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Europa und der Graf: Hier Recht - da Unrecht?

Die Causa Mensdorff-Pouilly wird zu einer Lehrstunde in europäischem Recht - und bringt einige verblüffende Lektionen. Kann das alles wirklich so gemeint gewesen sein, was einige Juristen und Diplomaten da einst ausgeschnapst haben?

So wenig man sich von manischer Scharfmacherei gegen jeden nichtlinken Politiker a la Peter Pilz treiben lassen soll, so unbefriedigend ist doch, wenn rund um den Rüstungs-Lobbyisten vieles im Dunklen bleiben soll. Nach allem, was man weiß, dürfte der burgenländische Graf für ein schwedisch-britisches Rüstungsimperium unterwegs gewesen sein, um den Abfangjäger "Gripen" unter die Menschheit zu bringen.

Was ja noch nicht verboten ist. Ob Mensdorff dabei über die Grenzen des Erlaubten hinausgegangen ist, ist unbewiesen, immerhin gibt es einige Indizien in diese Richtung. Nun aber wurde in Großbritannien das Verfahren gegen ihn eingestellt, aus "öffentlichem Interesse". Nun, dieses Interesse scheint wohl klar zu sein - auf britischer Seite. Es ist ja nicht gerade im britischen Interesse, wenn die Interessen britischer Konzerne zu strafrechtlichen Konsequenzen führt.

So weit so nachvollziehbar. Das überraschende für viele Europäer ist nun, dass diese Regelung auch die anderen EU-Länder (genauer: die anderen Partner des Schengen-Abkommens) als Präjudiz bindet, dass diese also wegen der britischen Einstellung auch selbst die Angelegenheit nicht verfolgen dürfen.

Das wird wohl weniger in Österreich ein Problem sein, hat doch das Land nachweislich den von Mensdorff unterstützten Gripen nicht gekauft. Es gibt auch keine seriösen Hinweise auf innerösterreichische Geldflüsse. Was übrigbleibt, könnte eine falsche Zeugenaussage vor einem Parlamentarischen Ausschuss sein. Und die wird ja neuerdings bei uns mit Diversion quasi außergerichtlich abgehandelt, sodass der Betroffene nicht vorbestraft ist. Wie der aktuelle Fall des Bänkelsängers Fendrich zeigt. Was bei diesem recht ist, muss bei Mensdorff wohl billig sein. Oder hat da eine Richterin einfach nach persönlicher Sympathie agiert, um ihrem Liebling Fendrich die Vorstrafe zu ersparen? Das wollen wir nun doch nicht annehmen.

Ganz anders wird man die Sache wohl in Tschechien sehen. Dorthin führen ja von Mensdorff mehr Indizien in Sachen Gripen. Und in der Tschechischen Republik ist der Verdacht, dass dortige Offizielle eventuell bestochen worden sind, natürlich sehr brisant, und eine Einstellung des Verfahrens keineswegs im "öffentlichen Interesse". Ganz im Gegenteil.

Da aber beginnt sich der oft beschworene einheitliche europäische Rechtsraum endgültig zu spießen. Zumindest so lange es in einzelnen Länder einem "öffentlichen" (=nationalen) Interesse erlaubt ist, sich ins Strafrecht einzumischen. Eine Rechtsfigur, die Österreich völlig unbekannt ist. Zumindest offiziell - inoffiziell könnte es sich nur über das Weisungsrecht gegenüber der Staatsanwaltschaft niederschlagen.

Europa wird uns da noch sehr viel zu erklären haben.

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