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Notre-Dame: Unser „Verlorenes Ich“ (Meinen Eltern)

Menschen bleiben Menschen, sie ändern sich nie: Aus unserer Angst vor dem Tod versuchen wir ihm die Ewigkeit entgegenzuhalten. Schon bei den Neandertalern klingt etwas an, ohne das es sinnlos gewesen wäre, letzte Ruhestätten (ab Marke 3,40) anzulegen. Menschenaffen tun das nicht: Wenn eines ihrer Kinder stirbt, legen sie den Leichnam irgendwann selbstvergessen ab. Kein Tier hat diese Angst vor dem Tod. Und sucht deshalb nicht nach Gott.

Was macht uns Menschen alle aus?

  1. "Der Mensch ist nur ein Schilfrohr, das schwächste in der Natur. Aber ein Schilfrohr, das denkt." (Pascal)
  2. "Der Mensch ist seiner Beschaffenheit nach ein religiöses Tier." (Pascal)
  3. "Wir sind solcher Stoff, auf dem Träume entstehen." (Shakespeare)
  4. "Alle Kunst entsteht aus der Angst vor dem Tod." (Hesse)

Die erste Kunst: Das Anlegen eines Grabes für die Ewigkeit. Erst danach bemalten wir dunkler Höhlen Wände, schnitzen wollüstige Venusfiguren, und bauten 200 Jahre lang an Notre-Dame.

Erst seit ein paar hundert Jahren blicken wir hinter die geheimnisvoll-schemenhaften Fassaden des Seins – und vermuten trotzdem, nach wie vor, als Urgrund: Einen Schöpfer dahinter. So auch Einstein: "Die Quantenmechanik … bringt uns dem Geheimnis des Alten kaum näher. Jedenfalls bin ich überzeugt, dass der nicht würfelt" (1926). Am Ende aller physikalischen Erkenntnisse stand dann: Ein "verlorenes Ich, zersprengt von Stratosphären". Alles nur: "Unendlichkeitschimären auf deinem grauen Stein von Notre-Dame". (Benn)

Wir Menschen fühlen nicht nur, wir denken auch in Symbolen. Warum klingt: "Notre-Dame" – wie eine Ouvertüre, in der ein Universum den Takt angibt? "Notre Dame" – "unsere Heilige Mutter Gottes" – hat in uns allen überlebt als ein unsterbliches Bild, als eine Urhoffnung auf etwas "Unbeflecktes", das gleichzeitig den Urgrund bot für etwas Überirdisches, der den Tod bezwang. Dieses Bild sitzt tief, es lässt sich nicht mehr eliminieren: Eine Mutter, die uns unter Schmerzen auf diese Welt brachte: "Dass immer neues Leben wird werden aus Blut." (Sandor Marai)

2008 startete in England eine "Atheist-Bus-Campaign": "There’s probably no god. Now stop worring. And enjoy life". Der Grund: Ein paar Atheisten fühlten sich von einer evangelikalen Werbekampagne provoziert. Gelassenheit schaut anders aus.

"Gott ist tot." (Nietzsche) - "Nietzsche ist tot." (Gott)

Beim Brand von Notre-Dame sangen Menschen, plötzlich wie aus dem Nichts, dass "Ave Maria" auf den Straßen des laizistischen Paris. Mit dem Atheismus verhält es sich so wie mit jenem Kommunikations-Seminar-Gag: "Denken Sie ab jetzt nicht an einen roten Elefanten!" – "Ist es Ihnen gelungen?!" – "Nein!"

Beim Toten-Gottesdienst für meine geliebte Mutter überwältigte mich ein tiefer innerer Friede, als eine Stimme zur Bach’schen Version von "Ave Maria ansetzte:

"Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir, du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus. Bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen."

Meine geliebte Mutter starb am 15. und bettete sich zur letzten Ruhe am 21. März. "Zufall ist vielleicht das Pseudonym Gottes, wenn er nicht unterschreiben will." (Anatol France) Der 15. März ist ungarischer Nationalfeiertag: Meine Vorarlberger Mutter war bei uns in Ungarn immer sehr glücklich. Der 21. März ist Frühlingsbeginn. Seit damals bin ich mit dem Tod versöhnt und gewiss: Nur eine übermenschliche Ästhetik konnte Bach zu so einem genial-einfachen Kunstwerk inspirieren. Denn: "Gott würfelt nicht." (Einstein)

Und: Weil "das Denken die Größe des Menschen ausmacht" (Pascal), stellen wir fragwürdige Zusammenhänge her: War es Zufall? Der Brand von Notre-Dame brach nur eine Stunde vor der Staatsrede des französischen Präsidenten aus und diese vorzeitig ab. Welche Propaganda blieb uns so wohl erspart? Eine Woche vor Ostern? Als Marias Sohn den Tod endgültig überwand. Einen Monat vor den EU-Wahlen, vor dem manch nihilistische (von Ischias-Leiden gequälte) EU-Politiker so bangen? Dass das Feuer genau in der Mitte des Daches ausbrach, wo es sich bestens in alle Richtungen ausbreiten konnte? Nachdem alle Arbeiter schon Feierabend hatten? Dass jede Autobahn-Baustelle des Nachts besser überwacht ist?

Wer fürchtet sich vor Verschwörungstheorien am meisten? Diejenigen, die der Verschwörungen verdächtigt werden oder sie planen. Wir Menschen suchen nach Ursache und Wirkung. Und kehren zurück zu Symbolen, zum mythisch-mystischen Denken: "Aufklärung ist die radikal gewordene mythische Angst." (Adorno / Horkheimer) Werden Symbole zerstört, schwanken auch der Systeme Ordnungen. Fast alle von uns wissen noch, als wir (am 11. September 2001) vom Flug der beiden Flugzeuge in die Twin-Towers erfuhren. Unser Lebensfilm, angesichts des Todes, wird wohl auch den Brand von Notre-Dame abspulen.

Das World-Trade-Center verkörperte Macht und Größenwahn der Supermacht USA. Kein anderes Bauwerk den Geist des christlichen Abendlandes zum Höhepunkt seiner innersten Glaubensgewissheit besser als Notre-Dame. Wir haben alle an Notre-Dame 200 Jahre (1163 bis 1345) mitgebaut. Dieses unermüdlich-unerbittlich-ameisenhafte Werken war getrieben von einer tiefen Gottesgewissheit ohne jeglichen Zweifel über die Sinnhaftigkeit dieses Tuns. Für uns post-moderne Menschen eine Ewigkeit: Wir sind heutzutage nicht einmal mehr fähig, eine Riesen-Airport-Lappalie in Berlin fertig zu kriegen, geschweige denn in Betrieb zu nehmen…

Notre-Dame – Pearl Harbor – Reichstagsbrand – "Reichkristallnacht" – Karthago

 "Das Denken macht die Größe des Menschen aus." - War also alles nur Zufall?

Zum Zeitpunkt des japanischen Überfalls auf Pearl Harbor (6. Dezember 1941) lagen nur veraltete Kriegsschiffe (in der sogenannten Battle-Ship-Order wie am Schnürchen aufgereiht) vor Anker. Wusste die US-Spionage-Abteilung wirklich nichts vom Anrollen des japanischen Geschwaders? Warum schrieb der damalige US-Generalstabschef Marshall ein Top-Secret-Telegramm? "Wenn Feindseligkeiten nicht vermieden werden können, ziehen die USA es vor, Japan den ersten feindseligen Akt ausführen zu lassen."

Wir kennen die Resultate solcher Kardinal-Ereignisse:

US-Präsident Roosevelt konnte endlich die Kriegserklärung gegen Japan unterzeichnen, weil sich die isolationistische Stimmung zugunsten eines Kriegseintritts gewendet hatte.

Wer immer den Reichstagsbrand (27. / 28. Februar 1933 - dafür verantwortlich: ein radikalisierter Kommunist) gelegt haben mochte: Er nützte als Fanal nur den Nationalsozialisten: Die umgehende "Verordnung zum Schutze von Volk und Staat" war der Anfang vom Ende der Weimarer Verfassung.

Das Pogrom der Reichskristallnacht (7. November 1938) wurde ausgelöst durch ein tödliches Schuss-Attentat (eines in Paris lebenden 17-jährigen polnischen Juden) auf einen deutschen NSDAP-Diplomaten.

Der zweite Punische Krieg entzündete sich an der Belagerung einer unbedeutenden Stadt in Spanien (218 v. Chr.) durch Hannibal: "Das große Karthago führte drei Kriege. Nach dem ersten war es noch mächtig. Nach dem zweiten war es noch bewohnbar. Nach dem dritten war es nicht mehr aufzufinden." (Brecht) – Dessen Zerstörung war lange vorher geplant: "Im Übrigen glaube ich, dass Karthago zerstört werden muss." (Cato, ab Marke 40,18)

War auch der Brand von Notre-Dame ein Casus Belli? War es ein Omen für den Niedergang des christlich-abendländischen Europas? Ein Menetekel? Eine Warnung? Steckt eine Ursache-Wirkung dahinter? Das christlich-abendländische Europa ist alt und müde des Lebens geworden. "Dass alles vergeht, weiß man schon in der Jugend. Aber wie schnell alles vergeht, erfährt man erst im Alter." Denn: "Es sind die Lebenden, die den Toten die Augen schließen. Doch es sind die Toten, die den Lebenden die Augen öffnen." (slawisches Sprichwort)

Immer werden wir Menschen nach transzendenten Antworten suchen: "Die Wahrheit ist in dieser Zeit so sehr verdunkelt und die Lüge so allgemein verbreitet, dass man die Wahrheit nicht erkennen kann, wenn man sie nicht liebt." (Pascal) – Auf die Frage: "Ob es der Zufall so wollte?" (Krone), geriet ein (zum Nachkriegs-Denker hochgestapelter Studienabbrecher und) österreichischer Schriftsetzer-Exilant im noblen Paris, nur mehr ins Stammeln:

"Der vielfach Ausgezeichnete … war am Montag gerade auf dem Weg, um sich – wie jeden Montag üblich – die spanische Tageszeitung "El Pais" zu kaufen, als er plötzlich dichte Wolken am Himmel aufsteigen sah..." (Krone) Danach flanierte er (mit einer Intellektuellen-Zeitschrift unterm Arm, mitten im Internetzeitalter, als Dichter-Karikatur-Versatz des Fin-de-siecle) und "genoss die nächsten Stunden im Kino - um sich … im Chaos wiederzufinden. …’Ich dachte, die ganze Kathedrale wird zugrunde gehen.‘" (Krone) – Sein Name: Peter Handke.

"Notre Dame" ist zu einem Menetekel-haften Synonym geworden für den unwiederbringlichen Untergang einer universalen Idee. In Jerusalem stehen nur mehr Ruinen-Reste der Mauer des einstigen jüdischen Tempels: Die Klagemauer. Auch die ausgebrannten Mauern von Notre-Dame symbolisieren ein Ende: Das des wohlig-selbst-verliebten postmodernen Nachkriegs-Europa. Jene "Neue Innerlichkeit" (in der sich Handke inbrünstig einer autogen-sezierenden Seelen-Hypochondrie unterzog) ist ein Zeugnis ohne literarische Metaphysik: Ein wehleidiges Gejammere von Wohlstands-Verlotterten (als aufgewärmtes Leiden postmoderner junger Werther) einer absterbenden abendländischen Spät-Zivilisation. In Wirklichkeit war alles bereits ein Omen auf die Luschi-isierung des Westens, an dessen Ende die Transgenderisierung eines halben Kontinents zum Stehen kam.

Seit dem 15. April ist diese wehleidig-selbstfixierte Attitüde zur Lächerlichkeit verkommen. Das spürt auch Handke: "Notre Dame ist für Europa nicht geringer als Jerusalem... Sogar die Peterskirche in Rom ist weniger Symbol als diese spätromanisch-gotische Kathedrale." (Handke) – Angesichts all dessen reagierte der österreichischen Provinzial-Weltliteraten-Schreiberling auf die Frage "Warum?" nur mehr hysterisch: "Warum? Immer warum? Schreiben Sie: Handke schreit." (Krone) – Als ob es auf dessen Geschrei jetzt noch ankäme…

"Notre-Dame": Ab nun ein Pseudonym für den Abschied vom postmodernen "Anything Goes". All die verweichlichten Dorian-Gray-Karikaturen des post-modernistischen, achristlichen Abendlandes, die Conchitas, die Handkes, sind mit ihrer pseudo-intellektualistischen Fortschritts-Hysterie vom Neuen Menschen am Ende. Sie stammeln "Notre-Dame" – und spielen (unwillkürlich) an: Auf das tränenreiche Bild der Mutter Gottes. Jener liebenden Mutter, die in ihren Armen den geschändeten Leichnam ihres Sohnes ein letztes Mal, liebkosend zur letzten Ruhe bettet: Die Pieta. Jene Sehnsucht nach dieser äußersten Liebe atmete in Notre-Dame und verschaffte sich in jeder (auch noch so populistischen) Kunst Gehör: "You fill up my senses." (J. Denver)

Gegen diesen abendländisch-christlichen Mythos haben all die Handkes angeschrieben, alle die Conchitas angekreischt ("Rise like a Phönix"). Ihn zu vernichten: Ist nicht gelungen. Ob sich aus der Asche von Notre-Dame ein Neuanfang erheben wird? Es die Hoffnung, von der man sagt, dass sie zuletzt stirbt: "The impossible dream". Jetzt, nachdem dieses alte Europa endlich untergegangen ist, beginnen all die handke’schen Gespenstergestalten diesen (von ihnen selbst mitverursachten) Verlust zu bemitleiden – und weh-leiden folgerichtig doch nur an ihrer eigenen sich langsam verflüchtigenden Bedeutung und Existenz.

"Ihr scheinheiligen Gestalten tut so, als gehört euch das Leid. Das ist das Schlimmste. … Jammergestalten! … Ihr Medien entwirklicht oder, besser, verformt jedes Mitgefühl, indem ihr zuerst mitbombt und dann die Stories der Gebombten verkauft… ,Betroffenheit'! Das kann ich schon überhaupt nicht hören. Gehen Sie nach Hause mit Ihrer Betroffenheit, stecken Sie sich die in den Arsch!" (Handke, 1996)

So primitiv reagierte Handke auf eine kritische Frage (zu seinem von Vorurteilen nur so strotzenden Buch "Gerechtigkeit für Serbien", 1996). In diesem hatte er etwa bosnisch-muslimischen Lager-Häftlingen in Srebrenica "aufgesetzte Martermienen und -haltungen" unterstellt. Einen NATO-Luftangriff auf eine serbische Auto-Fabrik(!) bezeichnete er als "eines der größten je verübten Verbrechen". Den serbischen Volksverhetzer Miloševic besuchte er im Haager Tribunals-Gefängnis, und erwies ihm sogar die letzte Toten-Ehre." (DiePresse) Das wäre ungefähr so, wie wenn Heinrich Böll im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess Nazi-Göring seine Aufwartung bekundet hätte…

Unser aller "Verlorenes Ich" (Benn)

"Wo endest du ...? Ewigkeiten, an ihren Gittern fliehst du hin. (…) Die Welt zerdacht. Und Raum und Zeiten und was die Menschheit wob und wog, Funktion nur von Unendlichkeiten, die Mythe log. - Woher, wohin -, nicht Nacht, nicht Morgen, kein Evoë, kein Requiem, du möchtest dir ein Stichwort borgen -, allein bei wem?" (Benn, 1943)

War es dieser unermesslich-schmerzliche Verlust? Als ob das schützende Dach von Notre-Dame über dem abendländischen Europa in den Flammen gen Himmel stieg und zugleich auf die vulgäre irdische Erde hinunterstürzte? Ohne transzendenten Schutz vor den politischen Gewalten steht es nun da in The-Line-of-fire. Jenes Zeitfenster mit seiner (bisher als antiquiert verspotteten) Gottes-Seins-Gewissheit ist endgültig zugefallen. Das spüren wir Menschen, jetzt. Gottfried Benn hat diesen Verlust bereits 1943 resignativ beschworen.

"Ach, als sich alle einer Mitte neigten und auch die Denker nur den Gott gedacht, sie sich den Hirten und dem Lamm verzweigten, wenn aus dem Kelch das Blut sie rein gemacht, und alle rannen aus der einen Wunde, brachen das Brot, das jeglicher genoss –, oh ferne zwingende erfüllte Stunde, die einst auch das verlorene Ich umschloss." (Benn: "Verlorenes Ich")

So wie der wahnsinnige Kaiser Nero seine (von ihm zu Tode getretene schwangere) Frau Poppaea danach aus schlechtem Gewissen zur Göttin erhoben hatte, so ergeht es jetzt den verspäteten Handkes, die die Katastrophe beinahe im Intellektuellen-Kino selbstgenüsslich verschlafen hätten …

Mögen diese politischen Troglodyten "mit ihrer Betroffenheit nach Hause gehen und sie sich in den Arsch stecken" (Handke über Handke). "Wir rennen unbekümmert in den Abgrund, nachdem wir irgendetwas vor uns hingestellt haben, das uns hindern soll, ihn zu sehen" (Pascal). Der nihilistisch-postmodernen Sucht nach dem Neuen Menschen ist abrupt der Stoff ausgegangen. Unerreichbar somit auch die Hoffnung von Mathias Claudius: "Und am Ende meiner Reise hält der Ewige die Hände und er winkt und lächelt leise – und die Reise ist zu Ende."

Allen Handkes mangelt es nur an einem: An religiöser Transzendenz: "Wir sind solcher Stoff, auf dem Träume entstehen" (Shakespeare). "Ich glaube, wenn der Tod unsere Augen schließt, werden wir in einem Lichte stehen, von welchem unser Sonnenlicht nur der Schatten ist" (Schopenhauer). "Heil'ge Maria, Muttergottes, bitte für uns arme Sünder, jetzt und in der Stunde uns'res Todes. Amen." Nach einer einzigen Nacht gemahnen (die ausgebrannten Mauern von "Notre-Dame") an Dante’s Purgatorium: "Wer hier eintritt, lasse jede Hoffnung fahren." Denn Notre-Dame steht für etwas "Schmerzensreiches", das seine Größe aus Entbehrung und Leiden transzendierte. Und nicht entstand aus dem femo-hysterischen Geschrei der Siebziger-Jahre: "Mein Bauch gehört mir!"

Hätte jemand vor dem 15. April solche Gedanken geäußert, wäre er als heillos-verkappter alt-katholischer Reaktionär verspottet worden. Doch – wie es scheint – hat mit Notre-Dame ein neuer Zeitgeist Einzug gehalten:

"Tag, der den Sommer endet, Herz, dem das Zeichen fiel. Die Flammen sind versendet, die Fluten und das Spiel. Die Bilder werden blasser, entrücken sich der Zeit. Wohl spiegelt sie noch ein Wasser, doch auch dies Wasser ist weit. Du hast eine Schlacht erfahren, trägst noch ihr Stürmen, ihr Flieh’n, indessen die Schwärme, die Scharen, die Heere weiterzieh‘n. Rosen und Waffenspanner, Pfeile und Flammen weit –; die Zeichen sinken, die Banner –; Unwiderbringlichkeit." (Gottfried Benn)

P.S.: Interessant auch, wie sehr linke Gutmensch-Blätter den Brand von Notre-Dame und den sich nun entspannenden Diskurs mit brennender Sorge verfolgen…

Dr. Elmar Forster ist Lehrer und lebt(e) seit 1992 als Auslandsösterreicher in Ungarn, Prag, Bratislava, Polen, Siebenbürgen (Rumänien). Seit 2009 unterrichtet er auch wieder an österreichischen Schulen.

 

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