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Faßmann hat die Matura noch nicht bestanden

Die bedächtige und freundliche Art von Heinz Faßmann ist sympathisch. Er strahlt nach der schrillen und ideologietrunkenen Hektik seiner Vorgängerinnen Ruhe und Kompetenz aus. Weniger begeisternd ist freilich die inhaltliche Energie, die der Bildungsminister bei der Sanierung des Trümmerfelds Schule an den Tag legt. Denn erst frühestens zwei Jahre nach der Nationalratswahl könnten Faßmanns erste Maßnahmen in den Schulen landen.

Wohlgemerkt: Sie könnten! Denn bei den nunmehrigen Ankündigungen des Ministers ist noch überhaupt nichts sicher oder konkret, geschweige denn politisch ausverhandelt. Faßmann zeigt vorerst typisch professorale Konfliktvermeidungsstrategie und noch keineswegs kraftvollen und zielbewussten Reformwillen.

Sein Vertrösten auf ein Gesamt-"Paket" und seine ständig vagen Formulierungen lassen jedenfalls noch nicht erkennen, dass er die dringenden Notwendigkeiten erkannt hätte. Solche Gesamtpakets-Ankündigungen der Politik lassen ja fast immer darauf schließen, dass man noch gar nicht genau weiß, was man konkret tun will, daher redet man eben lieber von der großen Paket-Lösung. Dabei ist völlig klar, dass es nirgends, und im Schulsystem schon gar nicht, "das" Gesamtpaket geben kann, mit dem die vielen Probleme gelöst werden.

Das, was Faßmann nun vorgestellt hat, ist nämlich wieder nur die Ankündigung eines Programmes, das halt auf Wahlprogramm und Koalitionsprogramm folgt. Auch im dritten Programm ist weiterhin alles Heikle ausgespart. Es wird weiterhin überlegt und geprüft und diskutiert werden.

Faßmann geht in vielen Fragen konkreten Antworten auf die großen Herausforderungen und Notwendigkeiten beredt-, wie behutsam aus dem Weg. So etwa dem enorm wichtigen Problem, welche Volksschulkinder in eine AHS gehen sollen/dürfen/können und welche nicht. Das beruht derzeit ja einzig auf der Entscheidung der Eltern und der Notengebung der Volksschullehrer. Und diese vergeben derzeit vielerorts im Gießkannenprinzip einfach fast lauter Einser. Sei es aus Weichherzigkeit ("das Kind kann zwar nicht viel, aber ich will ihm nicht die Chancen verderben"), sei es aus Konfliktscheu (also aus Angst vor den ehrgeizigen Eislaufmuttis und Helikoptereltern), sei es aus naiverAblehnung des Leistungsprinzips, sei es aus ideologischem Kampf gegen ein differenziertes Schulsystem, sei es aus Faulheit.

Dieser Wechsel nach der Volksschule ist seit der Abschaffung der Aufnahmsprüfungen ein ungelöstes Riesenproblem, das wesentlich zum Sinken des Niveaus in den AHS beigetragen hat. Faßmann redet jetzt lange von einer perspektivischen Lösung, will aber offensichtlich keinesfalls Aufnahmetests durch die AHS, obwohl diese in Wahrheit die einzige wirkliche Lösung wären.

Statt dessen soll ein "Talente-Check" in der dritten und in der siebenten Schulstufe kommen. Völlig offen ist: Durch wen? Worin soll der bestehen? Mit welchen Konsequenzen? Wirklich nur zur "Unterstützung" der Eltern, wie der Minister jetzt behauptet? Dabei weiß jeder, der Eltern kennt, dass deren Urteil über das eigene Kind sich nicht wirklich durch irgendjemanden beeinflussen lässt. Die Gefahr ist groß, dass da halt ein neues Bürokratiemonster ohne konkrete Bedeutung geschaffen werden soll.

Zu Recht kritisiert der Minister das teure und ineffiziente "Team-Teaching" in den Neuen Mittelschulen (wo zwei Lehrer gleichzeitig in der Klasse sind und die Kinder oft mehr nervös machen, als ihnen zu helfen) – er will es aber allem Anschein nach doch weiterführen. Wenn auch irgendwie anders.

Dann will Faßmann auch wieder einmal die Lehrpläne in Angriff nehmen. Eh nett. Wer kann da schon dagegen sein? Nur sollte man halt wissen, dass sich bei diesem Thema die Fachexperten mit hundertprozentiger Sicherheit jahrelang in den Haaren liegen und sicher nicht fertig werden. Das erinnert an die Vorvorvorgängerin Gehrer, die einst groß eine "Entrümpelung" dieser Lehrpläne angekündigt, sich damit aber eine blutige Nase geholt hat, weil eben jeder etwas anderes als "Gerümpel" ansieht (warum eigentlich nicht die Dinge umgekehrt angehen, etwa nach dem Prinzip der Zentralmatura? Da ist das Ziel definiert – aber der Rest und der Weg dorthin sollte durchaus den Schulen überlassen bleiben).

Genauso vage bleibt die Reform-Ankündigung zum Thema Ziffernnoten versus verbale Beurteilung. Künftig soll es das "Beste aus beiden Welten" geben. Lieb. Es wird nur halt nicht klar, was damit gemeint ist, aber vielleicht werden ja Weihnachten und Silvester wirklich einmal am selben Tag zusammenfallen, damit wir das Beste aus beiden Welten haben ...

An sich zweifellos positiv ist die Ankündigung, österreichweit einheitliche Standards für die Feststellung der Schulreife eines Kindergartenkindes einzuführen. Aber auch hier fehlt alles Konkrete. Und am Rande sei vermerkt, dass das auch ein gewisser Widerspruch zur angekündigten größeren Autonomie der Schulen sein dürfte.

Lobenswert sind auch seine Andeutungen, in den NMS teilweise zum Leistungsgruppenprinzip der guten alten Hauptschule zurückzukehren. Aber vorerst will Faßmann das eben auch nur irgendwie und eben doch nicht ganz.

Zum Konkretesten bei Faßmann gehört seine – berechtigte – Skepsis gegenüber dem von seinen Vorgängerinnen erfundenen siebenstufigen Notensystem in den NMS. Aber auch da ist die Abschaffung jedenfalls noch auf der langen Bank.

Insgesamt muss man also skeptisch bleiben, was Faßmanns Erneuerungskraft anbelangt. Dies auch deshalb, weil er sich offensichtlich wieder einmal mehr auf Arbeitskreise mit den altbekannten Uni-Theoretikern verlassen will als auf die Schulpraktiker. Dabei kann er das Match nur mit diesen und niemals gegen sie gewinnen.

Gewalt in Schulen – gibt’s die?

Leider gar nicht angesprochen wurde von Faßmann das größte Problem (vor allem, aber nicht nur) der NMS. Das ist die Disziplin in den Schulen. Das ist vor allem die durch zahllose Gutmensch- und Softpädagogik-Maßnahmen der letzten Jahre fast vollständige Entmachtung der Lehrer gegenüber unwilligen, gewalttätigen, subversiven Schülern. Diese aber werden – insbesondere im Migrantenmilieu – immer zahlreicher und gefährlicher.

Faßmann redet statt dessen professoral abgehoben davon, dass die NMS sich künftig aussuchen können, ob sie einen sportlichen oder musischen Schwerpunkt haben wollen. Eh nett. Aber er hat offensichtlich nicht viel mit Lehrern aus den immer zahlreicher gewordenen Brennpunktschulen (was für ein euphemistischer Begriff!) geredet, obwohl diese in vielen Städten schon dominieren. Die haben nämlich ganz andere Probleme. Dazu gehört einerseits die Disziplin und der total fehlende kulturelle Hintergrund, andererseits das Scheitern vieler Schüler an den einfachsten Grundrechnungsarten und an der Bildung eines deutschen Satzes.

Das, was am gleichen Tag zu Faßmanns großem Auftritt an einem Polytechnischen Lehrgang (in einem einst bürgerlichen und jetzt grünen Wiener Bezirk) passiert ist, wirkt, wie wenn es bewusst als Kontrapunkt zu Faßmanns Vorstellungen gesetzt worden wäre: eine Messerstecherei zwischen zwei Schülern, die von der Polizei als Mordversuch eingestuft wird. Es war nicht die erste allein an dieser Schule – und wird wohl nicht die letzte sein. Diese Prophezeiung ist leicht, wenn man die Reaktionen des überforderten Schuldirektors und des hilflosen Stadtschulrats gehört hat.

Angesichts dieser Entwicklung fallen einem viel konkretere und erdverbundenere Fragen zur Schule ein als "musische" Schwerpunkte und professorales Gerede. Etwa:

  • Warum gibt es nicht schon seit den ersten Messerstechereien an Brennpunktschulen Metalldetektoren an den Schultoren?
  • Weiß der Minister, dass in anderen Ländern wegen solcher Probleme schon vor vielen Schulen Sicherheitswachen stehen?
  • Wie kann es das geben, dass einer der Beteiligten schon vor Wochen wegen Gewalttätigkeit suspendiert worden ist, ohne dass es irgendwelche weiteren Konsequenzen gegeben hätte?
  • Warum wird nie an die anderen lernwilligen Schüler gedacht, während die brutalsten oft ganze Klassen terrorisieren können?

Faßmann wird sich entscheiden müssen, was ihm wichtiger ist: Er kann sich entweder kraftvoll an die Seite der meisten Eltern, Lehrer und lernwilligen Schüler stellen und sich als seiner Aufgabe gewachsen, also reif erweisen. Oder er kann weiterhin primär daran interessiert sein, in der verblasen-weltfremden Universitätswelt voller ahnungsloser Gutmenschen nur ja nicht anzuecken.

In Summe hat sich Faßmann bisher als nett, aber noch keineswegs als reif erwiesen. Die Reifeprüfung hat er noch nicht bestanden. Aber seien wir realistisch: Das kann zum Nachtragstermin noch werden. Wie es halt in der Schule so ist.

PS:  Einen römischen Einser hat Faßmann hingegen in Sachen deutscher Sprache errungen. Nicht nur weil er druckreif redet, sondern auch weil er klassisches Deutsch spricht, in dem es "Schüler" gibt und nicht die nervtötenden "Schüler und Schülerinnen, Lehrer und Lehrerinnen" seiner Vorgängerinnen. Gutes Deutsch verdient auch deshalb hervorgehoben zu werden, weil am gleichen Abend in der Hauptnachrichtensendung des ORF die Moderatorin im Vorstadtslang von den "Daten der einzelnen Ländern" und im linken Ahnungslosslang von einem "polytechnischen Gymnasium" gesprochen hat. Auch das könnte man wohl als Indiz sehen, wie wichtig wirkungsvollere Schulreformen wären.

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