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Erwin ist klug und will nicht

Die Nation wird also ohne Erwin Pröll in der Hofburg auskommen müssen. Dies schon allein deshalb, weil er dort nie hineingekommen wäre. Ein amtierender Bundespräsident wird hierzulande einfach nicht abgewählt. Wahrscheinlich nicht einmal, wenn er goldene Löffel aus dem alten k. und k. Hofservice entwendet hätte. Dazu wird der Bundespräsident schon seines Amtssitzes wegen viel zu sehr mit dem guten alten Kaiser verwechselt.

Erwin Pröll ist daher viel zu klug, um seine Karriere mit einer solchen Niederlage beenden zu wollen – auch wenn es nett war, ein paar Monate mit Hilfe der Kronenzeitung als Staatsoberhaupt gehandelt zu werden. Die beiden Prölls sind auch viel zu intelligent, als dass sie nicht sehr bald begriffen hätten, dass der Kampf um den Bundeskanzler viel wichtiger ist und dass wir nicht Polen sind, wo man es hinnimmt, dass Staats- und Regierungschef innerhalb einer Familie besetzt werden. Und dass Erwin P. schon gar keine Chance hat, wenn (angebliche) Parteifreunde wie Christoph Leitl offen mit der Gegenseite packeln.

Wer auch immer noch als „unabhängiger Bürgerlicher“ den Kampf aufzunehmen bereit ist: Er wird wohl nur die Tapferkeitsmedaille erringen; und er dürfte primär als Versuchsobjekt zur Beantwortung der Frage in die Geschichte eingehen, ob es noch irgendeine gemeinsame Perspektive für die zweieinhalb Parteien rechts der Mitte gibt (wobei wir einmal die von einigen Kommentatoren mit guten Argumenten angeschnittene Frage beiseite lassen, was eigentlich rechts ist).

Lassen wir nun auch die Frage nach den Chancen beiseite und fragen nur: Was wäre eigentlich besser für Österreich? Heinz Fischer oder Erwin Pröll?

Der Niederösterreicher erregt außerhalb seines Bundeslandes etliches Misstrauen, weil er von den Medien bis zur Beamtenschaft einen strammen und keinen Widerspruch duldenden Durchgriff organisiert hat, der alles andere als liberal ist. Ein Durchgriff, der in seiner Härte nur noch von dem übertroffen wird, was sich an strammer Kaderpolitik und Medienkorrumpierung in Wien abspielt (und was in letzter Zeit auch zunehmend von der roten Hälfte der Bundesregierung imitiert wird). Wer etwa für den Semmering-Tunnel war, war für Pröll schon a priori ein persönlicher Erbfeind.

Er ist auch deshalb nicht gerade die Idealperson für das von den Österreichern erwartete Rollenbild eines Staatsoberhaupts, weil er allzu leicht zu cholerischen Ausbrüchen neigt. Die er auch nicht durch seinen gleichzeitigen Hang zu lautem, schulter- und schenkelklopfendem Lachen vergessen machen kann. Zu den wirklichen grundsätzlichen Problemen der Republik hat Pröll meistens geschwiegen.

Heinz Fischer dagegen ist seit vielen Jahren der Inbegriff der Selbstkontrolle. Sein letzter bekannter Ausbruch liegt ein Vierteljahrhundert zurück. Er tritt bürgerlich wie ein jahrhundertealter Hofrat auf. Er ist immer freundlich. Und fast immer nichtssagend. Das Nichtssagende sagt er aber mit sehr intelligent klingenden und wohlgedrechselten Sätzen. Er scheint auch Menschen mit anderen Ansichten zu ertragen. Und hat sich sogar – obwohl areligiös – ans konservativ-katholische Lager geradezu herangeschmiegt.

Freilich: Er kommt nicht aus dem Herzen der Sozialdemokratie, wie Josef Pröll glaubt, sondern von ganz wo anders: von deren linkem Rand. Und das ist auch das größte Minus an Fischer. Er hat die österreichische Außenpolitik jahrzehntelang mit einer signifikant antiwestlichen Schlagseite zu beeinflussen versucht (mit etlichem Erfolg). Er hat ständig, auch als Präsident, die sozialdemokratische Wohlfahrtslizitation zur Bekämpfung der angeblich so großen Armut unterstützt, er ist aber praktisch nie auf die wahren Probleme des Landes eingegangen: auf die rapid anwachsende Überschuldung, auf die sich im Expresstempo nähernde demographische Katastrophe, auf die wachsenden Sorgen der Bürger angesichts der steigenden Kriminalität, oder auf deren Entfremdungsängste ob einer viele Jahre nicht gebremsten Zuwanderung.

Freilich könnte man sagen: Bundespräsidenten mögen dieses oder jenes predigen, mit oder ohne Christoph Leitl auf teure Staatsbesuche fahren, die Gesetze werden anderswo gemacht. Daher haben wir zweifellos wichtigere Fragen als die Präsidentenwahl, auch wenn diese mit großer Begeisterung debattiert werden, weil es eben kein sonderliches Wissen braucht, um zu einer Meinung zu kommen, solange es um bloße Personaldebatten geht.

Ein Blick auf den deutschen Präsidenten Horst Köhler zeigt freilich, dass man in diesem Amt sehr wohl auch positiven Einfluss nehmen kann. Mit Maßen, aber eben doch.

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