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So entsorgt man Parteichefs, besorgt sich Posten und macht ganz Deutschland besorgt       

Machttaktisch genial, wie Drahtzieher in der SPD die Schlussphase der GroKo-Verhandlungen gleich doppelt gewonnen haben: Zum einen war der ungeliebte und glücklose Parteichef über Nacht überraschend kein solcher mehr; zum anderen hat die SPD ebenso überraschend einen großen Reichtum an Ministerposten akkumuliert, darunter – am allerwichtigsten – den des Finanzministers. Noch verblüffender: Jetzt haben alle jene, die um Deutschlands wirtschaftliche Stabilität bangen, ausgerechnet in der mutmaßlichen Person dieses SPD-Finanzministers einen letzten – verzweifelten – Hoffnungsanker. Auf die CDU können sie hingegen sicher nicht mehr setzen. Die hat wirklich fast alles hergegeben, nur damit Angela Merkel ihren Job behält. Die CSU hat hingegen eines durchgesetzt – einen wichtigen Posten, den des Innenministers. Diese Eroberung wurde gleich als gute Gelegenheit genutzt, den eigenen Parteichef zu entsorgen. Will ihn doch in Bayern niemand mehr sehen.

Mit solchen Hinterzimmer-Intrigen können Union und Sozialdemokraten freilich nicht das Vertrauen der Wähler zurückgewinnen. Wie da gepackelt und intrigiert worden ist – das erinnert lebhaft an italienische Verhältnisse. Nach Außen redet man scheinbar über Sachfragen, nach Innen ist es ganz offensichtlich primär um Posten gegangen.

Vor allem die Vorgänge bei den Sozialdemokraten sind atemberaubend und unerwartet: Der Parteichef führt mit großen Sprüchen lange Koalitionsverhandlungen, gewinnt diese auch erstaunlich deutlich, sowohl inhaltlich wie bei der Akkumulierung von Ministerposten – und ist plötzlich nicht mehr Parteichef. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Wirklich mächtig ist plötzlich Fraktionschefin Andrea Nahles, die nun zusätzlich auch Parteichefin wird.

Nun, um den Krakeeler Schulz ist es nicht schade. Aber das Wie seines Absturzes ist doch erstaunlich. Und jedenfalls ist es absolut keine gute Entwicklung, dass jetzt eine ausgesprochen Linke zur Parteichefin wird.

Ebenso bestürzend ist für viele Deutsche, dass im Gegenzug der bisherige Außenminister Sigmar Gabriel einfach entsorgt wird. Der ehemalige SPD-Chef muss für seinen Kurzzeit-Nachfolger Schulz Platz machen, der seinerseits ins Auswärtige Amt entsorgt wird. Dabei war Gabriel zuletzt der weitaus beliebteste deutsche Minister. Macht nichts, wenn intrigiert und um Posten gerauft wird, gibt es halt ein paar Zufallsopfer.

Schulz hat offensichtlich seit Wochen gegen Gabriel intrigiert, um dessen Posten zu erlangen. Am Schluss hat er damit auch Erfolg gehabt – aber er hat lange übersehen, dass er im Gegenzug selbst die Parteiführung verliert, weder Vizekanzler noch Fraktionschef wird.

Offen mag vorerst bleiben, ob der Schul-Absturz auf eine Racheaktion Gabriels zurückgeht. Tatsache ist, dass ja auch sonst niemand in der SPD mehr Schulz haben will. Denn alle Genossen wissen: Mit einem Mann, der wie Schulz ständig oberlehrerhaft auftritt, der zuerst Wahlen krachend verliert, der dann lautstark den Gang in die Opposition ankündigt, der dann Wochen später über einen Regierungseintritt verhandelt, der hinterrücks den beliebtesten Minister seiner Partei abschießt, um selbst Minister zu werden – mit dem ist nichts mehr anzufangen.

Hinter diesem unglaublichen Zirkus gerät das einzig Positive zu Unrecht in den Hintergrund: Das ist der sensationelle Aufstieg des Hamburger Bürgermeisters Olaf Scholz. Er übernimmt nicht nur das lange von Wolfgang Schäuble geführte Finanzministerium, das wichtigste Ressort jeder Regierung, sondern wird auch Vizekanzler. Er wird also eindeutig das zweitwichtigste Regierungsmitglied, intern praktisch gleichgewichtig mit der Bundeskanzlerin. In vielen Sachfragen wird es daher ein SPD-internes Duell Nahles vs. Scholz geben.

Da scheint geradezu eine raffinierte Doppelstrategie der Sozialdemokraten dahinterzustecken. So wie man zuerst bei den "Sondierungen" und dann bei den Koalitionsverhandlungen ständig mit dem Verweis auf die brummelnde Parteibasis gearbeitet hat, für die man noch einige SPD-Verhandlungserfolge brauche, um das Ja der Basis bei der Urabstimmung zu erlangen. Ebenso könnte es auch in Zukunft gehen: Zuerst wird die Merkel-CDU regierungsintern Konzessionen an Scholz machen müssen, um dann im Parlament durch Nahles noch einmal unter Druck zu kommen.

Eine solche Konstellation, wo der Parteichef nicht in der Koalition sitzt, ist alles andere als stabil. So war beispielsweise in Österreich die ÖVP-Lösung mit Parteichef Kurz und Vizekanzler Brandstetter nur als sehr kurzfristige mit Ablaufdatum möglich. So hat einst FPÖ-Parteichef Haider sehr bald gegen die FPÖ-Vizekanzlerin Riess-Passer intrigiert (obwohl diese Doppelführung seine eigene Idee war …) – bis es dann nach zwei Jahren zum völligen Bruch gekommen ist.

Die Person Scholz stellt aber jedenfalls die einzige Hoffnung dar, die diese Regierung in Europas größtem Land derzeit auslöst. Sollte er sich gegen Nahles durchsetzen, wäre das sogar ein sehr positives Signal. Scholz steht nämlich voll in der Tradition der Hamburger Sozialdemokraten, die einst auch einen Helmut Schmidt hervorgebracht haben. Er ist prowestlich, marktwirtschaftlich und achtet sehr auf finanzielle Stabilität. Das sind umgekehrt lauter Einstellungen, die den Linken in seiner eigenen Partei total zuwider sind. Solche Einstellungen sind bekanntlich auch in der SPÖ unter den Parteichefs Faymann und Kern völlig ausgerottet worden.

Daher wird es noch recht spannend, wie es in der SPD weitergeht (sofern die Kampagne der Jusos gegen die Regierungsbeteiligung nicht doch noch erfolgreich ist, was das Problem von selbst lösen würde). Jenseits dieses wilden Personenkarussells steht jedenfalls die SPD als Siegerin da. Sie hat genauso viele Ministerien wie die CDU bekommen, sie stellt mit Außen- und Finanzminister eindeutig die zwei wichtigsten Ressortchefs. Und sie hat auch unglaublich viele inhaltliche Forderungen in Richtung auf einen weiteren teuren Ausbau des Sozialstaates durchgebracht.

Damit sind wir bei der zweiten – vielleicht sogar größten – Katastrophe der Koalitionseinigung: Das Regierungsprogramm dürfte das gegenwärtige Weltwunder eines deutschen Budgetüberschusses binnen kurzem wieder radikal vernichten.

Das neue deutsche Wirtschaftswunder der letzten zwei Jahre war auf drei Ursachen zurückzuführen: Schäuble, die Weltkonjunktur und die Nullzinspolitik. Jedoch ist das ein wackeliges Fundament. Schäuble wurde weggelobt. Und die anderen beiden Entwicklungen können binnen kurzem umschlagen. Auf nichts davon kann man sich daher verlassen. Daher wäre es doppelt gut, sparsam zu wirtschaften.

Jedoch: Es hat nicht lange gedauert, bis sich Schwarz und Rot statt dessen auf ein gigantisches Geldausgabeprogramm geeinigt haben. Womit sich wieder einmal zeigt: Eher lässt ein Hund eine Knackwurst über als die Politik einen Budgetüberschuss. Vor allem dann nicht, wenn eine Sozialdemokratie ein entscheidendes Wort mitsprechen kann.

Einzig Hoffnung, dass die schlimmen Befürchtungen nicht eintreffen werden, ist nun eben Scholz mit seiner hanseatischen Nüchternheit und Selbstsicherheit. Er könnte als einziger wirkungsvoll sagen: Ist ja alles wunderbar, was da beabsichtigt wird, aber derzeit geht finanziell halt nur ein kleiner Teil.

Schauen wir mal.

Schauen wir vorerst auf die anderen Regierungsparteien. Kann man das überhaupt, ohne sofort in Hohngelächter auszubrechen? Denn auch bei CDU und CSU fand ein ähnliches Personenintrigenspiel statt wie bei der SPD. Niemand glaubt ihnen nach diesem erstaunlichen Ende der Verhandlungen, dass es ihnen um die Sache, um Deutschland ginge. Jeweils entscheidend war vielmehr bei allen Kandidaten das persönliche Interesse an Posten. CSU-Chef Seehofer ist selig, dass er Innen- und Heimatminister wird. Die CSU ist im Gegenzug selig, dass man Seehofer in München nicht mehr viel sehen wird. Und der CDU-Führungsklüngel ist selig, für Merkel das Kanzleramt gerettet und Neuwahlen verhindert zu haben. Was kümmert es da, dass die CDU kein einziges wirklich wichtiges Ressort mehr hat, dass die größten politischen Talente der Partei, nämlich Innenminister De Maiziere und Staatssekretär Spahn offensichtlich über Nacht entsorgt worden sind …

Merkel war ja immer schon genial im lautlosen Abservieren aller Männer, die ihr gefährlich werden könnten. In Frauen hingegen sieht sie offensichtlich keine Bedrohung.

PS: Für Österreicher besonders pikant ist, dass es jetzt in Berlin ein "Heimatministerium" geben wird. Denn man erinnert sich nämlich noch lebhaft an die antifaschistische Empörung, als die Wiener Koalition überlegt hat, das Innenministerium zum Heimatschutzministerium umzubenennen. Wetten, kein einziges der linken Mainstreammedien wird sich nun über das deutsche Ministerium erregen, obwohl sie damals allesamt darob den Untergang der Demokratie prophezeit haben …

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