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Nerven sparen, Bahn verlassen

So schnell werden bei der ÖBB die Vorstände gewechselt, dass es sich gar nicht mehr auszahlt, sich auch nur die Namen zu merken. Nun wird eine rot bestellte Führungsgarnitur durch die nächste rote Partie abgelöst. Zugleich ist es aber durchaus klar, dass jeder Vorstand froh sein muss, wenn er recht bald gefeuert wird.

Denn erstens wird das Unternehmen in Wahrheit nach wie vor von der Gewerkschaft regiert. ÖBB-Bosse können ja nicht einmal ihren Ehefrauen einreden, dass sie bei der Bahn etwas zu sagen haben. Hat doch erst jüngst die Gewerkschaft wieder erfolgreich mit Streiks gedroht, als nur der Gedanke aufgekommen ist, dass man mit Hilfe neuer Gesetze Eisenbahner abbauen könnte, ohne sie in eine ebenso jugendliche wie gut bezahlte Pension zu schicken. Verhindern doch seit Jahrzehnten die Landeshauptleute alle wirksamen Einsparungen bei Nebenbahnen. Wird doch auf politischen Druck von Blau/Schwarz/Rot in den nächsten Jahren das meiste Geld in zwei von vornherein total unwirtschaftliche Megaprojekte investiert, nämlich Koralm- und Brennertunnel. Sind doch die Kunden im ÖBB-Getriebe das allerunwichtigste, wie jede zweite Bahnfahrt drastisch beweist, denen eigentlich das größte Augenmerk eines verantwortlichen Vorstands gewidmet sein sollte.

Zweitens kann man einen ÖBB-Vorstand relativ bald wieder verlassen, verdient man doch in kurzer Zeit an der ÖBB-Spitze so gut, dass man sehr bald für den Rest seines Lebens ausgedient hat. Die jüngste Aufstellung des Rechnungshofs zeigt ja, dass die ÖBB-Führung unter Hunderten Betrieben mit Bundesbeteiligung immer unter den ersten fünf der Einkommenspyramide liegt. 502.000 Euro pro Kopf und Nase und Jahr reichen schon eine Zeitlang bis zur Ausgleichsrente. Was tut es da, wenn Bundeskanzler nur 283.000 Euro im Jahr verdienen. Hätten ja auch Eisenbahner werden können.

Noch viel provozierender als die Gehaltshöhe der ÖBB-Bosse ist übrigens der Zuwachs der Bezüge. Denn während die Geschäftsführer/Vorstände aller Staatsbetriebe in den Jahren 2005 bis 2008 im Schnitt nur 6 Prozent mehr verdient haben, war es bei der ÖBB ein sattes Plus von 30 Prozent, das weitaus höchste im gesamten öffentlichen Wirtschaftsbereich.

Freilich wird auch der nächste Vorstand mit Garantie nicht billiger sein: Denn unter ihm steht eine ganze Pyramide von Bahn-Funktionären mit Spitzenverdiensten. Die haben natürlich jedes Interesse, dass die Konzernspitze noch mehr verdient als sie selber - sonst würden ihre Gehälter ja eher blöd aussehen. (Außerdem soll der neue ÖBB-Boss aus dem Verbund-Konzern kommen, wo man ja ebenso gut verdient wie die Eisenbahner.) Von den landesweit bekannten Privilegien der ÖBB-Betriebsräte wollen wir ja hier gar nicht reden ...

Es gibt aber noch einen dritten Grund, weshalb ÖBB-Verantwortliche eigentlich froh sein müssen, wenn sie möglichst bald von Bord gehen können: Denn die Art und Weise, wie SPÖ-freundliche Zeitungen mit Millionen für sogenannte Inserate (zu deren Füllung den ÖBBlern aber schon lange nichts Gescheites mehr einfällt) bestochen werden, würde in einer normalen Aktiengesellschaft den Vorstand sehr schlecht schlafen lassen. Denn dort würde der Aufsichtsrat intensiv eine Strafanzeige samt fristloser Entlassung gegen den Vorstand wegen Untreue prüfen. Bevor jemand auf solche blöden Ideen kommt, ist man lieber rasch wieder beim Türl draußen.

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