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Der Kurz-Boom war kurz

Klarer als die burgenländischen Wähler kann man es der Politik nicht klarmachen: Das, was die Wähler bewegt, ist etwas ganz anderes als das, was die politmediale Klasse bewegt. Die Wähler haben im Burgenland mit sensationeller Klarheit den SPÖ-Mann Doskozil gewählt, weil er akzentuiert für Law and Order und Anti-Migration steht. Trotz (und eher nicht wegen) seiner gesundheitlichen Probleme erhielt er gleich acht Prozentpunkte mehr als zuletzt. Und das wohlgemerkt nur wenige Monate, nachdem die Wähler der Bundes-SPÖ mit ihrem linkem Allerweltgutmensch-und-Wir-sind-auch-Klima-Gewäsch auf Bundesebene eine schallende Ohrfeige versetzt haben. Genauso ernüchternd war das Wahlsonntag auch für die ÖVP. Denn sie muss erkennen:  Der Kurz-Boom ist schon wieder vorbei – aus eigener Schuld.

Zwar steht bei den Prozentwerten sowohl bei den burgenländischen Landtags- wie auch bei den niederösterreichischen Gemeinderatswahlen ein kleines Plus beim Ergebnis der ÖVP. Aber das bedeutet nichts, wenn man bedenkt:

  • dass die letzten burgenländischen Wahlen schon 2015, also vor der Ära des Sebastian Kurz stattgefunden haben, als die ÖVP noch ganz in der Mitterlehner-Depression gesteckt ist;
  • Dass die ÖVP gegenüber dieser Mitterlehner-Wahl magere 1,5 Prozent dazugewonnen hat;
  • dass das heurige burgenländische Ergebnis der ÖVP das zweitschlechteste Ergebnis in der ganzen Geschichte der burgenländischen Schwarzen bedeutet;
  • dass die ÖVP im Burgenland im Vorjahr sowohl bei den EU-Wahlen wie auch bei den Nationalratswahlen noch vor der SPÖ gelegen ist, jetzt aber mehr als 19 Prozentpunkte Rückstand auf die SPÖ hat;
  • dass die größten Verluste der FPÖ im Burgenland Richtung Doskozil-SPÖ gegangen sind und nicht Richtung ÖVP, obwohl sonst immer primär die ÖVP von FPÖ-Verlusten profitiert hat;
  • und dass normalerweise nach Bildung einer neuen Bundesregierung der Wahlsieger der Nationalratswahl noch eine Zeitlang einen Bonus hat.

Sebastian Kurz hat ihn nicht. Er ist zu einem ganz normalen Politiker geworden und längst nicht mehr der Sieger aller Klassen. Er ist zwar auch noch keineswegs zum Verlierertyp geworden, aber entzaubert. Erstmals hat jemand anderer als er mit den Wahlmotiven Migration und Sicherheit gewonnen. Noch dazu ganz massiv. Alle, denen das wichtig ist, haben Doskozil gewählt, nicht Kurz und die ÖVP (auch nicht die SPÖ).

Genau dieses Wahlmotiv Migration war genauso bei den früheren Wahlerfolgen des Sebastian Kurz entscheidend gewesen. Seit dieser aber eine Koalition mit den Grünen eingegangen ist und seit der Großteil der Mainstream-Medien darüber jubelt, dass Österreich jetzt das Weltklima rettet, statt sich um die Probleme der Menschen zu kümmern, ist die Glaubwürdigkeit der Schwarzen schwer beeinträchtigt. Jeden Tag verkünden die Grünen ja noch dazu über die vielen ihnen nahestehenden Medien, dass sie die Migrations- und Sicherheitspolitik von Kurz behindern werden (siehe etwa die Einführung einer Sicherungshaft). Da kann Kurz noch so oft beteuern, dass er weiterhin seine Migrationspolitik fortsetzen will: Der Lack hat Kratzer bekommen, die Menschen sind skeptisch geworden.

Ein zusätzlicher sehr spezifischer Grund, weshalb die ÖVP speziell im Burgenland mager abgeschnitten hat, heißt eindeutig Karl Nehammer. Es gehört schon gewaltige politische "Intelligenz" dazu, wenige Tage vor einer burgenländischen Wahl den Burgenländern zu vermitteln, dass bei ihnen bald mehr "Flüchtlinge" herumlaufen werden, weil ein Zentrum für diese gebaut werden soll.

Dass ausgerechnet der bisherige ÖVP-Generalsekretär als Innenminister der erste erkennbare Schwachpunkt im Bundesregierungsteam geworden ist, ist ziemlich pikant. Denn ausgerechnet wegen der ohne zwingenden Grund erfolgten Ablösung des damaligen Innenministers Kickl ist es zur Auflösung der Koalition gekommen. Jetzt müssen die Schwarzen jede Panne im Innenministerium selbst ausbaden.

Genauso wenig Freude wie die Bundesspitze der ÖVP kann die SPÖ über das Burgenland-Ergebnis haben. Nicht nur dass die Parteivorsitzende demonstrativ im Wahlkampf beiseitegeschoben worden ist. Eine noch viel stärkere Sprache sprechen die Inhalte. Wenn man nicht wüsste, dass Doskozil und Rendi-Wagner der gleichen Partei angehören, würde man das für ausgeschlossen halten.

Die alte populistische SPÖ, die sich noch ganz an den Wählern orientiert hat, hat donnernd über die Partie der sich für intellektuell haltenden Städter gesiegt, die mit Haltung-, Klima- und sonstigem Gutmensch-Schwachsinn Politik zu machen versucht hat. Auch wenn klar ist, dass absolute Mehrheiten wie jetzt im Burgenland in Städten nicht mehr erwartbar sind, so ist doch hundertprozentig sicher: Die Bundes-SPÖ wird entweder künftig mehr Doskozil sein oder sie wird kaum mehr sein. Spätestens jetzt müsste es Rendi-Wagner begriffen haben.

Bei der FPÖ hat es keine Burgenland-Wahlen gebraucht, um zu erkennen, dass die Partei tief gespalten ist. Zwar nicht zwischen Bund und Land, dafür aber gleich doppelt. Einerseits verwirrt es die Wähler, wenn Parteiobmann und Klubobmann auf Bundesebene mit völlig verschiedener Tonalität sprechen – der eine staatstragend, der andere daueraggressiv.

Andererseits – was noch viel schädlicher ist – laboriert die Partei massiv an Altobmann Strache. Als ob seine schweren Fehler nicht genug wären, die im Vorjahr aufgepoppt sind, verfolgt er nun seine Ex-Partei mit biblischem und öffentlichem Hass. Solche Kämpfe sind immer ein Fressen für die Medien. Bei der FPÖ fressen sie gewohnheitsmäßig doppelt gerne.

Während die Burgenland-Wahlen für die SPÖ wenigstens ein Fingerzeig sind, wo es hingehen müsste, will sie wieder Erfolg haben, erblickt die FPÖ hingegen nirgends so einen Fingerzeig. Sie wird wohl noch lange am Morbus Strache leiden.

Besonders lehrreich ist das Ergebnis der Grünen, die überall auf niedrigem Niveau stagnieren: Mit Klimapanik sind aber außerhalb von Universitätsstädten keine Wahlen zu gewinnen. Nur weil die Medien ständig die Greta-Religion predigen, sind die Bürger noch lange nicht bekehrt.

Ein weiterer Aspekt ist schon bei vielen Regionalwahlen deutlich geworden: Auf Gemeinde- wie Landesebene ist der Vorteil der Rolle eines Amtsinhabers dominierend, viel stärker als auf Bundesebene. Das hat das Doskozil-Ergebnis dramatisch bewiesen. Das hat sich aber auch in Niederösterreich in etlichen Orten zugunsten der ÖVP gezeigt, insbesondere in Wiener Neustadt, wo eine einst tiefrote Stadt heute tiefschwarz ist, was ein eindeutiger Erfolg des niederösterreichischen ÖVP-Klubobmanns Schneeberger ist. 

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