Das Unbehagen im „Rechtsstaat“ Österreich

Wenn man mitbekommt – leider bekommen es viele nicht mit! – wie im "Rechtsstaat" Österreich die individuellen bürgerlichen Freiheitsrechte mehr und mehr unterminiert werden, dann kann einem, muss einem wirklich unbehaglich werden.

Die Meinungsfreiheit wird zunehmend durch Gesetze mit ziemlich unbestimmten, interpretationsbedürftigen vagen Formulierungen in Frage gestellt. Und wir haben Gerichte, vor allem Obergerichte, denen offenbar bürgerliche Freiheiten wenig gelten.

Die Rechtsprechung der Obergerichte und auch des Europäischen Gerichtshofs weicht immer öfter von der in der Bevölkerungsmehrheit vertretenen Rechtsauffassung und von traditionellen Werthaltungen ab, und zwar im Sinne einer Ausweitung von Staatsallmacht und Bürgerrechtsbeschneidung und einer allumfassenden, den Mächtigen genehmen Staatsideologie.

Rechts- und Verfassungsgesetzgebung geben demgemäß einer Bürgerbeteiligung keinen Raum. Direkte Demokratie ist nur in Millidosierung auf dem Papier vorhanden und wird von den an der Macht befindlichen Politikern vom Hohen Ross herab madig gemacht und zurückgewiesen. Die Politik von Berufspolitikern hat das Sagen mit Tendenzen, die sich oft sehr weit von den im Volk vorherrschenden Meinungen entfernen.

Und erst jetzt in Corona-Zeiten! Die Verordnung eines einzelnen Ministers – eines juristischen Laien – kann verfassungsgesetzlich geschützte Grundrechte von einem zum anderen Tag einschränken oder gar außer Kraft setzten. Der Bürger bleibt dem gegenüber wehrlos. Und selbst, wenn einzelne dieser Bestimmungen inhaltlich – nicht bloß formal – verfassungswidrig wären, unsere ach so "wunderschöne" Verfassung bietet keine Handhabe, dem sofort Einhalt zu gebieten. Bis da rechtliche Abhilfe eintreten könnte, ist der Schaden schon geschehen und nicht wieder gutzumachen.

Die Regierung hat alle Schalthebeln der Macht in der Hand, wirksame Kontrolle gibt es nicht, Behörden und Beamtenschaft (und ja, auch die Staatsanwaltschaften) unterliegen ihrer Weisungsmacht und auf die Medien (nicht nur den Staatsfunk) erstreckt sich ebenfalls eine schwer zurückzuweisende Einflussnahme.

Wo bleibt da der Einzelne, wo seine sicher gewährten Bürger- und Freiheitsrechte? Er ist offenbar den "höheren Gewalten" fast schutzlos ausgeliefert. Denn wenn er aufmuckt, sind die Staatsanwaltschaften da, die seit einigen Jahren weitgehend freie Hand für Verfolgungsmaßnahmen haben, und kaum durch gerichtliche Kontrollen eingeschränkt sind. Vor allen können sie Verfahren lange – über Jahre! – hinziehen, ohne dass Anklage erhoben oder das Verfahren eingestellt wird. Und der Betroffene, der sich letztendlich vielleicht als unschuldig herausstellt, wird während dieser ganzen Zeit als verdächtiger Gesetzesbrecher hingestellt.

Wo gilt da der Grundsatz, dass niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf, wenn die Gerichte am sofortige Einschreiten gesetzlich behindert sind (seit der Strafrechtsreform von 2008 mit der weitgehenden Abschaffung des Untersuchungsrichters)? Auch das ist ein unbehaglicher Zustand, den es so in anderen demokratischen Staaten nicht gibt.

Direkte Demokratie mit einer Gesetzesinitiative durch das Volk gibt es nicht und unser Verfassungsgerichtshof ist – z.B. im Vergleich zu dem deutschen Bundesgerichtshof oder den Rechten der Gerichte in Großbritannien oder den USA – zahnlos.

Unsere Demokratie mit ihrer Verfassung erscheint daher durchaus reformbedürftig. Aber unser Herr Bundespräsident und unser Herr Bundeskanzler – beide juristische Laien – dürften das nicht erkannt haben. Und ob sie eine Reform in Richtung auf die Sicherstellung der bürgerlichen Freiheitsrechte überhaupt wollen, ist zweifelhaft.

Da wird sich leider wahrscheinlich auch auf lange Sicht wenig ändern.

Dr. jur. Peter F, Lang, Wien.

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