Nach der Nationalratswahl droht Österreich politische Lähmung

Autor: Stefan Beig

Warum Babler Kanzler einer Zweierkoalition werden kann

Autor: Klaus Lange

Die sexuelle Revolution frisst unsere Kinder

Autor: Werner Reichel

Wind und Atom – die Gegensätze

Autor: Gerhard Kirchner

Wie die Politik Betriebe schädigt

Autor: Andreas Tögel

Frohe Ostern!

Autor: Markus Szyszkowitz

90 Jahre Februar-Aufstand – 90 Jahre Juli-Putsch

Autor: Herbert Kaspar

Wer die Mär von der Frau als Opfer weitererzählt, ist kein Feminist

Autor: Christian Klepej

Nicht Messer, sondern Menschen töten

Autor: Andreas Tögel

Und wieder eine Print-Zeitung weniger ...

Autor: Günter Frühwirth

Alle Gastkommentare

Ukraine statt Türkei

Der Besuch von Staatspräsident Petro Poroschenko in Österreich sollte Anlass sein, die Ukraine-Politik Österreichs und der EU auf ein neues Fundament zu stellen. Die Ukraine will mit aller Kraft in die EU und NATO und arbeitet mit Hochdruck an den notwendigen Reformen. Die Aufgabe ist gewaltig, allerdings auch der Fortschritt innerhalb von vier Jahren nach der Pro-Europa Protestbewegung Euromaidan.

Leider hat sich die EU-Erweiterungspolitik noch nicht auf die neuen Umstände nach 2014 und speziell nach 2016 angepasst. Diese Woche legt die EU-Kommission die neue Westbalkanstrategie vor und die sechs Balkanländer sind nun am richtigen Weg in EU und NATO und das ist gut und richtig.

  • Aber warum ist die Türkei nach allem, was seit 2016 passiert ist, noch immer ein EU-Kandidatenland?
  • Und warum ist die Ukraine mit all den konkreten Fortschritten noch nicht einmal als potentielles EU-Kandidatenland von der EU Kommission gelistet?
  • Ist die Ukraine weniger in Europa als die Türkei?
  • Verbindet uns mehr oder weniger mit der Ukraine als mit der Türkei?
  • Und verdient nicht die Ukraine, die Opfer einer russischen Aggression ist, die gleiche Unterstützung wie Kroatien in den 1990er Jahren?

Waren doch auch damals kroatische Landesteile besetzt. Und ist doch Kroatien klarer Verbündeter und Partner des Westens. Und ist die Ukraine doch überwiegend christlich, deren altösterreichische Zentren der Bildung und Kultur Lemberg und Cernowitz heute noch ausschauen wie Salzburg und Klagenfurt nach deren Vorbild sie errichtet worden sind.

Und trotzdem erlaubt die EU der Ukraine keine Aussicht auf eine Zukunft in der EU. Im Gegensatz dazu hat die Türkei den Kandidatenstatus mit europäischen Milliarden Unterstützung:

  • Trotz Kriegs gegen die Kurden im Syrien,
  • trotz eines weltweiten Rachefeldzugs nach dem Juli-Putsch fernab von Rechtsstaatlichkeit,
  • mit NATO-Offizieren, die um politischen Asyl in der EU anfragen müssen,
  • und mit Journalisten im Gefängnis.

Diese Politik ist kaum verständlich und sicher nicht im Interesse Österreich.

Konkret kann man der Türkei eine Vertiefung der Zollunion anbieten. Auch eine Mitgliedschaft in EFTA und der Östlichen Partnerschaft ist möglich, ebenso die Verschmelzung der Union für das Mittelmeer mit einer neuen Südlichen Partnerschaft. Auch die Verlegung des Sitzes dieser Union von Barcelona nach Istanbul. Niemand will die Türkei vor den Kopf stoßen. Sie bleibt NATO-Land und wichtiger Wirtschaftspartner – aber EU-Kandidatenland das geht nicht mehr!

Diese Illusion – immer schon ohne öffentliche Unterstützung – muss nun beendet werden. Es braucht einen realistischen Zugang, der Enttäuschung verhindert und auf der oben beschrieben Basis die Türkei weiter an Europa bindet. Es braucht aber auch eine machbare Basis und die kann nicht im politischen Vereinigungsprozess der EU liegen. Und die kann schon gar nicht die Arbeitnehmerfreizügigkeit sein.

Ganz anders ist die Lage in der Ukraine, einem ohne Frage europäischen Land, das in allen Aspekten prowestlich ist, in dem sich Umfragen klar für EU und NATO aussprechen, und das in Geschichte und Struktur wie Polen oder Rumänien immer Teil Europas gewesen ist.

Die Ukraine war bis 1917 sicher viel weiter entwickelt als der Balkan unter türkischer Herrschaft. Dass sie heute wirtschaftlich hinter den Balkanstaaten liegt und nun darum bitten muss, erst auf einer Stufe mit Bosnien und Kosovo in die EU-Warteschlange zu kommen, ist nur mit dem verlorenen Jahrhundert in der Sowjetunion und dem Chaos zwischen EU und Russland zu erklären. Die Ukraine wird sich unter EU-Bedingungen auch wieder schnell entwickeln und einen positive Beitrag zur Entwicklung Europas leisten.

Niemand – nicht Russland aber auch sicher nicht den EU-Mitgliedstaaten – steht es zu, der Ukraine eine EU-Zukunft zu verweigern.

Sicher: Der Krieg Russlands im Donbas und die Besetzung der Krim sind große Themen. Aber auch Deutschland war ein geteiltes Land und wurde Gründungsmitglied der Union. Und auch das geteilte Zypern ist EU-Mitglied.

Wie kann Österreich seine Interessen durchsetzen? Die klare Ablehnung der türkischen EU-Mitgliedschaft ist bei den EU-Staaten, die ja auch NATO-Partner der Türkei sind, ohne klare Alternative für die Bindung der Türkei an die EU nicht durchsetzbar. Hingegen wäre es wesentlich glaubwürdiger und damit mehrheitsfähig, wenn Österreich die Position einnimmt: Die Ukraine statt der Türkei als Mitglied und zugleich Einbindung der Türkei in eine Östliche und Südliche Partnerschaft und eventuell auch in die EFTA.

Es bietet sich in dieser Strategie auch an, die Zukunft der Ukraine in der EU mit einer zeitweiligen Aussetzung der Sanktionen gegen Russland sowie einem echten Waffenstillstand im Rebellengebiet zu verbinden. So könnte gleichzeitig die Ukraine in die EU eingebunden und Russland gegenüber notwendige Signale der Deeskalation gegeben werden.

Günther Fehlinger ist Vorsitzender der Nichtregierungsorganisation "Europäer für Steuerreformen" und Vorstandsmitglied der Aktionsgruppe für europäische und wirtschaftliche Integration des südlichen Balkans.

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)
Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print



© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung