Radikaler politischer Islam ist eine Bedrohung für ganz Europa

IS-Terroristen, Dschihadisten, Salafisten und Muslimbrüder stellen eine ernste Gefahr für ganz Europa dar. Als Insider, Betroffener, Augenzeuge und Islam-Reformer fasse ich grundlegende Punkte über den radikalen und politisch organisierten Islam als Bedrohung für ganz Europa zusammen.

Gleichzeitig möchte ich die Friedfertigkeit der meisten Muslime in Europa betonen, die mit diesen Angelegenheiten nichts zu tun haben wollen und von Gruppierungen wie IS als Muschrikun und Munafiqun (Beigeseller und Heuchler) angesehen werden, denen abgesprochen wird, Muslime zu sein.

Es fehlt aber jedes Verständnis, warum viele Politiker und Medien dubiose Organisationen aus dem Spektrum des radikalen Islamismus und gewaltsamen Dschihadismus ideell und materiell unterstützen. Diese implizite Unterstützung führt in ganz Europa zu einer ansteigenden abstrakten Gefährdungslage, die im Bereich des gewaltsamen Dschihadismus jederzeit in eine konkrete Gefährdungslage durch erfolgreich ausgeübte Attentate umschlagen kann.

Die islamischen – vor allem die arabischen – Länder werden von extremistischen Organisationen des politischen Islam seit Jahren mit Gewalt und Terror überzogen, was bisher zu hunderttausenden Toten geführt hat. Das verdeutlichten die aktuellen Anschläge im Irak, in Kuwait, Nigeria und Ägypten während des Ramadan, die sich gegen Muslime der eigenen und anderer Glaubensausprägungen richteten. Auch waren bisher nach verschiedenen Schätzungen in den letzten 20 Jahren ca. 85-90 Prozent der Opfer von Anschlägen durch Al Kaida-Gruppierungen Muslime. Der Terror von Al Kaida und IS richtet sich primär gegen Muslime und sollte nicht als ein Kampf der Kulturen zwischen Islam und Christentum interpretiert werden. Das würde den islamischen Extremisten in die Hände spielen, die die Gesellschaft entlang ethnisch-religiöser Bruchlinien gezielt spalten wollen.

Die Initiative Liberaler Muslime Österreich (ILMÖ) hat seit ihrer Gründung am 2. Februar 2000, also schon vor dem 11. September 2001, immer vor terroristischen Anschlägen gegen die USA und gegen Europa gewarnt. Diese Warnungen wurden nicht ernst genommen, bis sich erfolgreiche Anschläge in Madrid, London, Frankfurt/Main, Brüssel, Paris und Kopenhagen ereigneten.

Unsere letzte Warnung war nach der Eskalation des innerislamischen Religionskrieges in Syrien/Irak, dass dschihadistische Kämpfer als angebliche Flüchtlinge über Nordafrika nach Europa in den Schengen-Raum gelangen. Dabei verdienen auch Gruppierungen von Al Kaida im Islamischen Maghreb und IS-nahe Gruppen am illegalen Migranten-Schmuggel mit.

Die Türkei lässt zu, dass Terroristen innerhalb stetig ansteigender Flüchtlingsströme nach Europa gelangen können. Politiker und Medien wollten auch diese Warnungen nicht hören, obwohl es jetzt in ganz Europa zu immer mehr Verhaftungen solcher Terroristen kommt. Diese nützen die islamische Religion und die religiösen Gefühle von Muslimen in allen europäischen Staaten aus, um für ihre Ziele zu werben, neue ausländische Kämpfer für den IS und die an-Nusrah-Front in Syrien/Irak zu rekrutieren und um letzten Endes selbst Anschläge in Europa auszuüben.

Die Rolle der radikal-islamischen Organisationen und ihrer Moscheen in Europa

Die Muslimbruderschaft (al-Ichwan al-Muslimun) wurde im März 1928 in Ägypten gegründet. Sie gilt als Mutterorganisation des neuzeitlichen Islamismus und bezeichnet sich selbst als Salafi-Reformer. Sie baute nach der Niederschlagung ihrer Aufstände in Ägypten durch Gamal Abdel Nasser und in Syrien durch Hafiz al-Assad mit ihren Anhängern seit Anfang der 60er Jahre (und mit einer großen Welle Anfang der 90er Jahre) in Europa bedeutende Netzwerke auf. Diese wurden durch Verflechtungen mit politischen Parteien salonfähig und betreiben heute insbesondere auf der Ebene des EU-Parlamentes in Brüssel erfolgreich Lobbyarbeit.

Hunderte der Muslimbruderschaft nahestehende Moscheen und Kulturvereine überziehen in Verbindung mit türkischen Vereinen – wie Millî Görü?-Gruppierungen und ATIB in Österreich – ganz Europa. Sie verbreiten durch Infiltration sozialer Netzwerke und Kontrolle über Moscheen ihre Religionsauslegung. Diese ist durch die Verbindung des jeder Religion immanenten religiös begründeten Wahrheitsanspruches mit einem weltlichen Dominanzstreben gekennzeichnet. Im Rahmen der durch die freiheitliche und wertepluralistisch verfasste Ordnung Österreichs gewährten allgemeinen Freiheitsrechte sollen politische Forderungen durchgesetzt werden.

Ziel ist die Errichtung einer auf dem gesamten Gesetz (Schariah) basierenden Nomokratie, wo Nichtmuslime nur noch als sozial-rechtlich mindere Dhimmis (Schutzbefohlene) leben könnten. Und wo ein archaisches Geschlechterverhältnis gelten würde, welches Gleichheit nur in der Religion vor Allah, aber nicht im Alltagsleben vorsieht, da der Mann den öffentlichen Raum dominieren soll, während die Frau in den privaten familiären Bereich verwiesen wird.

Im islamischen Religionsunterricht in Österreich werden aufgrund fehlender Kontrolle der gelehrten Inhalte und des Hintergrundes der Lehrkräfte teilweise die Ziele des politischen Islam gelehrt. In Einzelfällen ist durch islamische Religionslehrer zu Hass auf Juden und Christen aufgerufen worden. Ebenso wurde über Jahre die Verhaltensanordnung „Erlaubtes und Verbotenes im Islam“ des auch in Europa einflussreichen islamistischen Religionsgelehrten Yusuf al-Qaradawi (geb. 1926) im islamischen Religionsunterricht in Österreich benutzt. Jedoch sind die dortigen Ausführungen in nicht wenigen Punkten gegen die geltende Werteordnung gerichtet und vergiften gezielt das friedliche Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlicher religiöser Orientierung. Finanziert wurde und wird dies von den österreichischen Steuerzahlern.

Das gesellschaftliche Weltbild solcher Organisationen

Weit verbreitet sind eine gesellschaftliche und politische Radikalisierung, Ablehnung des säkularisierten Staates mit Trennung von religiöser und politischen Sphäre, ein mangelndes Demokratieverständnis, sowie die Ambition, die Religion politisch zu instrumentalisieren. Dabei wird eine Schariatisierung der Gesellschaft von unten angestrebt. Es sollen vor allem junge Menschen mit religiösen Heilsversprechungen für den radikalen Islam gewonnen werden.

Dies geschieht in allen europäischen Staaten. Es gibt aber neben Brüssel besondere Hot Spots wie Paris, London und Wien. Wien hat sich zu einem der bedeutendsten Zentrum für Islamisten und gewaltsame Dschihadisten aller Couleurs entwickelt.

Nach Einschätzung des Counterterrorism-Beraters Dr. Thomas Tartsch zeigt sich diese hervorgehobene Funktion des islamistischen Hot Spots Wien gerade im Bereich des radikalen und militanten Salafismus. Seit Ende 2010 ist eine verstärkte Vernetzung zwischen österreichischen und deutschen Salafisten aus diesem Spektrum im Stadtgebiet zu konstatieren. Dadurch wurde der Grundstein für die heutige Gefährdungslage gelegt. Österreich hat im europäischen Vergleich einen hohen Anteil an Foreign Fightern aus dem militant-salafistischen Milieu im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung: Auf eine Million Einwohner kommen rund 17 Foreign Fighter.

Nicht ohne Grund sind heute mit dem vorbestraften Wiener Dschihadisten Mohamed Mahmoud (Abu Usama al-Gharib) und dem derzeit wirkmächtigsten deutschen Anashiid-Interpreten im Internet Denis Mamadou Gerhard Cuspert (Abu Usama al-Gharib), zwei sich seit Jahren bekennende Dschihadisten Führungspersonen des IS. Sie waren und in Deutschland innerhalb der verbotenen Gruppierung Millatu Ibrahim aktiv gewesen. Cuspert bekleidet inzwischen die Funktion eines Kommandeurs der rund 4000 IS-Kämpfer der „Army of Aleppo“. Die beiden finden in Österreich und Deutschland eine wachsende Anhängerschaft unter jungen Muslimen und Konvertiten, die bereit sind, als Foreign Fighter in den gewaltsamen Dschihad nach Syrien/Irak auszuwandern. So wie rund 25.000 sunnitische und schiitische Foreign Fighter, die dort kämpfen oder in ihre Heimatländer zurückgekehrt sind.

Für Tartsch multipliziert sich die Gefährdungslage für Österreich ebenso durch ein extremistisches Gewaltpotential von Anhängern des Al-Kaida-nahen Islamischen Kaukasus-Emirates innerhalb der tschetschenischen Community im Land und durch die geographische Nähe zum Balkan. Saudi-Arabien hat dort nach dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien seine als Wahabbiya Islam bekannte Islamauslegung massiv verbreitet. Diese ist neben Purismus und Literalismus insbesondere durch ihre extreme Gewaltaffinität gegenüber anderen Muslimen und Nichtmuslimen gekennzeichnet. Al-Kaida und IS nutzen das Gebiet, um neben Rekrutierungsaktivitäten unter jungen Muslimen auch Kämpfer nach Europa zu schleusen. Wien stellt einen Knotenpunkt der IS und Al-Kaida-Achse Syrien/Irak-Balkan-Österreich-Deutschland dar.

Daher rechnet Tartsch für Österreich in Zukunft mit erfolgreichen Anschlägen auf Soft Targets auf dem Niveau des Low Terrorism durch Einzeltäter sowie Kleinst- und Kleingruppen. Diese agieren individuell und ohne direkte Kontakte zu dschihadistischen Netzwerken. Internetmagazine wie „Inspire“ von Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel und „Dabiq“ von IS rufen dazu schon seit Jahren auf.

Es muss daher um die weitestgehende Verhinderung solcher Anschläge und das Containment von erfolgreicher Rekrutierung und Radikalisierung potentieller Anhänger gehen, die bereit wären, in Österreich Anschläge auszuüben oder als Foreign Fighter ins IS-Kalifat oder zu Al-Kaida-Gruppierungen auszuwandern.

Langfristig muss es primär darum gehen, die Etablierung engmaschiger Netzwerke mit entsprechenden Kapazitäten und Ressourcen in Österreich zu verhindern, die Anschläge auf dem Niveau des großen Terrorismus ausüben könnten.

Gleichzeitig plädiert Tartsch in Weiterführung der Empfehlungen seiner Lehrer Prof. Edwin Bakker (Universität Leiden, ICCT-The Hague, NATO Defence College) und Prof. Daniel Byman (Georgetown University) für einen ganzheitlichen politisch-gesellschaftlichen Ansatz, der weiche und harte Maßnahmen vereint. Die politisch Verantwortlichen sollten schon jetzt die Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung nach einem erfolgten Anschlag stärken.

Ohne übertriebenen Alarmismus, aber auch ohne die oftmals zu erlebende Konfliktscheu und Naivität, ist ein angemessener und unaufgeregter Umgang mit der Gefährdungslage notwendig. Denn solche Anschläge können die geltende Staats- und Werteordnung nicht in ihren Grundfesten erschüttern, zumindest wenn man das nicht zulässt.

Österreich ist ein kleines Land, deshalb lassen sich Arbeitsweise und Strukturen radikal islamischer Organisationen sehr augenscheinlich erklären.

Hauptschuld trägt die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ), in deren Vorstand Muslimbrüder, Millî Görü?, ATIB und andere Extremisten sitzen. Das verhindert eine Integration von Muslimen in Österreich. Ebenso existieren in Österreich Lobbyorganisationen der in der Türkei regierenden islamistischen AKP. Diese sollen gezielt unter den in Österreich lebenden türkischstämmigen Sunniten die monogame Loyalität gegenüber dem türkischen Staat erhalten und vertiefen. Dabei wird ein Religionsverständnis verbreitet, welches aus einer Mischung von Religion, kemalistischem Nationalismus und Neo-Osmanismus besteht. Damit gewinnen die Parameter ethnische Herkunft und religiöse Orientierung wieder an Bedeutung zur Gemeinschaftsbildung innerhalb der Gesamtgesellschaft. Das wird die jetzt schon bestehenden Spaltungstendenzen innerhalb der Gesellschaft weiter verstärken.

Es muss eine Kursänderung In ganz Europa geben. Österreich ist nur ein Beispiel. Die Politik in ganz Europa braucht endlich ehrliche Beratung von liberalen Muslimen und nicht von den Radikalen, die hier leider mit Hilfe der Politiker immer salonfähiger werden.

Das kleine Österreich als Islamismus-Großmacht in Europa

In Österreich wurden bereits mehrmals Imam-Konferenzen abgehalten: Mit 60 Prozent EU-Finanzierung, 20 Prozent vom österreichischen Außenministerium und 20 Prozent vom saudi-arabischen Generaldirektor Abdulaziz Othman Altwaijri von ISESCO (Islamic Educational, Scientific and Cultural Organization).

Wir deckten damals auf, dass aus ganz Europa bis hin nach Sibirien Imame nach Wien kommen, die auf einer in Kooperation zwischen Saudis und Muslimbrüdern erstellten Einladungsliste stehen. Nach Jahren unserer Kritik wurde dieser Versuch gestoppt.

Im Juni 2015 spielte das offizielle Österreich wieder Großmacht in einer Konferenz mit dem Titel „Islam europäischer Prägung“. Und wieder waren mehrheitlich Muslimbrüder eingeladen, was die Initiative Liberaler Muslime Österreich veranlasst hat, diese Veranstaltung unter Protest zu boykottieren.

Vorbeugender Terroralarm erforderlich

Die blutige Terrororganisation „Islamischer Staat“ hat Pläne, auch den Westen anzugreifen. Nach ihren deutlichen Erfolgen im Nahen Osten hat sie nun durch schlafende Zellen viele Anhänger im Westen gewonnen. Diese glauben, wenn sie während des Ramadan als Märtyrer sterben, direkt und ohne Wenn und Aber ins Paradies zu gelangen. Sie glauben, dass sie dort die höchste Stufe einnehmen und ein ewiges Leben mit den Paradiesjungfrauen führen werden, da sie als „Zeugen“ (im Sinne von Märtyrern, die sich im Kampf auf dem Weg Allahs als Selbstmordattentäter opfern oder getötet werden) den höchsten Rang im Diesseits und Jenseits als „gläubige Muslime“ erhalten werden.

So wird es Ihnen von radikalen und extremistischen Predigern und angeblichen Ulama (Gelehrten) eingeredet, die in der Regel selbst keine vertiefenden theologischen Kenntnisde besitzen.

IS-Anhänger in Europa sind oftmals erst hier durch extremistische Predigten in Moscheen radikalisiert und zur Ausübung des gewaltsamen Dschihad aufgerufen worden. Dabei ist neben einem quantitativ hohen Anteil von Konvertiten auch eine zunehmende Feminisierung des IS Anhängerpotentials zu verzeichnen, die nach Syrien/Irak auswandern, um dort einen Assad (Löwen) zu heiraten. So die Selbstbezeichnung der IS und Al-Kaida-Kämpfer.

Von uns allen wird, ohne Angst machen zu wollen, angemessene Alarmbereitschaft, Vorsicht und Wachsamkeit verlangt, um unsere Sicherheit zu schützen und den Frieden zu bewahren.

Amer Albayati - Präsident Initiative Liberaler Muslime Österreich – ILMÖ
Email: info@initiativeliberalermuslime.org

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