Ermöglichung der Adoption fremder Kinder durch homosexuelle Paare geführt hatte – was noch viel schlimmer ist, weil die betroffenen Kinder ja völlig wehrlos sind, und wo es dennoch weder von ÖVP noch FPÖ einen Änderungsversuch gibt).
  2. Der Wiener Erzbischof Schönborn hat 2018 den Stephansdom einer als humanitäre Aktion getarnten PR-Veranstaltung eines bekannten Schwulen-Vereins geöffnet, wo Schauspieler mit entblößtem Oberkörper auf dem Kommuniongitter herumgeturnt haben. So als ob es nicht unzählige andere humanitäre Sammel-Initiativen gäbe, die mindestens genauso dringend Geld brauchen, die aber keine problematische Meta-Botschaft mit sich tragen. So als ob Kranke, die an anderen Krankheiten als Aids leiden, weniger Zuwendung von der Kirche verdienen würden.
  3. Die katholische Caritas und die evangelische Diakonie haben sich mehr denn je als Speerspitzen der Befürworter einer de facto ungebremsten Einwanderung aus Afrika und Asien erwiesen. Sie haben zwar nie ganz zugegeben, für eine wirklich ungebremste Zuwanderung zu sein, aber sie haben sich in unzähligen Fällen gegen Versuche der Behörden gestellt, illegale Zuwanderer abzuwehren oder abzuschieben. Und sie haben in keinem einzigen Fall gesagt: Ja, der ist abzuschieben. Damit ist das – auch von den Bischöfen unterstützte – Ergebnis klar. Sie wollen ungebremste Migration – was eine tiefe Entfremdung zwischen der Amtskirche und den meisten Gläubigen hergestellt hat, die das ganz und gar nicht wollen.
  4. Ich durfte in einer katholischen Schule selbst Augenzeuge sein, wie dort der früher nur katholische (oder christlich-ökumenische) Gottesdienst in ein skurriles Event mit Verlesung von Koransuren und Reduktion des Christlichen auf ein kurzes Abraham-Zitat aus dem Alten Testament reduziert worden ist.
  5. Die einst bürgerlich wertkonservative "Presse" hat unter Druck einer Initiative linker Redakteure den – ohnedies einzigen verbliebenen – Kommentator gefeuert, der mit deutlichen Worten klassische christliche Positionen, wie etwa die Ablehnung der Abtreibung oder Schwulenehe vertritt.
  6. Der Bildungsminister aus einer – angeblich – christlichen Partei schließt 2018 den Verein "Teenstar" von der Möglichkeit aus, für Schulen, die das wünschen, Sexualkundeworkshops zu veranstalten, der Verhaltensweisen gemäß der klassischen katholischen Lehre, etwa voreheliche Enthaltsamkeit empfiehlt. Was man auch immer davon hält, das Erbärmliche ist, dass der Minister dabei wie ein Hampelmann sofort auf eine Denunziation linker Extremisten reagiert hat. Erbärmlich ist ebenso, dass sich der Minister bei diesem Verbot primär auf einen von ihm wortident übernommenen Erlass einer linkssozialistischen Vorgängerin stützt – zu dem schon 2015 die "Christliche Lehrerschaft Österreichs" ausdrücklich und öffentlich erklärt hat, dass dieser Erlass "nicht befolgt" werde. Erbärmlich ist, dass sich die diversen Erlassformulierungen des Ministeriums wie ein kampffeministisches Pamphlet einer marxistischen Frauenbrigade lesen (das den "Abbau von kulturell tradierten Geschlechterstereotypen und patriarchalen Rollenzuweisungen" fordert; das von "religiös begründeten Denkverboten" schwadroniert; das "ein differenziertes Denken jenseits bipolarer, verengter Geschlechterbilder" verlangt; das auf einem "Aufbau der diversitätsorientierten Genderkompetenz" besteht usw.). Noch erbärmlicher ist, dass es kein ähnliches Verbot für schwul orientierte (Motto: Probiert doch alles aus, was euch Spaß macht) oder genderistische Vereine gibt (Motto: Geschlecht ist nicht biologisch determiniert, sondern eine beliebig wählbare und wechselbare Angelegenheit). Und am erbärmlichsten ist, dass sich in keiner der sonst so familienfreundlich auftretenden Regierungsparteien auch nur eine Stimme zugunsten des Rechtes der Eltern erhoben hat, selbst über die Sexualerziehung ihrer Kinder zu entscheiden und sie nicht diesem linksradikalen Schwulst auszusetzen.
  7. Und da ist zuletzt in Kärnten eine ganz üble Eiterbeule geplatzt – nämlich die nicht nur ökonomische Misswirtschaft, die dort offenbar eine "Vertraute" des früheren Bischofs angerichtet hat und die dabei jahrelang zum allgemeinen Ärger von diesem gedeckt worden ist. Besonders verwirrend ist, wenn man auf der Homepage die Elogen liest, mit denen die heutigen Kritiker des Ex-Bischofs noch vor einem halben Jahr diesem beim Abschied zugejubelt haben. Noch frustrierender ist, dass dieser Bischof nicht etwa in Pension gegangen ist, sondern seither Bischof von Sankt Pölten ist. Und bleibt. Samt der Vertrauten?

All das ist für Österreichs Christen nur schwer zu ertragen. In Summe schon gar nicht. Dabei sind hier eben nur Ärgernisse aufgezählt, die in einem einzigen Jahr allein in Österreich aufgepoppt sind. Noch frustrierender wird es, wenn man den Blick in die Weltkirche schweifen lässt.

  • Wo ein völlig überforderter Papst als oberster Apologet der islamischen Massenzuwanderung nach Europa auftritt – so als ob er nie etwas von der Vertreibung des Christentums aus nahezu dem ganzen Nahen Osten durch den gleichen Islam gehört und daraus gelernt hätte.
  • Wo eine Fülle von Missbrauchsvorwürfen an die Oberfläche gespült worden ist. Dabei wird zwar vermutlich durch protestantisch-laizistisch-antikatholisch dominierte Justizsysteme in den USA oder Australien massiv übertrieben. Aber die Katholische Kirche ist auch gegen völlig haltlos überschießende Anschuldigungen wehrlos: weil sie die – ebenfalls vielen – eindeutig echten Fälle lange zugedeckt hat; weil sie nicht begriffen hat, dass zum Päderastentum neigende Priester halt nicht durch die klassischen Instrumente Beichte und Buße von ihrer schlimmen Veranlagung geheilt werden; weil sie weiterhin der Diskussion über den Zölibat ausweicht, der jeden einzelnen Priester vor ein Riesenproblem mit der eigenen Sexualität stellt. Übt dieser Beruf doch auf Grund des Zölibats eine überdurchschnittliche Anziehungskraft auf junge Männer aus, die zur Homosexualität oder zum Kindesmissbrauch neigen oder die mit eigenen heterosexuellen Beziehungsproblemen nicht fertig geworden sind. Und die den Priesterberuf daher gleichsam als vermeintlichen Schutz vor ihren eigenen Sorgen ansehen.

Viel Trost finden Christen angesichts all dieser Entwicklungen derzeit nicht. Das führt auch zu der stetig zurückgehenden Anziehungskraft von katholischen wie protestantischen Gottesdiensten. Trost können die Christen jedoch in der Geschichte finden. Diese zeigt nämlich, dass noch jede Krise des Christentums gleichsam dialektisch zu einer signifikanten Erneuerung und Besserung geführt hat. Das ist etwa vor einem halben Jahrtausend in einer ähnlichen Krise die kraftvolle Reformation und die mindestens ebenso kraftvolle Gegenreformation gewesen. Aber was ist es diesmal?

  • Kommt die erhoffte Erneuerung aus den vielen ganz eigenständig entstandenen "Bewegungen" innerhalb der Kirche?
  • Kommt sie wie so oft von heute noch unbekannten charismatischen Figuren?
  • Kommt sie aus dem natürlichen Antagonismus zu einem sich fundamentalistisch ausbreitenden Islam?
  • Kommt sie aus dem Wiederentstehen nationalkirchlicher Ansätze, die ja schon in der Vergangenheit für die kraftvollsten Perioden des Christentums gesorgt haben (siehe die einst von den Menschen bejubelten protestantischen Landeskirchen, siehe die Kraft des Katholizismus in Polen, Kroatien oder Slowakei, wo er sich immer an die Seite des Volkes gegen die Herrscher gestellt hat – im Wissen, dass die Menschen nicht nur eine religiöse, sondern auch eine nationale Heimat und Identität wie das tägliche Brot brauchen)?
  • Kommt sie aus der etwa in Lateinamerika heute fast schon dominierenden evangelikal-konservativen Erneuerung, die sich nicht als Antithese zu den bestehenden Kirchen versteht, sondern eher als nicht-konfrontative Synthese, als ein Zurück zu den Wurzeln des Christentums?
  • Oder geht das europäische Christentum seinem Ende zu?

Ein paar Generationen später werden unsere Nachfahren sehen, wie sich die Krise weiterentwickelt hat, ob heilende Kräfte entstanden sind, ob ein Weihnachtswunder nach einem langen und finsteren Advent zu einem freudvollen Neubeginn geführt hat.

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