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Kavanaugh oder: In was für eine Welt sind wir geraten?

Ich weiß nicht, was sich bei einer amerikanischen Schülerparty vor 36 Jahren zwischen alkoholisierten 15- bis 17-Jährigen abgespielt hat. Ich weiß nur, dass diese Frage zum absolut wichtigsten Thema des absolut wichtigsten Landes der Welt geworden ist. Und das ist verrückt.

Was sich damals wirklich abgespielt hat, wissen nur die (möglicherweise) Beteiligten – und nicht einmal das ist angesichts des damaligen Alkoholkonsums und der seither verstrichenen Zeit sicher. Daher ist es auch durchaus möglich, dass sowohl der vehement dementierende angebliche sexuelle Angreifer wie auch das nun plötzlich klagende Opfer bei ihren von unzähligen Millionen beobachteten Auftritten vor dem US-Senat die Wahrheit gesagt haben.

Nicht nur möglich, sondern absolut sicher ist, dass beide Auftritte – einschließlich eines jeweils hohen Ausmaßes an Tränen und Emotion – viele Tage intensiv mit Juristen wie auch mit Psychologen, Verhaltenstrainern und Wirkungsforschern intensiv einstudiert worden ist. Schon das ist ziemlich grauslich. Aber Amerika liebt solche Reality-Shows. Vor allem wenn es dabei um Sex oder Macht geht – oder gar um beides. Und ganz besonders, wenn sich das Ganze in der Wirklichkeit abspielt und nicht nur in einem fiktiven "House of Cards".

Aber diese Degeneration der Wirklichkeit zu einer bis ins Detail durchgespielten Drehbuch-Vorlage lässt die besorgte Frage aufkommen, in was für eine Welt wir geraten sind. 

Wie würde man eigentlich selbst entscheiden, wenn man einer der US-Senatoren wäre? Die Antwort ist ganz eindeutig: Was auch immer vor 36 Jahren vorgefallen sein mag, sollte – insbesondere angesichts all dessen, was rund um den Fall Kavanaugh nun bekannt geworden ist – nicht eine wichtige Entscheidung beeinflussen.

Diese Entscheidung und damit auch der Versuch, sie durch plötzlich aufgetischte Geschichten über einen so lange zurückliegenden Vorfall zu beeinflussen, sind für Amerika sogar sehr wichtig. In mehrfacher Hinsicht:

  1. In Amerika ist allem Anschein nach eine Art Massenepidemie ausgebrochen. Seit ein paar Monaten gehen ununterbrochen meist ältere Frauen mit Vorwürfen oft Jahrzehnte zurückliegender sexueller Untaten an die Öffentlichkeit. Diese Massenepidemie ist jedoch auffallend selektiv: Die Vorwürfe richten sich fast immer nur gegen prominente oder zahlungskräftige Männer. Das muss massive Zweifel an der Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit der Vorwürfe erregen. Oder soll man wirklich glauben, dass es immer nur spätere Prominente waren, die als Schüler ihren Sexualtrieb nicht unter Kontrolle halten und an wehrlosen Mitschülerinnen unter massiver Gewaltanwendung ausgelassen haben?
  2. Alleine in den letzten Stunden sind Vorwürfe amerikanischer Frauen gegen zwei weitere Prominente bekannt geworden, bei denen es in beiden Fällen offenbar um sehr viel Geld geht. Einerseits gegen den Fußballer Ronaldo, andererseits gegen den amerikanischen Rapper Nelly.
  3. Es ist extrem unglaubwürdig, dass eine Frau 36 Jahre "aus Angst" über eine versuchte Vergewaltigung schweigt, wenn diese Frau alles andere als eine verschreckte Unterschicht-Person ist, sondern eine Professorin, noch dazu eine für Psychologie.
  4. Der Verdacht wächst weiter, wenn diese Frau ausgerechnet in dem Augenblick mit ihren Anschuldigungen auftritt, da der vor 36 Jahren aktive Bösewicht Höchstrichter werden soll. Und wenn man weiß, dass viele amerikanische Demokraten aus ideologischen Gründen mit allen Mitteln diese Berufung unbedingt verhindern wollen.
  5. Das wird noch unglaubwürdiger, da die Frau ihre Vorwürfe nicht einmal zu jenem Zeitpunkt vorbringt, da die Kandidatur bekannt wird, sondern erst ganz knapp vor der geplanten Endabstimmung über die Richter-Bestellung. 
  6. Noch unglaubwürdiger wird das "Outing", da die Psychologieprofessorin auch danach alles getan hat, um die Richter-Entscheidung hinauszuzögern. So hat sie tagelang behauptet, erst nach einer eingehenden Untersuchung der Affäre durch das FBI aussagen zu wollen. Das hat sie zwar nicht direkt erreicht, aber sehr wohl hat sie zwei republikanische Senatoren dazu gebracht, auf einer Untersuchung durch das FBI zu bestehen. Das hat der amerikanischen Linken eine weitere Verzögerung um mindestens eine Woche verschafft.
  7. Das Motiv für all diese Verschleppungs- und Verzögerungsversuche liegt auf der Hand: In wenigen Wochen wird der US-Kongress zum Teil neu bestellt, wo die Demokraten die Hoffnung haben, dann die Mehrheit zu erlangen. Das heißt für sie, dass sie dann jeden konservativen Kandidaten verhindern können.
  8. Die Bestellung eines Höchstrichters ist in den USA letztlich weit bedeutungsvoller als selbst die Wahl eines Präsidenten. Höchstrichter brauchen nie mehr wiedergewählt zu werden. Und sie entscheiden in den USA seit jeher über weit mehr grundlegende Fragen als in Österreich (wo allerdings das Verfassungsgericht seit neuestem auch gesellschaftspolitisch aktiv geworden ist und etwa die Schwulenehe einzuführen versucht hat). So beruht in den USA etwa das gesamte Abtreibungsrecht nur auf Entscheidungen des Supreme Court.
  9. Jenseits der Fragwürdigkeit der Vorgangsweise der Professorin ist aber auch der eigentliche Inhalt der Vorwürfe eingehender Überlegungen wert. Denn wieder muss man sich die Frage stellen, in was für eine Welt wir neuerdings geraten sind, wenn das, was Schüler – möglicherweise – angestellt haben, nach nicht weniger als 36 Jahren noch irgendein Gewicht, irgendeine Relevanz haben soll oder gar zur wichtigsten Entscheidung des wichtigsten Landes der Erde werden kann.
  10. Das sind wohlgemerkt 36 Jahre, in denen Kavanaugh offenbar nichts Böses mehr getan hat, was ans Tageslicht gezerrt werden könnte.
  11. In aller Welt schien sich in den letzten Jahrzehnten eigentlich die Überzeugung durchgesetzt zu haben, dass man Jugendliche noch nicht mit der vollen Härte des Gesetzes anpacken kann, und dass jedenfalls die Konsequenzen einer jugendlichen Straftat nicht ihr ganzes späteres Leben überschatten sollten.
  12. Angenommen, bei uns hätte ein 17-Jähriger einen Mord mit vielen grässlichen Aspekten begangen. Dann hätte er maximal zu zehn Jahren verurteilt werden können (als Unbescholtener wohl zu noch weniger), nach maximal sechs Jahren wäre er also in der Regel freigekommen. Danach hätte ihm niemand mehr den Mord auch nur vorwerfen dürfen und es stünden ihm – wenn er nichts Neues anstellt – alle Möglichkeiten der Welt offen.
  13. Doch plötzlich wird diese Überzeugung von der Schutzbedürftigkeit junger Menschen ins Gegenteil verkehrt. Ganz offensichtlich deshalb, weil es ideologisch passt. Fast alle Mainstream-Journalisten – beiderlei Geschlechts – sind plötzlich der Meinung, ein im Vergleich zu einem Mord eindeutig geringeres Delikt eines 17-Jährigen könne und müsse jemandem auch 36 Jahre nach dem behaupteten Tatzeitpunkt vorgeworfen werden. Die Vermutung ist mehr als eindeutig: Das wahre Delikt des Mannes liegt gar nicht darin, was er vor 36 Jahren möglicherweise getan hat, sondern darin, dass er ein Konservativer ist, den man damit als Oberstrichter verhindern kann.
  14. Man wird in Wahrheit für kaum ein Amt einen Kandidaten finden, weder einen linken noch einen rechten, der in seinen Sturm-und-Drang-Jahren nie etwas angestellt hat, der lebenslang brav wie aus dem Katechismus gelebt hat. Die einzige Frage in unserer Heuchlergesellschaft ist: Kommt das, was der Kandidat einst angestellt hat, jemals ans Tageslicht oder nicht? Und wenn es wirklich solche in jeder Hinsicht jungfräuliche Kandidaten geben sollte, dann sind sie mit Sicherheit langweilige, weltflüchtende, stubenhockerische Couch Potatoes. Wollen wir solche für irgendein Spitzenamt?
  15. Kurzer Ausflug in die katholische Kirche. Dort hat ein weltfremder Klerikalismus lange so getan, als ob Priester automatisch und ex officio sündenfreie Heilige wären. Was sie natürlich nicht sind. Von Klerikalismus freie Christen haben hingegen nie an den Heiligen-Priester geglaubt. Sie haben im Neuen Testament gelesen, dass auch "der Gerechte sieben Mal fällt". Sie sind daher viel weniger überrascht über die schlimmen, wenngleich meist lange zurückliegenden Verbrechen von Priestern.
  16. Der große Unterschied: Menschen, die den Hang haben, sich an Kindern zu vergreifen, tun das in sehr viele Fällen immer wieder. Und sollten daher keinesfalls dort irgendwo zum Einsatz kommen, wo Kinder in der Nähe sind: Das ist die große Sünde vieler Bischöfe. Hingegen gibt es keine Anzeichen, dass junge Burschen, die als Schüler mit ihrer erwachten Sexualität nicht fertig werden und die sich betrunken und auf üble Art Mädchen zu nähern versucht haben, dann später als Erwachsene in irgendeiner Hinsicht ein dauerhaftes Problem wären.

Unabhängig von diesem Fall habe ich auch aus anderen Vorfällen heraus generell weniger Illusionen denn je: Die Linke ist zu infamen und auch kriminellen Strategien bereit, wenn es gegen ihre Hauptfeinde geht. Derer haben sie zwei: Das sind zum einen alle Vertreter konservativer Werte. Und das ist zum anderen Donald Trump.

Man denke etwa an den Fall Buttiglione. Der italienische Spitzenpolitiker ist von der linken Mehrheit als Vizepräsident der EU-Kommission nur deshab abgeschossen worden, weil er einen distanzierten Satz zur Homosexualität gesagt hat.

Das hat man in den letzten Wochen in einem anderen amerikanischen Fall gesehen: nämlich bei den Ermittlungen des Sonderermittlers Mueller, ob Trump vor seiner Präsidentenzeit Kontakte mit Russland hatte (das ist im heutigen Amerika ein Verbrechen, obwohl man es eigentlich für sehr positiv im Interesse des Weltfriedens halten sollte). Dieser Sonderermittler hat jetzt zu unglaublich schweinischen Mitteln gegriffen, weil er bisher keine wirklich harten Beweise gegen Trump gefunden hat: Er hat Rechtsanwälte des Präsidenten mit ganz persönlichen Vorwürfen (wie Steuervergehen) so lange unter Druck gesetzt, bis diese belastende Aussagen über ihren früheren Klienten, also Donald Trump machen.

Und das ist ein wirklich ungeheuerliches Verhalten. Das Anwaltsgeheimnis, also die absolute Vertraulichkeit aller Kontakte zwischen Anwalt und Klient, ist seit dem 19. Jahrhundert eines der wichtigsten und absolut geschützten Grundrechte der demokratischen Rechtsstaaten. Auch ein Schwerverbrecher soll in echter Vertraulichkeit mit seinem Anwalt reden können. In heutigen Amerika gilt das alles nicht mehr. So verlogen, verschlagen und primitiv Trump auch ist – nichts von diesen Eigenschaften sollte unter halbwegs anständigen Menschen kriminelle Aktivitäten gegen ihn rechtfertigen.

In Amerika gilt offensichtlich kein Anwaltsgeheimnis, wenn es gegen einen rechten Präsidenten geht.

In Amerika werden ebenso auch lange verjährte Taten von Jugendlichen selbst 36 Jahre danach zu Staatsverbrechen (wenn das ideologisch nutzbar ist).

PS: Ja, und in Amerika ist für viele jede Anschuldigung einer Frau unantastbar, wenn sie gegen einen Mann geht. Und das hat schon gar nichts mehr mit einem Rechtsstaat zu tun. Selbst wenn es zweifellos viele gewalttätige Männer gibt.

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