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Postfaktische Fake News - woher kommt das Misstrauen in die Wissenschaft und die neue Lust an Alternative Facts?

Donald Trump und mit ihm die europäischen Rechtsaußen-Parteien misstrauen dem sogenannten „Establishment“ und schließen dabei mehr oder weniger explizit auch „die Experten“ und die Wissenschaft mit ein. An die Stelle von wissenschaftlich fundierten Aussagen treten immer öfter „Alternative Facts“, die besonders bei Mr. Trump oft den Eindruck erwecken, als ob sich hier jemand die Wirklichkeit einfach so zu recht zimmert, wie es ihm und seinem wohlgenährten Ego ganz persönlich passend erscheint.

Nun hat die Welt der Wissenschaft zurückgeschlagen: Mit ihrem „March for Science“ haben Wissenschaftler in 500 Städten weltweit für die nicht-alternativen Facts demonstriert – und für ihre eigene Lufthoheit über dieselben. Ganz entschieden wurden die Werte der Aufklärung, die Vernunft und die wissenschaftliche Vorgangsweise vertreten und vor dem Abgleiten in ein neues „postfaktisches“ Mittelalter gewarnt. Das klingt zunächst einmal vernünftig, das pauschale Verdammen der Wissenschaft und ihrer Experten kann langfristig keine Vorteile bringen.

Dennoch möchte ich hier ein paar ketzerische Fragen aufwerfen: Ist die zunehmende Skepsis gegenüber der Wissenschaft wirklich auf die „neue Rechte“ und die viel zitierten „angry white men“ beschränkt, oder ist sie nicht auch in anderen politischen Lagern weit verbreitet, inklusive deren women, die ja auch zuweilen ganz schön angry werden können? Und weiter: Haben die Wissenschaftler nicht selbst einiges zu dieser Skepsis beigetragen?

Ich habe als Chemiker selbst wissenschaftlich gearbeitet, bin daher ganz sicher nicht wissenschaftsfeindlich sondern ganz im Gegenteil: Ich liebe Wissenschaft. Dennoch ist auch mein Vertrauen in wissenschaftliche Ergebnisse und in das Expertentum inzwischen bei weitem nicht mehr so groß, wie es einmal war. Insbesondere wenn handfeste wirtschaftliche und politische Interessen im Spiel sind, sieht man einfach viel zu oft, wie einseitig dann schon die Fragestellungen von Studien werden, und um wie viel einseitiger dann auch noch die Ergebnisse ausfallen.

Jeder Wissenschaftler weiß, wie man eine methodisch sauber ausgeführte Studie mit validen Ergebnissen dann am Ende so darstellen kann, dass die Ergebnisse für eine bestimmte Interessenlage in günstigem Licht erscheinen. Wie jeder Webdesigner heute seine Bilder mit Photoshop nachbearbeitet, so kann man auch wissenschaftliche Resultate ganz erstaunlich aufpeppen und dafür sorgen, dass sie für den Auftraggeber „sexy“ werden – was ja auch im Prinzip nicht verwerflich ist, solange es mit Maß und Ziel betrieben wird.

Wirklich verwirrend wird es aber regelmäßig bei den Geisteswissenschaften: Auf dem Höhepunkt der Eurokrise blätterte man in der Zeitung und wurde von einem hochdekorierten Wirtschaftswissenschaftler mit einer gefühlten Autorität nahe der Unfehlbarkeit darüber belehrt, dass Europa den Währungsrettungsschirm unbedingt braucht, weil alles andere in die Katastrophe führt. In der nächsten Zeitung – oder auch in derselben nur zwei Seiten weiter hinten – begründete dann ein anderer, ebenfalls hochdekorierter Wirtschaftswissenschaftler das glatte Gegenteil, natürlich ebenfalls gestützt auf Studien, anerkannte Theorien und seine titelgeschmückte fachliche Autorität. Nach dem Motto: Das sagt uns die Wissenschaft, alles andere sind alternative Fakten.

So etwas nimmt man als routinierter Medienkonsument nur mehr achselzuckend zur Kenntnis. Was soll man als Zeitungsleser von dieser „Wissenschaftlichkeit“ halten? Könnte es nicht sein, dass die Eurokrise ganz einfach Neuland war, und keiner der Wissenschaftler in Wirklichkeit eine fundierte Aussage zu diesem Thema zu liefern im Stande war? Wäre es nicht vertrauensfördernd, das dann einfach auch zu sagen und nicht so zu tun, als hätte man diese äußerst komplexe Dynamik, die es so noch nie gegeben hat, selbstverständlich durchschaut?

Auch in anderen Bereichen: Einmal sagen uns Ernährungswissenschaftler, wir sollen möglichst viel Kohlenhydrate essen, wenige Jahre später wird dann das glatte Gegenteil verkündet – natürlich beides mit modernsten Methoden wissenschaftlich hieb- und stichfest bewiesen. Auch im Erziehungsbereich wird uns Eltern von den einen Wissenschaftlern erklärt: Kinder so früh wie möglich ab in die Kinderkrippe, weil sie dort ihre sozialen Fähigkeiten am besten schulen können, während die anderen sagen, dass sie dort zu viel Lärm und Stress ausgesetzt sind und durch eine frühe Fremdbetreuung die Entwicklung der Bindungsfähigkeit gestört wird. Ja, was soll man denn nun wirklich tun?

Noch befremdlicher wird es dann bei meinen persönlichen Lieblings-Wissenschaftszünften: Den Glücksforschern und den Zukunftsforschern, die ja durch die schmucke Bezeichnung „-Forscher“ implizit auch einen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erheben. Nun versteht aber leider unter „Glück“ jeder etwas Anderes, die Glücksforscher erforschen also etwas, das nicht einmal klar definierbar ist. Für viele Reiche heißt Glück beispielsweise zunächst einmal viel Geld zu haben; für einen Künstler heißt es vielleicht eher, frei zu sein und morgens nicht früh aufstehen zu müssen. Und wenn man die Ergebnisse dieser Forscher anschaut, dann lernt man eigentlich nicht viel Neues, wenn man vorher ein paar chinesische Glückskekse und eine Rede vom Dalai Lama konsumiert hat.

Und die Zukunftsforschung? Hat sie das World Wide Web vorhergesagt, oder die Mentalität der Generation Y, oder vielleicht das IS-Kalifat? Nein, hat sie nicht. Das ist ja auch kein Wunder: es gibt nämlich wissenschaftlich betrachtet nichts Unerforschbareres als die Zukunft eines hochkomplexen Systems mit nahezu unendlich vielen Variablen (also Einflussgrößen), was ja eine Gesellschaft in Wechselwirkung mit ihrer Wirtschaft und Politik nun einmal ist. Das Fachgebiet der Zukunftsforscher ist eigentlich die Prophetie – was aber natürlich marketingmäßig nicht so gut klingt.

Die Glücks- und die Zukunftsforschung sind aber immer noch relativ harmlos – weil wenig folgenreich – im Vergleich zum meines Erachtens eklatantesten Fall von fragwürdiger Forschung in unserer Zeit: der Wissenschaftsdisziplin, die sich noch vor wenigen Jahren selbst „Frauenforschung“ genannt hat.

Schon in der Bezeichnung der Wissenschaftsdisziplin hatte man hier ganz klar festgelegt, dass man sich der Geschlechterthematik ganz bestimmt nicht objektiv nähern will, sondern mit einem ganz klaren (frauen-)politischen Auftrag. Mit anderen Worten: Es ist eine Wissenschaftsdisziplin mit einem klaren und demonstrativen Bekenntnis zur Unwissenschaftlichkeit.

Diese Absurdität hat man durch die Umbenennung in Gender-Forschung zwar oberflächlich zu kaschieren versucht, inhaltlich und auch personalpolitisch hat sich aber nichts Wesentliches geändert: Ein Frauenanteil von über 95 Prozent deutet nicht gerade auf einen Willen zur Unvoreingenommenheit in Geschlechterfragen hin.

Ich weiß, dass wir Naturwissenschaftler gegenüber den Geisteswissenschaften als arrogant gelten. Mag sein, sicher nicht ganz unbegründet. Aber die Geisteswissenschaften werden nicht umsonst als die „weichen“, also formbaren Wissenschaften bezeichnet. In politisch umstrittenen Fragen vergebe ich persönlich schon bei „harten“, naturwissenschaftlichen Aussagen mein Vertrauen etwas zurückhaltend und schaue erst mal, von wem die jeweilige Studie finanziert wurde.

Bei geistes- oder wirtschaftswissenschaftlichen Studien, bei denen ein politischer oder wirtschaftlicher Druck auf den Forschenden lastet, ist mein Vertrauen inzwischen aber fast am Nullpunkt angekommen. In Diskussionen zückt immer jeder eine Studie, die zu seinem Standpunkt passt, zur Not hat er sie eben selber in Auftrag gegeben.

Den traurigen Höhepunkt in dieser Entwicklung liefern meines Erachtens mit Abstand die Gender-Forscherinnen. Das Fundament Ihrer ganzen Forschungsrichtung ist eine rein naturwissenschaftliche Aussage, nämlich dass Mann und Frau bei Geburt von ihrem psychischen, seelischen und kognitiven Wesen her gleich sind, dass Unterschiede ausschließlich durch Erziehung und Umwelteinflüsse nach der Geburt verursacht werden.

Das ist eine klare Aussage über die genetische und gehirnmäßige Beschaffenheit des Menschen, die nur den kleinen Haken hat, dass leider sowohl Genetiker als auch Gehirnforscher und Neurologen, aber auch Evolutionsbiologen diese Aussage zu keinem Zeitpunkt bestätigen konnten, sondern vielmehr konstant und mit stetig steigender Beweiskraft darlegen, dass sie schlicht und einfach nicht stimmt.

Die pointiertesten Statements mit diesem Inhalt kommen regelmäßig von Genetikerinnen, Gehirnforscherinnen und Evolutionsbiologinnen, weil die sich weniger vor dem Vorwurf der Frauenfeindlichkeit fürchten. Klar, auch die Naturwissenschaften können sich irren. Wenn man aber mit einer Fülle von verschiedenen Methoden aus ganz unterschiedlichen Bereichen wie der Genetik, der Neurologie und der Evolutionsbiologie konstant über Jahrzehnte zu immer der gleichen Aussage kommt, dann ist ein Irrtum in dieser Frage ungefähr so wahrscheinlich, wie dass die Erde doch eine Scheibe ist, weil die Theorie der Kugelform leider falsch war.

Während also mit modernsten Hightech-Mmethoden hieb- und stichfest bewiesen wird, dass der Kern der Gender-Theorie eine Stilblüte des Zeitgeistes ist, behaupten eben die angesprochenen Gender-Forscherinnen, dass jeder, der ihre Theorie anzweifelt, rückständig und politisch nicht korrekt ist. Sie berufen sich dabei allen Ernstes auf Simone de Beauvoir, die weder eine Ausbildung in Genetik noch in Gehirnforschung hatte, und die vor über dreißig Jahren gestorben ist.

Neurologen können Gehirnerkrankungen heilen, schauen mit Hilfe von modernsten bildgebenden Verfahren lebenden Gehirnen bei der Arbeit zu, nehmen routinemäßig gehirnchirurgische Eingriffe vor: Sie sollen sich schlechter im männlichen und weiblichen Gehirn auskennen als Gender-Forscherinnen, die aus dem Bereich der Politologie, Soziologie, Kulturwissenschaften oder vielleicht Psychologie stammen und die noch nie ein Gehirn operiert oder geheilt haben?

Und was macht die Politik in dieser Situation? Sie schlägt sich in einem offenen Wissenschaftsdisput zwischen Natur- und Geisteswissenschaften mit großer Verve und Entschiedenheit auf die Seite der Gender-Forscherinnen. Ganz offensichtlich nicht aufgrund ihrer wissenschaftlichen Schlüssigkeit, sondern weil ihre Ergebnisse so schön ins eigene Weltbild passen. Das ist wiederum kein Wunder, sie wurden ja auch von der Politik mehr oder weniger bestellt.

Wen wundert es bei solchen Verhältnissen noch, dass Leute wie Donald Trump begeisterten Zulauf bekommen, wenn sie die Wissenschaftler gemeinsam mit der Politik als Establishment brandmarken, das sich, nicht gerade wenig Geld verschlingend, immer mehr um sich selbst und die eigenen Voreingenommenheiten dreht und sich dabei von der Realität der ganz normalen Menschen zunehmend abmeldet?

Meines Erachtens ist die Situation der Wissenschaften ähnlich wie die der christlichen Kirchen vor rund 1.000 Jahren: die Kirche ist dem Staat ursprünglich eher kritisch und unabhängig gegenübergestanden, ließ sich aber auf dem Höhepunkt ihrer Entfaltung von der staatlichen Macht vereinnahmen und korrumpieren und weitete so die eigene Autorität auf fast alle Lebensbereiche aus. Statt sich auf ihre Kernkompetenzen im spirituell-religiösen Bereich zu konzentrieren, meinte man, auch naturwissenschaftliche und weltliche Fragen bestimmen zu können, was aber letztlich zum Vertrauensverlust und dem Anfang des Niederganges führte.

Ähnlich wie die Religion hatten die Wissenschaften ihre besten Zeiten, als sie sich eher als kritisches Korrektiv zu Staatsmacht und Kirche sahen, während heute weite Teile großen Wert auf politische Korrektheit und Angepasstheit legen und ebenfalls die Deutungshoheit in fast alle Lebensbereiche ausdehnen wollen. Selbst die Zukunft und das Glück, aber auch die Religion, Spiritualität und Kunst sollen verwissenschaftlicht und damit berechenbar und von jeglicher nichtrationaler Komponente befreit werden.

Nur: je weicher, diffuser und weniger greifbar die Forschungsgegenstände werden, und je größer die Interessengebundenheit der Forschenden, desto kraftloser und beliebiger werden die Ergebnisse, womit das Vertrauen der Bevölkerung natürlich automatisch sinkt.

Erstaunlich ist, wie spiegelbildlich sich die eher im nichtrationalen Bereich agierende christliche Religion und die heute von vielen ja auch quasireligiös oder auch als Religionsersatz wahrgenommenen und praktizierten rationalen Wissenschaften im Laufe der Geschichte verhalten haben. Und ebenso erstaunlich ist, dass sich heute niemand fragt, ob es denn überhaupt wünschenswert ist, dass man die Zukunft, die Kunst oder das Glück berechnen kann.

Mir persönlich wäre das ein Graus: Es gibt die allgemeine Glücksformel, an die hat man sich zu halten und wird automatisch – glücklich? In einer Zukunft, die keine Überraschungen mehr enthält und in denen die Kunstwerke von Computer-Algorithmen berechnet wurden? Und wo Mann und Frau gleich sind? Ist nicht die Verschiedenartigkeit und irgendwie auch der verbliebene Rest des Geheimnisvollen eine Voraussetzung für die Attraktivität des anderen Geschlechts?

Denkbar ist auch, dass der wissenschaftliche Ansatz heute in manchen Bereichen einfach nicht mehr so wirksam ist, wie er es einmal war: Wir leben in Zeiten sehr schneller Veränderungen und einer immer noch zunehmenden Globalisierung und Multikulturalisierung der einzelnen Bevölkerungen sowie einer zunehmenden Vernetzung von allem mit jedem.

Je größer die Komplexität, desto größer die Anzahl an Variablen und je volatiler und schnelllebiger das Geschehen ist, desto zahnloser wird der rein wissenschaftlich deduktiv-logische Denkansatz und desto mehr tendieren wissenschaftliche Lösungen zur Beliebigkeit. Ein Problem mit nahezu unendlich vielen Variablen, die sich zusätzlich noch rasant verändern, ist wissenschaftlich nicht hieb- und stichfest lösbar. Es bietet dafür aber die Möglichkeit, mit etwas Kreativität und vielen Hilfsannahmen, Modellbildungen und Vereinfachungen eine unendliche Anzahl an möglichen Scheinlösungen aus dem Hut zu zaubern. Jede Interessengruppe kann sich daher ihre eigene wissenschaftliche „Wahrheit“ basteln lassen.

Vielleicht ist es Zeit, sich wieder für andere Denkinstrumente öffnen. Es dürfte kein Zufall sein, dass Traditionen des analogen Denkens, die es nicht nur im Bereich der asiatischen Philosophie gegeben hat, wieder mehr Beachtung erfahren, ebenso wie alte Weisheitslehren, die mehr auf Erfahrungswissen als auf logischer Deduktion aufbauen. Ebenso wenig zufällig erscheint es, dass die berüchtigte Intuition, die man tiefenpsychologisch als Rückgriff auf den riesigen Bereich des Unterbewussten deuten kann, wieder zunehmend salonfähig wird. Und dass heute auf Management-Seminaren wieder klassische Tugenden wie die Demut angepriesen werden, die man ja eigentlich eher aus dem religiösen Bereich kennt, und die ein Stück weit eine Abkehr vom logisch-rationalen Macher-Typ ist, der die Sache durchschaut, dann eine Strategie und eine Formel entwickelt und sich sicher sein kann, dass es funktioniert – weil es ja wissenschaftlich fundiert ist.

Vielleicht sollte man an den Universitäten einmal überlegen, ob man den eigenen Ruf wirklich durch einen „March for Science“ nachhaltig verbessern kann, oder ob nicht ein „Working for Quality“ die bessere Strategie wäre. Eine Offensive für wissenschaftliche Unvoreingenommenheit könnte sich als lohnenswert erweisen und vielleicht auch ein bescheideneres Auftreten bei Fragen, die noch nicht eindeutig geklärt sind, oder auch solchen, die nicht eindeutig klärbar sind.

Es ist ein Unterschied, ob ich über das Gravitationsgesetz spreche, das seit 1873 so ist, wie es ist, und das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in 100 Jahren noch so lauten wird, wie es heute lautet, oder ob ich über eine komplexe, neue und chaotische wirtschaftspolitische Frage spreche, für die es wahrscheinlich nie eine eindeutige Lösung gibt, sondern maximal verschiedene Annäherungen. Solche Annäherungen als jeweils einzige wissenschaftliche Wahrheit zu verkaufen, schafft kein Vertrauen, sondern das Gegenteil; spätestens wenn man eine weitere einzige Wahrheit zum gleichen Thema serviert bekommen hat.

Vielleicht könnte man ja auch mal über die Frage diskutieren, ob die Berufsbezeichnung „Forscher“ nicht in irgendeiner Form geschützt werden sollte. Ich darf mich ja auch nicht einfach „Maurer“ oder „Bäcker“ nennen, wenn ich keine entsprechende Ausbildung vorweisen kann. Wer die Zukunft „erforscht“, die nun mal nicht erforschbar ist, oder wer ziemlich weitreichende und erstaunliche Aussagen über das männliche und das weibliche Gehirn unter Berufung auf längst verstorbene fachfremde Personen tätigt und dabei nicht einmal versucht, seine politische Motivation zu verbergen, der sollte vielleicht in Zukunft eine andere Berufsbezeichnung erhalten und vielleicht auch etwas weniger üppig dotiert werden.

Wenn Wissenschaftler verhindern wollen, dass wir in ein postfaktisches Zeitalter abgleiten, dann wird das meines Erachtens am ehesten gelingen, wenn sie sich zunächst einmal an die eigenen Nasen fassen, und überlegen:

  • ob der Vertrauensverlust in ihren Berufsstand wirklich so vollkommen unbegründet ist,
  • ob das Zeitalter vor dem Postfaktischen wirklich so faktisch war, wie es immer wieder dargestellt wird,
  • ob die Wissenschaft sich wirklich in ausreichendem Masse von politischer und wirtschaftlicher Einflussnahme ferngehalten hat
  • und ob man wirklich ein vertrauenswürdiges, nobel zurückhaltendes und neutrales Korrektiv zu den üblichen Kapriolen und Wirren des Zeitgeistes ist oder ob man nicht in manchen Bereichen selber zu einer treibenden Kraft genau dieser Kapriolen geworden ist, und damit selber Alternative Facts und postfaktische Seltsamkeiten verbreitet hat.  

Der Naturwissenschaftler Dr. Klaus F. Rittstieg behandelt in seinem neuen Buch den Unterschied zwischen Gleichberechtigung und Gleichheit und warum uns die Verschiedenheit bessere Perspektiven bietet, wenn wir konstruktiv mit ihr umgehen. „Die stille Gegenrevolution - Haben wir mit dem Gender-Mainstreaming über das Ziel hinausgeschossen?“, Braumüller Verlag, 22 €. (Buch bei Amazon)

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