Migration und die EU

Nachdem 2015 von Griechenland ausgehend Migranten halb Europa überrannt und in Österreich, Deutschland und Schweden um Asyl angesucht haben, hat Österreich im Jänner 2016 einen Richtwert für die Zulassung von Anträgen auf internationalen Schutz festgelegt. Diese Richtwerte wurde bei einem Asylgipfel von Bund, Ländern und Gemeinden, mit der Absicht den Zuzug nach rund 89.000 Asylanträgen im Jahr 2015 mit 1,5 Prozent der Bevölkerung in den nächsten vier Jahren (37.500 im Jahr 2016, 35.000 im Jahr 2017, 30.000 im Jahr 2018 und 25.000 im Jahr 2019) zu begrenzen, fixiert.

Den Politikern war bewusst, welche Herausforderung diese Migrantenzahlen für Österreich bei der Erstversorgung, späteren Unterbringung, Eingliederung in den Arbeitsmarkt, medizinischen Versorgung etc bedeuten.

In der Asylgesetznovelle 2016 wurde die gesetzliche Grundlage geschaffen, um im Einzelfall durch die sogenannte Notverordnung die Asylanträge zu begrenzen. Es wäre jedoch nicht Österreich, wenn nicht unmittelbar danach ein Streit über die Bedeutung dieser Zahlen, fix oder dehnbar, und ab welcher Zahl eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung vorliegt, ausgebrochen wäre. In dieser Zeit wurden die ansonsten den Nutzern der social media zugeordneten "fake news" überreichlich von staatlichen Stellen und Hilforganisationen verstreut. Von der Qualifikation der Migranten, dem Tiefstapeln bei der Nennung der entstehenden Kosten bis hin zum Verschweigen der Kriminalfälle reicht die Palette. Kurzum, die Notverordnung wurde nie in Kraft gesetzt.

Entgegen dem europäischen Mainstream hat Österreich in Zusammenarbeit mit nicht der EU angehörenden Balkanstaaten die Migrantenströme aus Griechenland eindämmen können. Deutschland hat erst danach namens der EU mit der Türkei ein äußerst umstrittenes Abkommen zur Begrenzung der Migration geschlossen. Geblieben ist der Migrantenstrom vorwiegend von Libyen nach Italien. Vor Jahren hat Italien mit der Operation "Mare nostrum", eine eigenartige Rückbesinnung auf das römische Imperium, die Seerettung von Migranten begonnen. Als Italien diese Aktion zu teuer geworden ist, hat es Hilfe durch die EU angefordert. Die Grenzschutzagentur Frontex wurde entgegen ihrer eigentlichen Aufgabe zur Seenotrettung umfunktioniert.

Das erleichterte den Schleppern ihre Schleusungen ungemein, sie mussten die Migranten nur mehr aus den libyschen Hoheitsgewässern schaffen, den Rest der Überfahrt nach Italien erledigte die EU. Daher stiegen auch die Migrantenzahlen. Wieder erhob sich zuerst aus Österreich eine Stimme gegen diesen Unfug. Es dauerte bis dieser Gedanke in der EU um sich griff und die deutsche Bundeskanzlerin begann, mit Ägypten über ein Rückführungslager zu verhandeln.

Die EU, insbesondere in Gestalt der Außenbeauftragten Mogherini, war inaktiv. Den EU-Mitgliedsstaaten wurden sowohl der Abschluss von Rückschiebeabkommen als auch die Verhandlung mit nordafrikanischen Staaten über Rückführungslager überlassen. Die einzig erkennbare EU-Aktivität ist ein Abkommen mit der anerkannten Regierung von Libyen, die jedoch nur Teile des Landes kontrolliert, über einen Ausbau der Küstenwache und der Polizei.

Das EU-Parlament hat die Anstrengungen der Mitgliedsstaaten zu einer Rückführung der Migranten mit einer Entschließung vom April 2017 geradezu torpediert. Diese Entschließung beinhaltet die Forderung, dass EU-Hilfe und Zusammenarbeit mit der EU nicht an die Bedingung der Rückübernahme oder der Verhinderung der Ausreise in die EU geknüpft sein dürfen. Den Migranten müssten legale Wege in die EU angeboten werden. Festgestellt wurde auch, dass es keine Migrationskrise gibt, sondern eine Solidaritätskrise innerhalb der EU. Der Sachlichkeit halber sei noch festgehalten, dass diese Entschließung mit 333 Stimmen angenommen wurde, 310 Abgeordnete stimmten dagegen und 46 enthielten sich der Stimme.

Diese 333 Abgeordneten haben den Bezug zur Realität verloren und versuchen die Welt nach ihren Idealen umzumodeln. Die Bevölkerung kann da nicht mehr mitgehen.

Das Relocation-Program der EU war von Haus aus eine Fehlentscheidung, es wurde entgegen der Ansicht einiger Mitglieder beschlossen. Hinlänglich bewiesen ist, dass dieses Programm nicht funktioniert. Nicht einmal jene Staaten, die dafür waren, sind ihren Verpflichtungen nachgekommen. Anstatt einen Fehler zu korrigieren, wird stur weiter auf die Einhaltung gepocht. Die Forderung nach legaler Einwanderung ist solange kontraproduktiv, solange die illegale Einwanderung nicht verhindert werden kann.

Wir brauchen nicht mehr EU bei der Vertiefung der Haftungsunion, wo Macron mit den Eurobonds hinsteuert, sondern zurück zur Eigenverantwortlichkeit jedes Euro-Mitgliedes über seine Finanzen. Mehr EU brauchen wir bei der Sicherung der Außengrenze gegen illegale Einreisen, ob das nun eine durch eigene Maßnahmen zu sichernde Landgrenze ist oder eine Seegrenze die mit Hilfe der gegenüber liegenden Anrainer gesichert wird und bei der gemeinschaftlich herbeigeführten Abkommen zur Rückübernahme beziehungsweise Rückführung illegal in der EU aufhältiger Migranten.

Rudolf Wirthig war Offizier beim österreichischen Bundesheer

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