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Reaktorunfälle, Endlagerung und die Zukunft

Die friedliche Nutzung der Kernkraft begann vor mehr als 68 Jahren: 1954 startete der Prototyp eines graphitmoderierten 6MW-Reaktors in Obninsk in Russland. Dieser wurde 2002 nach 48 Betriebsjahren abgeschaltet. Wurde Kernkraft in den 50er-Jahren als neue unerschöpfliche Energiequelle begrüßt, begannen in den 70er-Jahren Demonstrationen gegen Kernkraft. Diese wurden tatkräftig durch die Medien unterstützt und führten dazu, dass viele Länder ihre Kernkraftambitionen aufgaben.

Höhepunkte erreichte die Anti-Atomkraftbewegung nach der teilweisen Schmelze der Kernbrennstäbe im 3-Mile-Island-Kraftwerk in Harrisburg, durch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl und das Fukushima-Unglück, nach dem Deutschland beschloss, alle Kernkraftwerke 2022 stillzulegen.

Auch in Österreich regte sich die Bewegung. Vor allem die Partei der Grünen kämpfte gegen Kernenergie, obwohl mittlerweile weltweit eine Renaissance der Kernenergie sichtbar ist. So führte auch Frau Gewessler, Bachelor in Politikwissenschaft und Leiterin des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, im Namen Österreichs – ziemlich allein – immer wieder Prozesse gegen Kernkraftbetreiber und Staaten, die Kernreaktoren betreiben, um diese durch gerichtliche Beschlüsse zur Aufgabe zu zwingen. Jedoch wurde Gewessler sowohl im Prozess gegen Hinkley Point (England) wie nun auch gegen das Kraftwerk von Paks (Ungarn) eine Abfuhr erteilt. Eine weitere Klage gegen die EU und Taxonomie ist in Vorbereitung.

Man kann sich des Eindrucks nicht verschließen, dass ihre Bemühungen die Definition Albert Einsteins von Wahnsinn bestätigt, "immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten". Nichtsdestotrotz erhält sie kräftige Unterstützung von ahnungslosen Krakeelern und Ökoterroristen in österreichischen Medien, die Experten der Geschichte und Musik, sowie der Sozialwissenschaft, nur leider nicht der Wirtschaft sind.

Gegenwärtig werden vor allem Reaktorunfälle in Kernkraftwerken und das immer wieder postulierte ungelöste Problem der Endlagerung als Argumente genannt. Ersteres wird aufgeblasen, da nicht alle Probleme in Kernkraftwerken den Reaktor betreffen, aber das wurde in den Überschriften geflissentlich vermieden. So wurden Schäden an nachgeschalteten Turbinen oder Transformatoren als Schäden des Reaktorsystems dargestellt. Wichtig ist es, den Berichten über Kernenergie ein negatives Image zu verpassen. An Unfällen, die tatsächlich Menschenleben forderten und/oder große Gebiete auf lange Sicht unbewohnbar machten, gab es nur zwei.

Würde man ebenso viel Aufmerksamkeit Unfällen in Wasserkraftwerken widmen, wo jährlich seit 1900 sechshundert Menschen das Leben verloren haben, so wäre das gerecht. Doch Vajont, in Italien, wo 2000 Menschen zu Tode kamen, verschwand beispielsweise nach wenigen Wochen aus den Medien und ward vergessen.

Doch zurück zu den Kernkraftwerken: An erster Stelle ist hier die Serie der graphitmoderierten russischen MBRK-Reaktoren zu nennen. Diese konnten zwar in kurzer Zeit gebaut werden und waren auch billig zu bauen, aber schwierig zu betreiben. Auch waren die Sicherheitssysteme im Gegensatz zu Reaktoren, die im Westen zum Einsatz kamen, unzureichend.

Doch war dies nicht die Ursache der Tschernobyl-Katastrophe, die unmittelbar 41 Menschen das Leben kostete und für bis zu 4000 lebensgefährliche Folgen haben könnte. Der Unfall wurde verursacht durch menschliches Fehlverhalten – durch Durchführung eines nicht genehmigten Tests – der zum Super-GAU führte.

Der Wissenschaftliche Ausschuss der Vereinten Nationen zur Untersuchung der Auswirkungen atomarer Strahlung (UNSCEAR) hat weniger als 60 unmittelbare Tote durch Trauma, Akute Strahlenkrankheit und Schilddrüsenkrebs aus einer Gruppe von 4000 Schilddrüsenkrebsfällen ermittelt. Eine Reihe von NGOs glaubt, dass die Ziffern weit höher sind, geben aber dafür keine wissenschaftlichen Untersuchungen an, die ihre genannten Werte unterstützen.

Außerdem hatte der Unfall zur Folge, dass 6400 Quadratkilometer auf viele Jahre, ja möglicherweise für immer, unbewohnbar wurden.

Anders Fukushima, wo die Kernschmelze durch eine Naturkatastrophe, einen Tsunami mit 16 Meter Flutwellenhöhe ausgelöst wurde, der das nicht abgesicherte Notstromaggregat überschwemmte und damit die Stromversorgung für die Pumpen des Kühlsystems unterbrach, das zur Brennstabschmelze und Zerstörung der Anlage führte. Auf die Gefahren war aufmerksam gemacht worden. Leider sind die Vorschläge nicht berücksichtigt worden.

Todesfälle wurden durch den Unfall nicht verursacht, jedoch viele Quadratkilometer Land durch den Ausfall der Radionuklide verseucht. Die Gegend im Umkreis von 20 km wurde evakuiert. Nur langsam kommen Menschen in diese Gebiete wieder zurück. Dieser Unfall führte zur Abschaltung aller 54 Reaktoren in Japan, jedoch wurde für 33 eine Wiederinbetriebnahme in Betracht gezogen. Bisher produzieren 10 davon wieder Strom. Außerdem beschloss die Regierung, neue Reaktoren zu bauen, obwohl der Bau von PV-Anlagen und besonders Windkraftwerken beschleunigt werden soll. Zusätzlich sollen Betriebsgenehmigungen der bestehenden Flotte auf 60 Jahre ausgedehnt werden.

Von Bedeutung ist auch, dass sich trotz des Reaktorunfalls in Fukushima erstmals seit 2011 wieder eine Mehrheit der Japaner aus klimapolitischen Überlegungen für die Kernenergie ausspricht.

Das immer wieder genannte Problem der Endlagerung wurde im Wesentlichen durch die Proteste gegen Castor-transporte nach Gorleben, wo sie endgelagert werden sollten, von Kernkraftgegnern und von der deutschen Presse an die Vorderfront gebracht wurden. Die Idee "Atommüll" in Salzstöcken zu lagern, ist natürlich attraktiv, da Salz plastisch ist, wie im österreichischen Haselgebirge unserer Salzlagerstätten genügend bewiesen wurde, und in wenigen 1000 Jahren den Atommüll völlig einkapseln würde.

Allerdings enthalten die Abbrände noch beträchtliches, spaltbares Material, das in neueren Reaktoren gebraucht werden kann. Daher ist die Idee aus diesen und anderen Gründen nicht so gut. Besser ist es, wie Finnland die Endlagerung handhabt: Die Abbrände werden in geologischen Formationen, denen selbst eine herbeigeschriebene neue Eiszeit nichts anhaben kann, end- oder (meiner Meinung) zwischengelagert. Das ist z. B. Granit, der auch in Deutschland und in Österreich genügend (etwa in der Böhmischen Masse) vorhanden ist.

In den 50er-Jahren wurden Überlegungen über die Existenz von möglichen Naturreaktoren angestellt. 1956 wurden von Paul Kuroda die notwendigen Umweltverhältnisse definiert, die zu einem natürlichen Reaktor führen können. 1972 wurden zum ersten und einzigem Male Naturreaktoren in Westafrika (Oklo, Gabun) entdeckt. Bestätigt wurde dies von französischen Forschern, die bei Proben im gelieferten Uran aus Oklo feststellten, dass der Gehalt an U235 nicht dem Standard von 0,72 Prozent entsprach. Das Uranerz aus Oklo enthielt den anomalen Gehalt von nur 0.717 des spaltbaren U-Isotops 235.

In Oklo und Umgebung existierten vor mehr als 2 Milliarden Jahren 17 Naturreaktoren, die im on/off Betrieb etwa 1 Million Jahre reagierten. Sie produzierten, genauso wie die gegenwärtigen Reaktoren Spaltprodukte, die in den Reaktoren und näheren Umgebung verblieben, ein Beweis dafür, dass hochgefährlicher Reaktormüll in geologischen Bereichen sicher über Milliarden Jahre gelagert werden kann (Scientific American).

Die Erkenntnisse aus dieser wichtigen Entdeckung, dass radioaktive Spaltprodukte über zwei Milliarden Jahre sicher in geeignetem Terrain aufbewahrt werden können, wurde in der Diskussion um Endlagerung weitgehend vermieden und von Gegnern der Kernkraft verschwiegen.

Neuere Entwicklungen

Schon in den 60er-Jahren wurde an anderen Systemen, neben den üblichen, jetzt noch in Betrieb befindlichen Reaktoren geforscht.

Kugelhaufen- und  Flüssigsalzreaktoren waren zwei davon, die nun in Betracht gezogen werden und die den Vorteil haben, dass ein Super-GAU ausgeschlossen ist. Außerdem wird an den Bau von Minireaktoren gedacht. Die Forschung ist weitgehend fortgeschritten.

Der erste Kugelhaufenreaktor THTR-300 war ein heliumgekühlter Hochtemperaturreaktor in nordrheinwestfälischen Hamm mit einer elektrischen Leistung von 300 MW. Der Betrieb startete 1987, er wurde 1989 nach nur 423 Tagen Betrieb aus technischen und wirtschaftlichen Überlegungen stillgelegt. Damit wurde auch die weitere HTR-Kernforschung in Jülich beeinträchtigt und 2014 stillgelegt. Das Knowhow wurde nach Südafrika und China transferiert. Doch scheint auch China mit der Technologie Probleme zu haben.

Bereits in den 50er-Jahren wurde das Prinzip des Flüssigsalzreaktors im Oak-Ridge National Laboratory in den USA entwickelt. Weitere Entwicklungen im System der "double fluid reactors" fand in Deutschland statt. Korrosionsprobleme und Probleme mit gasförmigem Tritium bremsten die weitere Entwicklung im Westen.

China ist es offenbar gelungen, die Probleme zu lösen und hat den ersten Prototyp kommerziell genützten Flüssigsalzreaktor entwickelt. Als Brennstoff wird Thorium verwendet, das als Nebenprodukt bei der Produktion der Seltenen Erdmetalle anfällt.

Der Flüssigsalzreaktor ist insofern bemerkenswert, als er kein Wasser zur Kühlung braucht. Nach "Edison Media" wurde der erste dieser Reaktoren, der am Shanghai Institute of Applied Physics (SINAP) entwickelt wurde, am Rande der Wüste Gobi gebaut. Die Technologie soll China um 2050 klimaneutral machen und die Welt mit großen Mengen Strom versorgen. Und zwar ohne jegliches Sicherheitsrisiko – und deutlich preisgünstiger als die gegenwärtig am meisten eingesetzten Druck- oder Siedewasserreaktoren (SWR).

Ein weiterer Vorteil ist seine Größe. Er ist so klein, dass er auf einen Lkw passt, also in Fabriken im Baukasten-Stil vormontiert werden kann. Er produziert nur wenig Atommüll, und er kann obendrein nicht katastrophal versagen.

China denkt daran, den Flüssigsalzreaktor auf Thorium-Basis ab 2030 kommerziell zu vertreiben.

Auch Japan plant zusammen mit den USA den Bau eines Flüssigsalzreaktors.

Auch Forscher in Graz arbeiten an einem Thorium-Reaktor, der ebenfalls um 2030 in Produktion gehen könnte. Das ist besonders bemerkenswert, da ja der Betrieb von Kernreaktoren per Verfassung vom im Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich untersagt ist. Ob als nächstes auch die Forschung untersagt wird? Wer weiß. Wenn man der grünen Ideologie gehorcht, ist dieser Gedanke nicht absurd. Vielleicht wiederholt sich die Geschichte der Photovoltaik und wir kaufen einmal Reaktoren aus China.

An der Entwicklung von Small nuclear power reactors (SMR) wird gegenwärtig besonders in den USA und Kanada gearbeitet. SMR sind Reaktoren mit einer Leistung bis zu 300 MW. Sie haben den Vorteil, in Fabriken gebaut zu werden und mittels Lastwagen an den Ort des zukünftigen Betriebes gebracht werden zu können. Außerdem kann so ihre Leistung den jeweiligen Bedürfnissen angepasst und an Orten fern jeder Stromnetzverbindung installiert werden.

Eine Reihe von Firmen, an denen sich u.a. auch Microsoft-Gründer Bill Gates beteiligt, sind in der Entwicklung tätig und haben zumindest ein genehmigtes System entworfen. Dazu zählt auch das Th-Reaktorsystem, an dem derzeit in Graz gearbeitet wird. Diese Kleinreaktoren versprechen CO2-freien Strom, wie auch die Großreaktoren, zu liefern und die Gefahr eines GAUs sei nicht vorhanden.

Auch am Endlagerproblem wird geforscht, um Prozesse zu entwickeln, die Spaltprodukte mit sehr langen Halbwertszeiten wie Plutonium-239, Neptunium, Americium und Curium, die in den Brennstäben verbleiben, in kurzlebende Nuklide umzuwandeln. Hier wird die Idee der Transmutation in eigens dafür gebauten Anlagen oder in Schnellen Brütern verfolgt. Jedoch würde damit nur das Volumen des hochradioaktiven Abfalls reduziert, nicht aber das Endlagerproblem gelöst. Gelöst werden könnte es, würde man die Erkenntnisse aus Oklo als Lösungsansatz verfolgen. Zusätzlich muss jedoch ein weitaus größeres Volumen schwach- und mittel-radioaktiven Mülls aus Medizin und Technik endgelagert werden.

Fazit: Trotz misslicher Erfahrungen sind sich immer mehr Staaten und die überwiegende Anzahl der Wirtschaftsexperten einig: Wir brauchen Atomkraft, um unseren Lebensstandard zu erhalten. Alleine durch grüne Energie ist das nicht möglich, ohne sich wiederum von fraglichen Administrationen bei gegebener weltpolitischer Lage erpressen zu lassen. Daher ist die Forschung und Entwicklung der gesamten Kette der Kernkraft weiter zu unterstützen.

Abschließend sei Bertrand Russel zitiert: "Men are born ignorant but not stupid. They are made stupid by education." Dazu tragen leider auch viele Medien bei.

 

Dr. Gerhard Kirchner ist Bergingenieur und liebt die Umwelt.

 

 

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