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Der Gemeindebau als Wagenburg

Warum um Himmels Willen kehrt die Wiener SPÖ in ihre Steinzeit zurück? Jetzt wieder mit Gemeindebauten zu beginnen, deren Bau man ja selbst vor Jahren aus guten Gründen beendet hat, ist ungefähr so, wie wenn die ÖVP heute beginnen würde, mit der Hungerrede Leopold Figls aus 1945 zu kampagnisieren, oder die FPÖ mit einstigen großdeutschen Träumen.

Die Antwort auf diese Frage hat gleich sieben Elemente:

  1. Nun, die erste Antwort heißt sicher: Wenn einem nichts mehr einfällt, dann kramt man halt in den alten Kisten nach Ideen aus früheren Zeiten. Und ein Bürgermeister, der seine besten Jahrzehnte schon lange hinter sich hat, tut das natürlich erst recht.
  2. Die zweite Antwort: Mit diesem Schachzug hat Michael Häupl den am ehesten als Nachfolger in Frage kommenden Wohnbaustadtrat Ludwig desavouiert. So hatte er einst ja auch Werner Faymann, der erkennbar gern Bürgermeister geworden wäre, elegant nach oben abgeschoben (um ihn jetzt dort zu vernichten). Ansonsten gibt es in der SPÖ-Rathaus-Riege niemanden, der ihm gefährlich werden könnte. Da finden sich nur noch zwei männliche Sonderlinge und eine Reihe weiblicher Kampffeministinnen, die wohl allesamt eher froh sein werden, zumindest Stadträte bleiben zu können. Hingegen hat gerade Ludwig immer wieder vorgerechnet, dass man mit einer breiten Wohnbauförderung die Errichtung von viel mehr Wohnungen initiieren kann als mit dem teuren Retro-Modell gemeindeeigener Wohnhäusern. Und das ist, das wäre angesichts der katastrophalen Wiener Finanzlage und Wohnungsnot doppelt wichtig. Jetzt steht Ludwig blamiert im Abseits.
  3. Die dritte Antwort: Die Wiener SPÖ kann solcherart Aktivität simulieren. Das ist immer hilfreich – vor allem wenn die Bilanz der letzten Jahre im öffentlichen Eindruck von zwei wenig wählerattraktiven Faktoren geprägt ist, von denen man dringend ablenken möchte: von gigantischen Gebührenerhöhungen und von Hunderten Millionen, die für Bestechungsinserate und Imagekampagnen verschwendet worden sind.
  4. Die vierte Antwort: Die SPÖ will insgesamt das Image der Wiener Gemeindebauten wieder anheben. Das hat sie ja in den letzten Monaten schon mit allem Krampf durch eine teure Plakataktion versucht. In Wahrheit aber verschweigen immer mehr der Gemeindebaubewohner (rund eine halbe Million Menschen, also mehr als jeder vierte Wiener!) bei ihren beruflichen und sozialen Kontakten, dass sie in einem Gemeindebau wohnen. Denn fast jeder Gesprächspartner würde mit Gemeindebau sofort eine Mischung aus asozialen Alkoholikern, Zuwanderern (mit und ohne Staatsbürgerschaft) und verbitterten Pensionisten assoziieren. Auch wenn dieses Image natürlich ein arg verzerrtes ist, ist es als solches doch ein kaum mehr ausrottbares Faktum.
  5. Die fünfte Antwort: Obwohl in jenen „goldenen Zeiten“, von denen Häupl wieder träumt, für den Erhalt einer Gemeindewohnung ein SPÖ-Parteibuch sehr hilfreich gewesen ist, erzielt die FPÖ inzwischen gerade im Gemeindebau-Milieu ihre größten Erfolge. Etliche Analysen zeigen, dass die FPÖ bei den inländischen Arbeitern schon deutlich vor der SPÖ liegt (bei Pensionisten und Zuwanderern freilich nicht). Und da versucht die SPÖ jetzt halt die Schlacht um den Gemeindebau aufnehmen. Und sie glaubt, das gelinge leichter, wenn sie wieder Gemeindebauten errichtet, wenn sie sich also nicht mehr wie in den letzten Jahren von diesen schon durch das indirekte Signal distanziert, dass man keine neuen mehr baut. Außerdem glauben wohl manche in der SPÖ, dass in den neuen Gemeindebauten der Hausmeister wieder eine propagandistisch für die Partei positive Rolle spielen wird.
  6. Die sechste Antwort: Die SPÖ hat entgegen monatelangen und für den Steuerzahler teuren Vorbereitungen erkannt, dass man mit einem Schlagerwettbewerb, einem Schwulen-Ball und einem Transvestiten-Sänger halt doch keine Wahlen gewinnen kann, sondern nur ein unseriöses Image erreicht. Deswegen suchte sie jetzt rasch nach neuen Akzenten.
  7. Und die siebente und letzte Antwort: Wenn es einem schlecht geht, wenn man sich bedroht fühlt und um die einst für ewig gehaltene Macht zittert, dann schließt man sich in den eigenen Reihen zusammen. Dann lässt der Kommandant eine Wagenburg zur Verteidigung der eigenen Identität errichten. Das wirkt parteiintern und sichert neuerlich die Rolle des Häuptlings. Denn viele – auch junge – SPÖ-Funktionäre halten nostalgisch alle Symbole des einstigen Roten Wiens vom Mai-Aufmarsch bis eben zum Gemeindebau emotional für den größten Fortschritt der Menschheit ungefähr seit der Erfindung des Buchdrucks. Dabei waren in Wahrheit die Gemeindebauten der Zwischenkriegszeit so wie davor die kaiserlichen Kasernen ganz gezielt als strategische Vorbereitung für einen Bürgerkrieg an den großen Einfallsstraßen errichtet worden.

Die wahren Ursachen des Wohnungsmangels in Wien werden jedenfalls durch 2000 Gemeindebauten in einer ganzen Legislaturperiode überhaupt nicht gelöst. Das ergibt ja nur ein paar Hundert pro Jahr, benötigt würden aber 8000 bis 10.000 jährlich, für deren Förderung man aber der Gemeindebauten wegen künftig noch weniger Geld hat.

Die Ursachen des Wohnungsmangels sind ganz andere:

  • Der Zuzug Tausender deutscher Numerus-clausus-Flüchtlinge in die Universitätsstadt Wien, wo sie (dank der Bundes-SPÖ) seit einigen Jahren ohne jede Kostenbeteiligung und Studiendauerbeschränkung sowie in den meisten Fächern auch ohne Zugangsbeschränkungen studieren können. Nur zur Illustration der Dimension: Österreich liegt inzwischen weltweit unter allen OECD-, also Industrieländern an vierter Stelle, wenn man die Zahlen der ausländischen Studenten in Relation zur Bevölkerungsgröße vergleicht (in Nicht-OECD-Länder geht ohnedies niemand zum Studieren). Lässt man die englischsprachigen Länder beiseite – die ja einen gewaltigen Sprachvorteil haben – dann hat Österreich überhaupt weltweit am meisten Auslandsstudenten! Und damit vor allem die Universitätsstadt Wien. Was die SPÖ dabei halt übersehen hat: All diese Studenten brauchen Wohnraum (heute meist Wohngemeinschaften).
  • Wien ist ein gewaltiger Magnet für in- und ausländische Arbeitslose und Bezieher der von der SPÖ durchgesetzten „Mindestsicherung“. Bei der Arbeitslosigkeit liegt Wien zusammen mit Kärnten und dem Burgenland im Bundesländervergleich weit an der Spitze. Und von allen Menschen, denen in Österreich die jeweiligen Behörden die Mindestsicherung zugesprochen haben, leben nicht weniger als 56 Prozent in Wien! In Zahlen: 134.000 von österreichweit 238.000. Bei den Paaren mit Kindern ist der Anteil Wiens sogar noch größer. Das Rathaus hat dennoch überhaupt nichts unternommen, um die offensichtliche magnetische Attraktivität Wiens für solche Arbeitslose und Mindestsicherungsbezieher zu untersuchen oder gar zu reduzieren. Im Gegenteil: Die Wiener SPÖ ist geradezu stolz darauf. Tatsache ist, dass all diese Menschen aber auch Wohnraum brauchen. Ohne etwas zur Wertschöpfung beizutragen.
  • Wien liegt auch bei den Asylwerbern demonstrativ immer an der österreichischen Spitze. Auch Asylwerber brauchen Wohnraum.
  • Wien hat in den letzten Jahren die Gebühren (vom Wasser bis zur Müllabfuhr) drastisch erhöht. Was Wohnen deutlich teurer macht und sogar im gesamtösterreichischen Verbraucherpreisindex deutliche Spuren hinterlässt – was aber das Angebot an Wohnraum trotz der höheren Gesamtmieten nicht erhöht.
  • Wien schikaniert jeden Hausbauer mit besonders vielen und teuren Vorschriften und Regeln (von den Lifttüren bis zu den Pflichtkaminen in Häusern mit einer Zentralheizung). Auch das macht es unattraktiv, in Wien Wohnhäuser zu bauen.
  • Wien – genauer: die Wiener SPÖ – wehrt sich am heftigsten gegen die einzige Maßnahme, die das Angebot an Wohnraum sehr rasch erhöhen würde: nämlich gegen eine Mietenreform, die wieder privates Kapital für die Schaffung von Wohnraum aktivieren würde. Und die auch die Nutzung des vorhandenen Wohnraums effektiver gestalten würde. Was beides gerade beim Wiener Wohnungsmangel sehr wichtig wäre. Aber in Wien kostet die durchschnittliche Nettomiete deutlich weniger als in den westlichen Bundesländern, obwohl weltweit der Wohnraum in Großstädten immer weit teuer ist als in Dörfern und Kleinstädten. Logische Folge: Es wird zwar mehr als ausreichend Büroraum angeboten, aber eben viel zu wenig Wohnraum.

Das Ergebnis ist dramatisch: Trotz des Bedarfs, der in Wien weitaus am höchsten ist, war die Zahl der fertiggestellten Wohnungen (immer im Verhältnis zur Einwohnerzahl) in Wien zuletzt am niedrigsten unter allen neun Bundesländern. Und jetzt kommt eine Häupl-Reform, durch die es noch weniger neue Wohnungen geben wird. Außer für ein paar Privilegierte.

Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.

 

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