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Nagelprobe für rote Moralsprüche

Rot und Grün haben die Republik verbal untergehen lassen, weil zwei Mitarbeiter des dritten Nationalratspräsidenten via Internet grausliches Nazi-Material geordert haben. Martin Graf müsse deshalb zurücktreten, wurde von allen aufrechten Linken dieses Landes gefordert. Nun kann zumindest die SPÖ zeigen, wie ehrlich sie solche Aufforderungen gemeint hat: Einer der Mitarbeiter ihrer Parteizentrale hat ein Video auf seine Homepage gestellt, das den freiheitlichen Parteiobmann zum Selbstmord auffordert. Nun können die beiden Partei-Geschäftsführer zeigen, dass sie das auch selbst tun, was sie von Graf fordern: nämlich zurückzutreten, weil ihre Mitarbeiter nachweislich mit extremistischen Inhalten sympathisieren.

Damit würde die SPÖ das gleiche Ausmaß an politischer Hygiene demonstrieren, das sie von anderen fordert. Abgesehen davon, dass der Abgang von Frau Rudas und Herrn Kräuter weder für die Demokratie und die Partei ein großer Verlust wäre. Ebensowenig wie jener von Herrn Graf die Demokratie oder die FPÖ beschädigen würde.

Die SPÖ möge nur, bitte, nicht mit einem kommen: dass die Tat ihres Mitarbeiters weniger schlimm wäre als jene der Graf-Adlati. Immerhin zeigt das Rap-Video, das der SPÖ-Mitarbeiter auf seine persönliche Homepage gestellt hat, wie der "Scheiß-Rassist" H.C.Strache entführt, gefesselt, ausführlich beschimpft und schließlich zum Selbstmord aufgefordert wird, was denn auch in die Tat umgesetzt wird. Ein solches Video ist jedenfalls strafbar, während die Bestellungen der Graf-Mitarbeiter zwar eine widerliche politische Orientierung zeigen, aber nicht strafbar sind. Außerdem ist ein Kauf von extremistischem Material weniger schlimm als dessen objektive Verbreitung. Und über den Schmäh, dass ein solcher Gewalt-Text irgendeines grenzdebilen Rappers Kultur und daher ganz anders zu sehen sei, lachen nur die Hühner. Wenn das hineinginge, erklärt halt beim nächsten Mal ein Neonazi "Mein Kampf" zur Literatur und macht sich damit unangreifbar.

Da wie dort zeigen sich erstaunliche Parallelen, wenn man nach den Wurzeln der Affären forscht: Die FPÖ hat nach ihrer als Scheitern empfundenen Regierungsbeteiligung wieder stärker denn je im äußersten rechten Rand Nachwuchskräfte rekrutiert, weil ihr seit Knittelfeld in Wahrheit jeder andere geistige oder ideologische Boden fehlt. Das gleiche trifft mit anderen Vorzeichen im Grund genauso auf die Sozialdemokratie zu: Ihre gesamte Wirtschafts- und Sozialpolitik (also nichts anderes, als ständig immer mehr Schulden machen) hat sich in den letzten Jahren als katastrophaler Fehlschlag von historischem Ausmaß entlarvt. Da bleibt nur die "mutige" Selbststilisierung als Vorkämpfer gegen einen neuen Hitler. Der ja auch schon deshalb hassenswert ist, weil er der SPÖ die Stammwähler aus dem Arbeitermilieu weggenommen hat.

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