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Der liebe Udo und der böse Pfarrer

Schon in Dutzenden Sendungen hat sich der ORF in den letzten Tagen kritisch und polemisch mit den Kindesmisshandlungsfällen in der katholischen Kirche befasst. Hat daraus auch oft die Spitzenmeldung des ganzen Weltgeschehens gemacht. An sich legitim, auch wenn der ORF Kindesmisshandlungen außerhalb der Kirche in aller Regel nicht einmal unter ferner liefen behandelt. Das wird aber zum echten Skandal, wenn man sich die gleichzeitigen Udo-Proksch-Festspiele im ORF ansieht und anhört.

So schlimm alle nun bekanntwerdenden Kindesmisshandlungen sind, so sind sich doch alle Gesellschaften und Rechtsordnungen einig: Noch viel schlimmer ist Mord - ob nun ein Mensch oder sechs getötet werden, wie es einst Udo Proksch getan hat.

Was aber macht der ORF? Er fördert einen Film durch öffentlich-rechtliche Gelder und intensive Promotion, in dem der Sechsfachmörder nach Angaben des Regisseurs primär als lustiger Kerl porträtiert wird. Ehemalige ORF-Chefs erklären uns in der Vorauspropaganda vor der Kamera – ohne sich zu schämen oder von irgendjemand deswegen kritisiert zu werden –, Proksch sei ja nicht böse gewesen, sondern habe nur die „Ornamentik des Bösen“ geliebt. Und die brutale Mordtat wird in dem Film nur am Rand gestreift, wie der Regisseur zugibt.

Da wird einem endgültig übel: Der gleiche ORF, der sich mit Begeisterung über die grauslichen Untaten von Kirchenvertretern erregt, windet einem sechsfachen Mörder Lorbeerkränze. Und zeigt keine Sekunde auch nur den Hauch jenes schlechten Kollektivgewissens, mit dem derzeit jeder Priester auftritt, auch wenn dieser ganz normal veranlagt ist.

Genausowenig tut das die große Blase einstiger Proksch-Gespielen, die allesamt noch keinen Hauch von Reue oder Entschuldigung gezeigt haben. Die heute noch als Pensionisten-Chef das Staatsbudget demolieren dürfen, die heute noch als Bundespräsident so tun dürfen, als wären sie eine moralische Autorität. Die nie mit kritischen Fragen über ihren Freund konfrontiert werden, obwohl seine Taten lange von vielen Sozialdemokraten gedeckt worden sind.

Die Kirche muss sich im Staub winden. SPÖ, Prokschs Logenbrüder und der ORF dürfen hingegen in widerlichem Zynismus einen noch viel schlimmeren Verbrecher als kreativen, lustigen und netten Kerl vermarkten; zu diesem Urteil leitimiert schon die flächendeckende Vorauspropaganda. Das ist ungefähr so verlogen, wie wenn die Kirche pädophile Priester nicht (neuerdings) hinauswerfen oder (alterdings) in als ungefährlich angesehene Altersheime versetzen würde, sondern ganz bewusst einen Propagandafilm über sie machen würde, in denen sie als lustige Kerle wegkommen.

Widerlich.

(Zu den Missbrauchs-Skandalen in Kürze mehr: Was wiegt es, was hat es?)

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