Privater Waffenbesitz: USA und Europa - der große Unterschied

In politischer Hinsicht bestehen zwischen Europa und den USA wesentliche Unterschiede. Einer der wichtigsten betrifft das Verhältnis der Bürger zur Regierung. Dieses manifestiert sich in zehn Zusatzartikeln zur Verfassung der Vereinigten Staaten; nämlich in der am 25. September 1789 vom Kongress beschlossenen "Bill of Rights". Der zweite dieser Zusatzartikel, das vieldiskutierte "Second Amendment", garantiert das Recht der Bürger auf den Besitz und das Tragen von Waffen.

Er lautet: "Da eine wohlgeordnete Miliz für die Sicherheit eines freien Staates notwendig ist, darf das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen, nicht beeinträchtigt werden." Bis heute steht diese Textpassage im Mittelpunkt heißer Kontroversen – insbesondere dann, wenn es zu einem Missbrauch privater Waffen kommt.

Bemerkenswert ist weniger die Tatsache, dass der private Waffenbesitz in den Vereinigten Staaten im Verfassungsrang steht und "nicht beeinträchtigt werden" darf, sondern vielmehr die Begründung dafür. Es geht nämlich ausdrücklich nicht um den Waffenbesitz zwecks Jagdausübung oder als Mittel zur Selbstverteidigung gegen gewöhnliche Kriminelle, sondern um die Abwehr von Übergriffen der eigenen Regierung. Mehrere Zitate führender Politiker und Gründerväter der USA liefern dafür eindrucksvolle Belege.

 

Die Stimmen von vier Präsidenten

Der erste Präsident der Vereinigten Staaten, George Washington, sagte: "Ein freies Volk muss nicht nur bewaffnet und diszipliniert sein. Es sollte vielmehr so ausreichend mit Waffen und Munition ausgerüstet sein, dass es jederzeit seine Unabhängigkeit gegen jedermann verteidigen kann, der es zu missbrauchen versucht. Das schließt insbesondere die eigene Regierung ein."

Der Nachfolger Washingtons im Amt des Präsidenten, John Adams, fügte hinzu: "Waffen in den Händen der Bürger können nach ihrer eigenen Entscheidung zur Verteidigung ihres Landes, zum Sturz der Tyrannei oder zur privaten Selbstverteidigung benutzt werden."

Schließlich meinte der vierte Präsident des Landes, James Madison: "Eine Regierung, die ihren gesetzestreuen Bürgern nicht zutraut, Waffen zu besitzen und zu tragen, ist selbst nicht vertrauenswürdig."

In den Ohren mehrheitlich obrigkeitshöriger und politikgläubiger Europäer klingt das haarsträubend. Die Rechtschaffenheit der Machthaber und Bürokraten anzuzweifeln, grenzt in der Alten Welt an Blasphemie. Besonders Deutsche und Österreicher, die nie eine erfolgreiche Revolution zustande gebracht oder – anders als Briten und Franzosen – einen Herrscher enthauptet haben, verschwenden, trotz übler Erfahrungen in der gar nicht so fernen Vergangenheit, keinen Gedanken daran, sich mit Waffengewalt ihrer eigenen Regierung zu erwehren. Staat, Regierung und Bürokratie wähnen sie stets im Recht.

Ganz anders die Mentalität jenseits des Atlantiks: Bis heute würde es dort eine Regierung politisch nicht überleben, sollte sie den ernsthaften Versuch unternehmen, das Recht der Bürger zum Waffenbesitz auszuhebeln.

Der Unterschied im Selbstverständnis der Bürger zum Staat wird besonders an der Einstellung zum Waffenbesitz deutlich: Selbstbewusste US-Amerikaner werden sich ihre Waffen allenfalls aus den "kalten, toten Händen" nehmen lassen, wie es der seinerzeitige Chef der National Rifle Association, Charlton Heston, formuliert hat. Offenbar ist in den USA die Erinnerung an die Zeit des Kampfes der Kolonisten gegen die britische Tyrannei – und an die dafür notwendigen Mittel – noch nicht verblasst.

Die über die Meinungshoheit gebietende Linke Europas hat es dagegen geschafft, den Staat zu heiligen und jeden Widerstand gegen ihn zu kriminalisieren. Solange sie selbst noch nicht an den Schalthebeln der Macht saß, war das nicht so. Karl Marx sagte einst: "Die Waffen und die Munition dürfen unter keinem Vorwand aus den Händen gegeben werden, jeder Entwaffnungsversuch muss nötigenfalls mit Gewalt vereitelt werden." Nach dem Marsch der Marxisten durch die Institutionen sieht das anders aus.

Das Leben in Europa wird – aus sattsam bekannten Gründen – immer gefährlicher. Wie der Einzelne, ungeachtet der waffengesetzlichen Bestimmungen, darauf reagiert, ist letztlich seine Entscheidung.

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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