Afrika: Der Fisch stinkt vom Kopf

Afrika leidet nach wie vor an den Folgen des Kolonialismus! Der Kontinent wird von den Weißen ausgebeutet. Die Weißen sind schuld am Elend der Schwarzen. Der Westen leistet nicht genug Entwicklungshilfe. Zeit für einen "Marshallplan" für Afrika! So klingen jene Stereotype, die sozialromantisch veranlagte Naturen verbreiten, die wegen unentwegt zelebrierter Selbstbezichtigungsrituale keinen klaren Gedanken mehr fassen können. Eines ist all diesen Lamenti gemein: Sie haben mit der Realität nichts zu tun.

Wenn Afrika, besonders der südlich der Sahara gelegene Teil davon, rund 60 Jahren nach dem Ende der Kolonialzeit noch immer das Armenhaus der Welt ist, dann braucht man die Schuld dafür nicht außerhalb der Grenzen des Kontinents zu suchen. Das Elend ist nämlich hausgemacht. Nicht, dass es an natürlichen Ressourcen mangeln würde. Nicht, dass es nicht genügend Menschen gibt, die arbeitswillig sind und unermüdlich ums tägliche Überleben kämpfen. Es stimmt auch nicht, dass es den Schwarzen an Intelligenz mangelt.

Die Ursache für das Verharren in Armut, Unwissenheit und Elend bilden vielmehr die beispiellose Vetternwirtschaft der herrschenden Eliten und die (von wenigen Ausnahmen, wie etwa Rwanda und Botswana abgesehen) flächendeckende Korruption der Beamtenschaft. Dazu kommt, dass Loyalitäten der Familie und dem Stamm gelten, nicht aber staatlichen Strukturen und unbekannten Landsleuten. Wer an die Macht kommt, verhält sich entsprechend – auf Kosten aller anderen.

Das zeigt die Analyse eines Afrika-Experten, der weit länger in Afrika gearbeitet hat als die meisten an den hiesigen Unis lehrenden "Experten".

Afrikanische Potentaten finden nichts dabei, Millionenbeträge außer Landes zu schaffen und rund um den Globus Luxusimmobilen zu erwerben, während ihre Landsleute hungern. Gereist wird prinzipiell nur erste Klasse. Weniger als eine Mercedes-S-Klasse kommt für sie nicht in Frage, während ihre Untertanen bestenfalls auf Eseln reiten. Den eigenen Nachwuchs schicken sie auf Eliteschulen im Westen, während viele übrige Kinder Analphabeten bleiben. Nirgendwo auf der Welt ist die Distanz zwischen Herrschern und Beherrschten größer als in Afrika.

Zwar handelt es sich bei den meisten Staaten des Kontinents der Papierform nach um parlamentarische Demokratien, doch in der Realität sind es Feudalstaaten, in denen sich die (nicht selten auf Lebenszeit) gewählten Präsidenten und deren Entouragen hemmungslos auf Kosten ihrer Untertanen bereichern. Der längst beendete Kolonialismus Europas, wurde durch einen der korrupten schwarzen Eliten ersetzt. Und der ist in vielen Fällen noch schlimmer.

Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut gemacht – und so verhält es sich auch mit der Entwicklungshilfe. Man kann es auch anders formulieren: Mitleid tut dem gut, der es hat und weniger dem, dem es gilt. Eine weltumspannende Entwicklungshilfeindustrie ist nicht daran interessiert, ihre Existenzgrundlage zu gefährden, indem sie das Elend in Afrika beendet. Was würde dann aus all den gut dotierten Dienstposten bei diversen UNO-Organisationen oder Caritas & Co., den vielen schönen Reisen, Dienstfahrzeugen, Banketten und Symposien werden? Und so wurde in den zurückliegenden Jahrzehnten das Volumen mehrerer Marshallpläne in Afrika versenkt, ohne dass sich dadurch auch nur das Geringste zum Besseren gewendet hätte. Ganz im Gegenteil: Korrupte Regime wurden damit am Leben erhalten und unternehmerische Initiativen engagierter Afrikaner durch "Gratislieferungen" aus dem Westen torpediert.

Volker Seitz hat als Diplomat 17 Jahre in verschiedenen Ländern Schwarzafrikas verbracht und kennt Land, Leute und die herrschenden Verhältnisse besser als die meisten. Er hält ahnungslosen und/oder selbstgerechten Bessermenschen im Westen und den korrupten afrikanischen Eliten den Spiegel vor. Und er präsentiert in seinem Buch "Afrika wird armregiert" eine Reihe von auf seiner reichen Erfahrung aufbauenden Vorschlägen, wie die afrikanischen Regierungen mit einer konsequent auf Armutsbekämpfung gerichteten Politik daran gehindert werden könnten, in die eigenen Taschen zu wirtschaften.

Wer sich für die Gründe des in Afrika herrschenden Elends und die Möglichkeiten zu dessen Beseitigung interessiert, kommt an der Lektüre dieses eben in einer aktualisierten Neuauflage erschienen Buches nicht vorbei. 

Afrika wird armregiert
Volker Seitz
Verlag dtv, 2021
299 Seiten, broschiert
ISBN: 879-3-423-26294-1
16,90,- Euro

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