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Sebastian - Marcel - Dominic

Durchaus eindrucksvoll, wie sich Sebastian Kurz als neuer europäischer Superstar auf der internationalen Bühne bewegt. Er übertrifft im Vergleich auch Bruno Kreisky bei weitem, der es mit Ausnahme der arabischen Welt und internationaler Parteifreunde nie zu dem Stellenwert gebracht hatte, den Kurz heute schon hat. Aber dennoch hatte Kreisky einen gewaltigen Vorteil gegenüber Kurz.

Und dieser Vorteil liegt an der innenpolitischen Front. Wenn ein Regierungs- und Parteichef so intensiv international unterwegs ist, wenn er schon in den ersten Wochen wie ein Sturm zwischen dem russischen Machthaber Wladimir Putin, dem ungarischen Zentralgestirn Victor Orban, dem auffälligsten deutschen Grünen, dem migrationskritischen Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, dem Franzosen Macron, dem Ukrainer Poroschenko und vielen anderen herumwirbelt und dabei durchaus gute Figur macht, dann bräuchte er umso mehr eine verlässliche, erfahrene, souveräne Heimatfront. Und die hat er in keiner Weise. Auch aus eigener Schuld.

In allen Funktionen, wo ein Substitut in seiner Abwesenheit das schwarz-türkise Steuer in die Hand nehmen könnte und sollte, sitzen blutige Anfänger. Siehe etwa Partei-Generalsekretär, Klubobmann und Finanzminister. Wobei man höchstens beim Finanzminister noch abwarten muss, wie er in den nächsten Wochen das Budget managt. Ausgerechnet der Parlamentspräsident, also eine eigentlich eher protokollarische Figur, bringt echtes Gewicht in die Arena – und ausgerechnet der ist der einzige, der vorher schon etwas gewesen ist.

Kreisky hingegen hatte sich im Gegensatz zu Kurz überall mit starken Persönlichkeiten umgeben (lediglich im SPÖ-Sekretariat nicht). Außerdem hatte er 1970 die Gnade der vollen Kassen vorgefunden, wo er nirgendwo sparen, reformieren, sanieren musste, sondern das Geld mit beiden Händen ausgeben (lassen) konnte.

Auch alle ÖVP-Bundeskanzler hatten starke Persönlichkeiten an ihrer Seite. Man denke etwa an die Herren Withalm und Koren bei Josef Klaus. Man denke an das Küchenkabinett von Wolfgang Schüssel (mit Molterer, Gehrer, Lopatka, Khol, später Grasser).

Und was hat Kurz? Er hat in Partei und Regierung ratzekahl mit allem aufgeräumt, was da vorzufinden war. Damit hat er zwar sichergestellt, dass weit und breit niemand eine Dissenting opinion haben wird. Das hat aber dazu geführt, dass weit und breit auch niemand da ist, der überhaupt eine Opinion, eine Meinung hat – und diese auch zu äußern wagt. Wenn nicht Kurz zuvor eine Meinung formuliert hat, hat keiner eine.

Bisher hat sich jedenfalls kein einziger der Neo-Schwarzen in Regierung, Parlament oder Partei wirklich profilieren können. Bis auf die Landwirtschafts/Tourismus/Energie/usw.-Ministerin wagt sich insbesondere von den Frauen auch keine einzige wirklich in die Öffentlichkeit. Wenn der Chef einmal ein paar Tage Grippe hat oder viele Tage international unterwegs ist, dann ist die ÖVP innenpolitisch überhaupt nicht mehr existent. Das hätten die alten Römer als Culpa in eligendo bezeichnet, als Auswahlverschulden.

Als Folge kann sich die Öffentlichkeit bloß mit der läppischen Debatte befassen, ob die ÖVP jetzt als "schwarz" oder "türkis" zu bezeichnen ist. Als Folge kann die Regierung den wichtigsten – und zweifellos positivsten – steuerlichen Reformschub der letzten Jahre, den Kinderbonus, überhaupt nicht inszenieren. Dieser geht vorerst völlig in der Raucher-Hysterie unter, welche die Opposition mit Hilfe des ORF sehr geschickt inszeniert.

Kurz ist gut gegen Minderwertigkeits-Komplexe

Dafür ist die internationale Kurz-Performance überaus eindrucksvoll. Er zeigt wie einst Bruno Kreisky, dass der österreichische Minderwertigkeits-Komplex gerne in Begeisterung umschlägt, wenn wieder einmal ein Landsmann auf der internationalen Bühne glänzen kann. Das ist ähnlich wie die hierzulande so leicht entflammbare Sportbegeisterung. Simplifiziert: Sebastian wie Marcel wie Dominic. Diese drei wirken in der Tat irgendwie ähnlich zueinander. Coole Typen, nicht auftrumpfend, sympathisch, Niederlagen souverän wegsteckend (wenn es überhaupt welche gegeben hat) und immer wieder erfolgreich; sich selbst scheinbar nicht so wichtig nehmend – aber absolut jeden Auftritt perfekt durchinszeniert habend.

Wenn einmal ein solcher Flow rund um eine Persönlichkeit in Bewegung ist, dann werden von der Öffentlichkeit auch Ausrutscher weg-ignoriert. Ob das ein rasches Ausscheiden beim Olympia-Slalom ist oder die eigentlich durchaus kritisch zu sehende Frage, ob es wirklich richtig ist, dass der österreichische Bundeskanzler seine erste Auslandsreise außerhalb der EU ausgerechnet nach Moskau angetreten hat.

Denn dort hat sein Besuch zweifellos

  • einem Krieg führenden und fremde Länder besetzt haltenden Präsidenten gegolten;
  • einem Regime gegolten, das weder demokratisch noch rechtsstaatlich ist;
  • einem Regime einen Persilschein ausgestellt, das Oppositionelle und unabhängige Journalisten verfolgt;
  • für Putin den herzeigbaren Beweis gebracht, dass er trotz Sanktionen in keiner Weise isoliert ist;
  • eine Unterstützung für das russisch-deutsche Pipeline-Projekt Nord-Stream quer durch die Ostsee bedeutet, das von Polen und der Ukraine als sehr feindlicher Akt eingestuft wird, weil sie dadurch strategisch umgangen werden;
  • vor allem eine wichtige Hilfe für Putins Wahlpropaganda dargestellt.

Bisher ist keine einzige Gegenleistung Putins für den Kurz-Besuch erkennbar, etwa in Hinblick auf die besetzten Gebiete in der Ukraine, oder auf die Luftangriffe in der Ukraine, oder gar auf die Rechtstaatlichkeit. Nur ein paar substanzarme Worte.

Über all das könnte und sollte man zweifellos sehr nachdenklich diskutieren. Aber das geschieht natürlich nicht. Denn selbst bei einem Nicht-Teflon-Kanzler wäre ganz Österreich hingerissen, wenn der russische Machthaber dem Regierungschef aus dem kleinen Österreich drei Stunden Zeit widmet. Und Kurz ist sowieso der absolute Teflon-Kanzler, an dem derzeit jede Kritik abprallen würde, für den sich die internationalen Medien derzeit so begeistern wie vor einem Jahr für Monsieur Macron oder vor neun Jahren für Mister Obama.

Und so ernst man die zuvor skizzierten Einwände auch nehmen mag –  bei Kurz hält man es auch als nüchterner Beobachter ja wirklich für möglich, dass er derzeit mehr Fähigkeiten und Chancen hat, konstruktive Dialoge in Gang und Lösungen näher zu bringen, als fast sämtliche anderen europäischen Politiker. Zugleich kann ja keine Frage sein: Der abgrundtiefe Russland-Hass, den der US-Kongress derzeit pflegt, und der aus kurzsichtiger Innenpolitik eine der wenigen konstruktiven außenpolitischen Ideen Donald Trumps zum Verbrechen zu stempeln versucht, ist die allerdümmste Haltung, die man derzeit in der Weltpolitik findet.

Jedenfalls kann Kurz auch ohne echten Durchbruch die Reise als weiteren persönlichen Erfolg verbuchen. Weil

  • die Österreicher in ihrer Kleinheit eben sehr leicht zu begeistern sind, wenn wir auf gleich und gleich mit den ganz Großen dastehen;
  • nach Bundeskanzlern wie einem Faymann und neben einem leicht Gaga wirkenden Präsidenten ein wirklich herzeigbarer Staatsrepräsentant als unglaublich wohltuend empfunden wird;
  • Kurz durch diese Reise auch in Hinblick auf Russland innerösterreichisch zeigt, dass außenpolitisch überall alleine er und nirgendwo der Koalitionspartner das Sagen hat (außer in der Republika Srpska in Bosnien …);
  • damit endgültig der von manchen westeuropäischen Sozialisten und Grünen unternommene Versuch als lächerlich zertrümmert ist, das schwarz-blaue Österreich als isoliert zu porträtieren.

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