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Der Kardinal und die Politik

Wenn uns Christoph Schönborn die Welt erklärt, dann hört man so manches Seltsame zu Politik und Wirtschaft. Wodurch er seine sonstigen Worte in ein überflüssig schiefes Licht rückt.

So bejubelte er dieser Tage in einem Serieninterview mit mehreren Zeitungen völlig ungebremst die "positiven Entwicklungen" in Ägypten und Umgebung: "Wir erleben zur Zeit einen Aufbruch einer jungen Generation in den südlichen Mittelmeerstaaten." Ob das auch die dort seit 2000 Jahren wohnenden Christen so sehen? Ob es ihnen sehr gefällt, dass jetzt Kirchen brennen und Christen erschlagen werden? Ob sie sich schon sehr auf die künftige Verfassung freuen, die gerade von einer Kommission unter Führung eines Moslembruders ohne einen einzigen Christen vorbereitet wird? Ob all jene Kopten Wahnvorstellungen haben, wenn sie davon reden, dass es ihnen unter dem Diktator Mubarak viel besser gegangen ist, als es ihnen mit großer Wahrscheinlichkeit nach der Revolution gehen wird? Ob er schon mit jenen irakischen Christen gesprochen hat, die Schönborn lobenswerterweise nun bei sich aufgenommen hat, die unter dem Diktator Saddam Hussein noch halbwegs geschützt waren, die jetzt aber mit gezielter Brutalität vom "Aufbruch der jungen Generation" im Irak vertrieben werden, weil merkwürdigerweise die junge islamische Generation gar nichts von Toleranz hält?

Sehr seltsam klingt es auch, wenn Schönborn Mut von der Politik einfordert ("Es fehlt mitunter an Mut im Bereich der Politik..."), wo er selbst doch ein ganz Großer im Schweigen ist, man denke nur an die Islamdebatte.

Der Wiener Kardinal erklärt uns auch, was die Republik in Schulden gestürzt hat und was beispielsweise die Kürzung von Familienförderungen ausgelöst hat: "Die Milliarden, die man für Misswirtschaft im Finanzbereich aufbringen muss, die fehlen." Warum gibt es in seiner Umgebung niemanden, der ihm sagt, dass nicht alles, was die Herrn Landau und Küberl so von sich geben, etwas mit der Wirklichkeit zu tun haben muss? Warum weiß er nicht, dass die Republik zumindest bisher an der Bankenhilfe sogar gut verdient hat (auch wenn das in Sachen Hypo Alpen-Adria und Kommunalkredit nicht so bleiben dürfte)? Warum weiß er nicht, dass die Schulden im Wesentlichen ganz eindeutig auf ein populistisches Pensionssystem, auf das Riesenloch ÖBB und auf die Kosten des aufgeblähten Wohlfahrtsstaates sowie der ebenso aufgeblähten Bürokratie in Ländern, Bund und Gemeinden zurückgehen? Oder glaubt er an den billigen Schmäh, dass der steile Aufstieg der letzten sechs Jahrzehnte den Gewerkschaften zu verdanken, jede Rezession aber Folge der Marktwirtschaft sei?

Gewiss, ein Bischof muss nicht unbedingt etwas von Politik und Wirtschaft verstehen. Wenn er sich aber dazu äußert, sollte er sich doch vielleicht besser informieren und nicht jeden linken Unsinn nachplappern. Womit er bei seinen Gläubigen mehr an Reputation verliert, als er bei den einschlägigen Medien gewinnen kann. 

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