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Die Work-Life-Balance

In Österreich wimmelt es von erfreulichen Signalen eines tollen Booms. Das zeigen derzeit fast alle Zahlen. Gewiss kann man jammern, dass es, wenn man am Gipfel ist, nachher wieder hinuntergeht. Aber dennoch sollte man einmal erfreut auf den geglückten Aufstieg zurückblicken.

Da sieht man viel Positives: Die Arbeitslosigkeit ist wieder bei jenem Prozentsatz, bei dem sie vor der Krise 2008 gewesen ist. Zugleich ist im Vorjahr die Zahl der Beschäftigten so steil angestiegen (um 2,3 Prozent!) wie nie in den letzten 40 Jahren – allerdings fast durchwegs durch Nichtösterreicher. Die Einkommen der Vollzeitbeschäftigten sind in 14 Jahren gar um real 7 Prozent gestiegen, die der Teilzeitbeschäftigten noch mehr.

Es gibt freilich auch positiv klingende Zahlen, die zugleich ein Problem anzeigen. So wurden dem AMS schon über 70.000 offene Jobs gemeldet – was Unternehmer ja erst tun, wenn sie wirklich niemanden finden. Offene Jobs bleiben auch länger unbesetzt als früher. Das bremst eindeutig das mögliche Wirtschaftswachstum.

Umso wichtiger, dass das AMS 2018 massiv begonnen hat, Druck auf die 380.000 Arbeitslosen auszuüben, auch in anderen Bundesländern Jobs anzunehmen. In Wien arbeitslose Köche und Kellner haben sich deshalb in größerer Zahl Richtung Westen bewegt oder selbst einen Job suchen müssen. Warum aber hat das AMS 2018 so viel effizienter agiert? Will man der neuen Regierung zeigen, dass man doch etwas kann?

Ebenso Sorgen macht eine zweite Entwicklung, auch wenn sie Gewerkschafter jubeln lassen müsste: Trotz steigender Realeinkommen ist seit 2004 die Arbeitszeit von 38 auf 35,6 Stunden gesunken. Ursache: Weniger Überstunden, mehr Teilzeit.

Das deckt sich mit einem Eindruck, von dem mir viele nach Mitarbeitern Suchende berichten: Bei fast jedem Aufnahmegespräch selbst für hochqualifizierte Jobs fällt das Stichwort "Work-Life-Balance". Auf Deutsch: Man will weniger arbeiten und das Leben mehr genießen.

Klingt ja gut. Nur denken halt von Mittelosteuropa bis Ostasien die Menschen ziemlich anders. Und es erscheint recht zweifelhaft, dass diese Menschen bereit sein werden, den künftigen Wohlstand der Österreicher zu erarbeiten.

Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

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