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Die Wirtschaftsforscher und die reale Welt

So wie in der Vergangenheit alle Prophezeiungen der Wirtschaftsforscher oder gar Wirtschaftspolitiker falsch waren, so wenig sollte man deren Zusicherungen für die Zukunft vertrauen. Das gilt für Österreich und noch mehr für unsere europäischen Partner. Deren Gewerbe gleicht mehr der Gesundbeterei als einer Wissenschaft.

Es ist immer wieder erstaunlich, mit welcher Inbrunst Medien und Politik an den Lippen der Wirtschaftsforscher hängen, wenn diese Prophezeiungen aussprechen. Offenbar liebt es die Politik, getäuscht zu werden – zumindest wenn die Worte der Wirtschaftsforscher Gutes verheißen. Was sie ja überwiegend tun. Wobei Schelme meinen, dass die Propheten genau wissen, womit sie sich beliebt machen.

Oder man benutzt einfach nicht die Archive. Dort kann man etwa Artikel aus dem Jahr 2007 finden, denen zufolge die Regierung Gusenbauer-Molterer unter Berufung auf die Wirtschaftsforscher angekündigt hat, dass das reale Wirtschaftswachstum bis 2010 sicher nicht unter 2,3 Prozent sinken werde. Was uns heute nur noch ein verzweifeltes Lachen kostet.

Gusenbauer und Molterer sind weg. Aber die Wirtschaftsforscher sind noch immer da. Obwohl sie ihr Geld nicht wert – oder charakterlos sind, falls sie ihre Prophezeiungen nur auf Druck der Regierung in bestimmte Richtungen eingefärbt haben sollten.

Diesen Rückblick sollten wir uns vor Augen halten, wenn wir die heutigen Ankündigungen hören. Da verkünden Faymann und Pröll im Konsens, dass das Budgetdefizit von heuer 4,7 Prozent  in drei Jahren auf 2,7 Prozent gesenkt werden wird. Sie fügen freilich die Kleinigkeit nicht hinzu, wie sie das tun wollen. Dass sie überdies mit Versprechungen in bezug auf Universitätsbudget, Schulkassengrößen, Forschungsausgaben, Filmförderung und anderes mehr noch eine Reihe von ungedeckten Schecks auf die gleichen Jahre ausgestellt haben, lassen wir dabei als ohnedies nie ernstgemeint beiseite.

Dennoch steht Österreich heute geradezu als Musterknabe da, wenn wir auf eine Reihe von Ländern blicken, mit denen wir – leider – in einer Währungsunion verbunden sind. Die Griechen fahren ein Defizit von 12,7 Prozent, Spanien von 11,4 und Portugal von 9,3 Prozent. Und das sind überall nur die Zahlen von 2009 – alle Länder werden jedoch 2010 auf Grund der verzögerten Reaktion der Steuereinnahmen auf die Konjunkturflaute noch viel schlechter dastehen, wenn nicht ein Wunder passiert.

Gleichzeitig aber verkünden uns europäische Experten treuherzig, dass diese Länder kein Risiko darstellen, weder für den Euro noch die Union.

Sie tun das, obwohl in keinem dieser Länder irgendeine ernsthafte Sparmaßnahme schon in Kraft ist. Obwohl parallel mit Bekanntwerden dieser Zahlen der Euro deutlich an Strahlkraft verloren hat. Obwohl in Griechenland schon wilde Demonstrationen gegen die Sparpläne veranstaltet werden. Obwohl in Portugal ein Parlamentsausschuss gerade gegen den Widerstand des Finanzministers provozierend höhere Subventionen für die Regionen beschlossen hat.

Dass in allen drei Ländern auch noch Linksregierungen an der Macht sind, ist auch nicht wirklich beruhigend. Erinnern wir uns doch noch zu gut, wie die Linke die Finanzminister Grasser und Molterer jedes Mal beschimpft hat, wenn diese zu einer weiteren Ausgabenidee Nein gesagt haben (was Grasser öfter tat als Molterer). Immerhin hat Irland, wo es keine Linksregierung gibt, und wo es 2009 ebenfalls einen steilen Absturz gab, durch einige kraftvolle wie schmerzhafte Maßnahmen wieder viel internationales Vertrauen zurückgewonnen. Was noch keiner Linksregierung geglückt ist.

Freilich sind auch die Rechtsparteien an den Ufern des Mittelmeers alles andere als unschuldig: In Griechenland haben sie noch vor kurzem regiert; und der erwähnte portugiesische Parlamentsbeschluss ist primär Werk der rechten Opposition.

Dass gerade diese Länder in besonderen Schwierigkeiten sind – und dass Irland wie Italien ebenfalls nicht gut dastehen -, zeigt aber noch etwas ganz anderes deutlich: Wie verderblich die jahrelange Verwöhnung durch EU-Milliarden in Wahrheit für die Leistungs- und Wirtschaftskraft eines Landes ist. Denn gerade diese Länder stellen die Spitzenreiter der langjährigen Empfängerliste von EU-Subventionen dar. Die Subventionen haben in Wahrheit den Ländern nicht geholfen, sondern sie mit einer Art wirtschaftspolitischen Hospitalismus angesteckt, bei dem man die eigene Leistungskraft rapide abbaut. So wie ein lange von Gips gestütztes Bein jede Muskelkraft verliert.

Da sollte man eigentlich fast froh sein, wenn man Nettozahler ist. Was ganz ironiefrei gemeint ist.

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