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Das Paradoxon der Fairness

Alle Menschen sind gleich nur manche sind eben gleicher: Eine Fallbeispiel von scheinbarer Chancengleichheit und demokratiepolitischem Verständnis.

Heutzutage ist es salonfähig geworden, sich mit Federn zu schmücken, die prunkvolle Namen tragen wie „Soziale Gerechtigkeit“, „Gleichheit“ oder „Fairness“. In unserer Gesellschaft wird es gerne gesehen, wenn sich Leute sozial engagieren und für ebendiese Werte eintreten. Besonderes Ansehen ernten hierbei gerade diejenigen, denen man aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung ein solches Engagement nicht attestieren würde – jene, die von dem Vielen, das sie ihr Eigen nennen, ein Fitzelchen abgeben, und solche, die ihr Antlitz gerne zu diesen Themen in die Kamera halten.

Wäre man böse, würde man behaupten, es seien gerade diejenigen, die mit minimalem Aufwand maximalen Effekt erzielen. Die Menschen, die sich die wohl inszenierten Worte zu Herzen nehmen und tagtäglich das leben, was von den anderen als gut und gerecht verkauft wird, und das ganz ohne Villa, Swimmingpool und Bentley, werden vielleicht ab und zu wohlwollend erwähnt, bevor man sich wieder den Vorzeigeexemplaren zuwendet. Aber ein Schelm, wer Böses denkt.

Schein und Sein

Die Angelegenheit erlangt aber erst dann richtige Brisanz, wenn man zu sehen oder zu spüren bekommt, wie diese Leute die von ihnen selbst propagierten Werten handzuhaben pflegen. Wenn über andere die Nasen gerümpft werden und man sich über das ein oder andere geschwätzig mokiert. Und ist man jetzt der Meinung, es werde hier bloß über Reiche und noch Reichere gelästert, dann sei man an dieser Stelle angehalten, sich zu fragen, wann man das erste Mal einen Satz wie „das kannst Du nicht!“ gesagt bekommen hat!

Eine knallharte Wertung eines anderen, die einem in Sekundenschnelle einen Stempel auf die Stirne klatscht, ohne einem auch nur den Hauch einer Chance einzuräumen. Wie oft hat man schon einen Job nicht bekommen, weil es ein anderer besser verstanden hat, die sozial erwünschten Worte zu trällern? Und wie oft wurden einem von anderen, Gleicheren als Gleichen, bereits Fähigkeiten abgesprochen, nur weil man nicht so aussah, so sprach und so aufschnitt wie sie? „Es ist nicht alles Gold, was glänzt“ , wusste schon Shakespeare, und vielleicht ist die Zeit jetzt reif, um hinter die Fassade zu blicken.

Fallstudie Präsidentschaftswahlen 2016

Wenn man einige Wochen vor der Bundespräsidentenwahl 2016, die so offen ist wie noch kaum eine Wahl zuvor, eine Arbeit (oder auch zwei) beauftragt, um festzustellen, welcher der Kandidaten eine Relevanz hat und wer sowieso keine Chance hat und es sich daher gar nicht auszahlt ihn in die Sendung einzuladen, dann ist dies nicht nur wenig fair, sondern vor allem demokratiepolitisch äußerst bedenklich.

Es ist so, als würde man glauben, bei einem Kind schon im Kindergarten feststellen zu können, was es mit 50 Jahren erreicht haben wird und welchen Beruf, sozialen Status und welches Umfeld es haben wird. Wie Forschungsergebnisse aus der Entwicklungspsychologie zeigen, ist die Entwicklung bei einem Menschen nicht linear, genauso wenig wie bei einer Wahl, und daher auch nicht eindimensional vorhersagbar und von verschiedensten Faktoren abhängig.

Legt man diese Erkenntnisse nun auf die aktuelle Situation bei den Bundespräsidentenwahlen um, wo sich 6 Kandidaten um das höchste Amt im Staat bemühen, wäre dies so, als würde man einem Kind am Anfang seiner Entwicklung und Laufbahn mitteilen, dass es sich gar nicht weiter bemühen solle, weil man wissen würde, dass aus ihm nichts werden würde. Diese Logik widerspricht nicht nur einem humanistischen Menschenbild, welches davon ausgeht, dass jedem Menschen die bestmöglichen Bedingungen und Möglichkeiten zur Persönlichkeitsentfaltung und individuellen Entwicklung ermöglicht werden sollen. Sie stellt schon im Vorhinein klar, wer es verdient eine Chance im Leben zu haben und wer nicht.

Determinismus vs. Fairness

Die Tatsache, dass ein Kandidat als einziger von sechs demokratisch legitimierten Kandidaten nicht relevant bzw. nicht wert genug ist, in ein Sendeformat eingeladen zu werden, ist nicht nur argumentativ äußerst dünn, sondern auch ethisch und menschlich kein Zeichen von Größe, geschweige denn eine Vorbildwirkung im Sinne des Bildungsauftrages dieser Institution. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, welches Bild und welche Werthaltung gerade für Erst- und Jungwähler transportiert werden soll. „Strengt euch erst gar nicht an, denn ihr habt so oder so keine Chance im Leben“, wäre die Analogie einer unreflektierten und voreiligen Diagnose eines Lehrers. Das rasche Aburteilen und deterministische Kategorisieren eines Menschen ist weder holistisch gesehen intelligent noch erfüllt es im Sinne einer positiven Entwicklung der Gesellschaft eine Vorbildfunktion für heranwachsende Generationen.

Dass dieser beschriebene Sachverhalt gerade bei einem öffentlich rechtlichen Medium stattgefunden hat, das die Aufgabe hat, fair und unabhängig jedem Kandidaten vorurteilsfrei gegenüberzustehen, verwundert und ist paradox.

Sind alle Menschen gleich?

Betrachtet man jedoch die gesellschaftlich gängige Praxis, so wird einem schnell klar, dass Chancengleichheit auch heute noch immer nicht gegeben ist. Ob es die Faktoren der sozialen Herkunft, des Status oder auch in vielen Fällen das Geschlechts ist, die immer noch stark determinierend wirken, es wird einem schnell klar, dass oft fadenscheinige Argumente aufs Tapet gebracht werden, um diese Mechanismen zu verschleiern. Dazu bedarf es nicht zwangsläufig einer Relevanzstudie, dazu reichen in verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen von Unternehmen über politische Institutionen bis hin zum Soziotop der Familie oft schon einfachere Vor- und Einwände.

Die Vorgehensweise schadet dem Image des beschriebenen Mediums und auch dessen Mitarbeitern, die in unzähligen Fällen und Formaten bewiesen haben, dass sie stets bemüht sind, allen Österreichern eine Chance und Perspektive zu geben und somit den öffentlichen rechtlichen Auftrag zu erfüllen. 

Daniel Witzeling, (*1985) Studium der Psychologie in Wien. Leiter des Humaninstituts Vienna. Als Sozialforscher beschäftigt er sich mit Problemstellungen rund um die Themenfelder Personalauswahl und Personalentwicklung und der Analyse von menschlichen Potenzialen national und international. Aktueller Forschungsschwerpunkt ist politische Personalentwicklung.

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