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Die erstaunlichen Reaktionen auf einen Rücktritt

Viele seltsame Sätze werden jetzt rund um den Rücktritt Werner Faymanns gesagt oder geschrieben. Vier der Reaktionen stechen dabei ganz besonders negativ hervor.

Erstens: Sämtliche sozialdemokratische Spitzenpolitiker haben fast wortgleich behauptet, dass sie Montag mittag total vom Rücktritt Faymanns überrascht worden sind. Die Partei will uns also weismachen, dass sich Faymann mit niemandem beraten hat; dass er auch niemanden vorher informiert hat; dass er eine solche Entscheidung total alleine trifft, wie etwa, welche Krawatte er morgens anzieht; dass er aber dennoch erwartet, dass ihm die Partei trotz einer solchen Rücksichtslosigkeit (was es ja wäre, wäre es wahr) einen schönen Posten in Brüssel verschafft. Schmerz, lass nach. Die Genossen begreifen überhaupt nicht, wie sie mit solchen total unglaubwürdigen Sprachregelungen die eigene Vertrauenswürdigkeit ständig weiter demolieren.

Zweitens: Die Reaktionen vieler ausländischer Zeitungen zeigen wieder einmal, dass die meisten keinen Korrespondenten mehr in Wien haben und ihre Informationslage daher nicht aus erster, sondern eigener Hand stammt, genauer: aus dem Finger gesogen. Dass man in Hinblick auf Österreich eigentlich nur noch FAZ oder NZZ lesen kann (oder die Süddeutsche Zeitung, wenn man eine linksradikale Stimme lesen will). Besonders absurd und phantasiereich sind aber die Italiener: Dort schreiben gleich mehrere Blätter, dass Faymann wegen des Baus einer Mauer am Brenner zurücktreten musste...

Drittens: „Österreich“ hatte wieder einmal eines seiner berüchtigten „Exklusiv“-Interviews mit Faymann. Dieses glich freilich weitestgehend und wortgenau der Faymann-Erklärung bei seinem Rücktritt, wobei nur hie und da Fragen zwischen die Sätze geschoben worden sind.

Viertens: Hellauf lachen muss man über die Kronenzeitung: „Besonders beliebt war der Kanzler genau genommen nie.“ Dieser Satz ist zwar durchaus richtig, er widerspricht aber zu hundert Prozent dem, was das Dichand-Blatt acht Jahre über Faymann geschrieben hat. In dieser Zeit hat man vielmehr ununterbrochen mit „Österreich“ gewetteifert, wer am meisten Weihrauch für Faymann verbreitet. Und – natürlich, ohne dass das ebenfalls in der Zeitung gestanden wäre – wer am meisten Steuermillionen von Faymann zugeschoben bekommt. Wobei die Krone immer am meisten kassiert hat. Kaum jedoch ist Faymann ein paar Stunden weg, steht jetzt erstmals die Wahrheit zu lesen. So kann auch die Wahrheit ein Zeichen von Charakterlosigkeit sein.

 

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