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Hofer, die Katholiken und eine Niederlage

Derzeit herrscht allgemeines Rätseln, warum wider alle Erwartungen, Wettbüro-Quoten und (kaum wagt man es überhaupt noch zu erwähnen) Umfragen Norbert Hofers eine – noch dazu so deutliche – Niederlage erlitten hat. Beim diesbezüglichen Forschen stößt man auch auf ein Mail, das in den letzten Stunden vor der Wahl an unzählige Adressen verschickt worden ist (das Verbot von Massenmails gilt ja offenbar nur für die FPÖ). Und das in der Tat für Hofer mehr als peinlich ist. Dieser Vorgang war offensichtlich eine, wenn auch sicher nicht die einzige Ursache des Ergebnisses.

Die darin enthaltene Information besteht im Wesentlichen nur aus einer originalen APA-OTS-Aussendung Norbert Hofers. Die für sich spricht – und gegen Hofer.

Solche OTS-Aussendungen werden von allen Parteien und vielen anderen Organisationen genutzt, um ohne Gatekeeper-Filter die eigenen Aussendungen zu verteilen. Sie sind übrigens sehr umstritten, denn sie kommen die Aussender teuer und werden wenig gelesen. Aber das ist hier nicht das Thema. Denn sie halten Aussagen auch langfristig fest, die man ja aus den eigenen Parteiarchiven löschen könnte.

Tatsache ist, dass die Aussendung der FPÖ echt ist, also nicht von Gegnern unterschoben worden ist (was ja in Wahlkämpfen schon vorgekommen sein soll). Sie stammt vom 9. Juli 2009. Sie ist erstaunlicherweise trotz eines einjährigen Wahlkampfes aber erst in den allerletzten Stunden aufgetaucht. 2009 hingegen war sie in den Abendstunden eines Sommertags offenbar weitgehend untergegangen.

Hofer hat darin seinen Kirchenaustritt aus – an sich durchaus nachvollziehbarem – Ärger ob einer „Hexenjagd“ von Linkskatholiken auf die FPÖ bekannt gegeben. Der Anlass waren Attacken einiger Exponenten von Orden, katholischen Fakultäten und Katholischer Aktion auf die FPÖ wegen deren Haltung zur Immigration. Hofer hat bei seiner Reaktion darauf aber auch Formulierungen und Behauptungen verwendet, die auf viele Christen letztlich abschreckend wirken müssen. Und die nun vor allem seinem Werben um die Christen während der letzten Wochen widersprochen haben.

Denn Hofer schrieb in jener Aussendung eine überaus einseitig formulierte und hasserfüllte Zusammenfassung so gut wie aller Vorwürfe, die jemals in der Geschichte gegen die Kirche erhoben worden sind. Im O-Ton:

Hunderttausende unschuldige Frauen wurden von den moralisch impotenten Inquisitoren der katholischen Kirche als Hexen auf dem Scheiterhaufen – bei lebendigem Leib und vor den Augen ihrer Kinder – verbrannt. Andersgläubige wurden als Ketzer bezeichnet, bestialisch gefoltert und hingerichtet. Die Katharer wurden ausgerottet. Kirchliche Missionare sind für den Niedergang ganzer Kulturen verantwortlich. Der Antisemitismus war höchsten katholischen Kreisen – und es sind nicht FPÖ-Quellen, die das dokumentieren – nicht nur in der NS-Zeit alles andere als fremd und die heiklen Finanzgeschäfte der katholischen Kirche sind einem Teil der Bevölkerung mittlerweile bestens bekannt. Skandale um systematischen, ja da und dort massenhaften Kindesmissbrauch durch höchste Repräsentanten haben die Kirche – auch in Österreich – erschüttert und nehmen kein Ende.

In diesem Text stecken viele extrem einseitige Übertreibungen und Falsches. Jeden Satz müsste man in langen historischen Abhandlungen relativieren oder ganz zurückweisen. Nur ganz wenige Punkte in aller Kürze:

  1. Gerade die Linkskatholiken sind es normalerweise, die selbst solche polemischen Verkürzungen produzieren.
  2. Es gibt eine Vielzahl von Fakten, wo insbesondere die Päpste Hexen- und Ketzer-Verbrennungen bekämpft haben. Diese sind in Wahrheit meistens auf politische Gründe und Massenhysterien zurückgegangen (wenngleich richtig ist, dass eindeutig auch viele Kirchenmänner schwer mitschuld geworden sind).
  3. Auch der „Niedergang ganzer Kulturen“ in der Kolonialwelt war vor allem von spanischen und anderen Eroberern ausgelöst worden, während sich viele christliche Missionare sehr bald an die Seite der indigenen Völker stellten (wenngleich richtig ist, dass sich die Kolonisatoren lange einer christlichen Terminologie bedienten).
  4. Gerade die evangelische Kirche, zu der Hofer heute gewechselt ist, war praktisch in all die genannten Grauslichkeiten mindestens ebenso involviert. Auch von Martin Luther selbst sind ja viele schwer antisemitische Äußerungen bekannt.
  5. Besonders übel ist Hofers wohl nur als entschuldigende Relativierung furchtbarer Verbrechen verstehbare Passage über katholischen Antisemitismus in der NS-Zeit. Es ist infam, den – unbestreitbaren – historischen christlichen Antisemitismus in dieser Art mit dem Nationalsozialismus, also auch dem Holocaust, in Verbindung zu setzen. Ja, Hofers Worte klingen sogar so, als ob die katholische Kirche die Ursache des Holocaust gewesen wäre.
  6. Mit dieser Passage ignoriert Hofer auch, dass viele Priester bis hinauf zum Papst in der NS-Zeit Juden zu retten versucht haben; und dass die Kirche eindeutig der härteste geistige Widerstand im Hitler-Reich gegen den Nationalsozialismus gewesen ist. Was nur die linke Zeitgeschichtsumschreibung zu verdrängen versucht (Die österreichische Sozialdemokratie hat diesen Widerstand ja erst ab den 80er Jahren entwickelt, als die Nazis auszusterben begannen).
  7. Der Kindesmissbrauch war eindeutig in staatlichen (=Landes)-Einrichtungen schlimmer als in katholischen.
  8. Düstere, aber völlig unkonkretisierte Andeutungen wie „heikle Finanzgeschäfte“ gehören eigentlich in den Schlammwerf-Stil von Medien wie „Profil“ oder „Falter“.
  9. Besonders merkwürdig ist, dass Hofer in jener Aussendung zwar seinen Kirchenaustritt mitgeteilt, aber mit keiner Silbe gesagt hat, dass er der evangelischen Kirche beitritt. Offenbar war das damals auch noch keineswegs der Fall - sondern erst später, als es politisch opportun geworden ist.

Das Ganze ist besonders traurig, weil Hofer in jener Passage seiner Aussendung absolut recht hat, wo er sich mit den untergriffigen Attacken der linkskatholischen Aktivisten auseinandersetzt:

Was hier passiert, ist Rufmord. Ich lasse mich von diesen Herrschaften nicht als Rassisten bezeichnen. Ich setze mich als Behindertensprecher meiner Partei für die ,Schwächsten in der Gesellschaft‘ ein und agiere nicht gegen sie. Für mich sind aber als Asylwerber getarnte Drogendealer nicht die ,Schwächsten‘ der Gesellschaft. Im Gegenteil – sie zerstören das Leben vieler tatsächlich Schwacher in unserer Gesellschaft, nämlich von Kindern.“

Am meisten irritiert aber wohl die Schlusspassage der damaligen Aussendung. Denn daraus lässt sich zumindest indirekt für damals eine positive Haltung Hofers zum Islam ableiten:

Wahrscheinlich ist es klüger, sich in den kommenden Jahren weniger mit den Linkskatholiken, sondern mehr mit den Lehren des Islam auseinanderzusetzen. Dieser wird ohnehin bald die größte Glaubensgemeinschaft in Österreich stellen und die Gesellschaftspolitik in Österreich maßgeblich beeinflussen. Auch dank fehlgehender Kirchenvertreter, die vieles propagieren, ein gesundes kollektives Selbstbild und den Wert intakter Familien aber leider nicht.“

Welches „gesunde kollektive Selbstbild“ immer Hofer im Islam offenbar erkannt zu haben glaubte.

So dumm und widerlich auch die Völkerwanderungs-Propaganda der Linkskatholiken auch ist, so dumm und widerlich war diese Reaktion Hofers. Das hat sich nun Jahre später gerächt. Denn gerade in der Schlussphase des Wahlkampfs ist es der FPÖ-Wahlwerbung („So wahr mir Gott helfe“) vor allem um die christlichen Wähler gegangen, die am meisten im Schwanken waren. Hofer hat dabei jedoch nie eingestanden, dass er einst zu diesem Thema dumme und bedauerliche Aussagen gemacht hat. Daher hat er sich auch nie entschuldigt.

Daher zertrümmert dann das Last-minute-Zirkulieren dieser alten Hofer-Aussage die Glaubwürdigkeit des Kandidaten sehr. Zwischen seinen einstigen und jetzigen Aussagen zur Kirche liegen eindeutig Welten.

Man wird zwar nie erfahren, an wie viele Adressen VdB-Unterstützer diese einstige Hofer-Aussendung verteilt haben. Aber vieles spricht dafür, dass dieser Vorgang mit zum Ergebnis beigetragen hat.

PS: Damit bestätigt sich wieder einmal, wie sehr das Archiv der Feind des Politikers ist. Auch wenn darin oft nur sehr spät geschürft wird.

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