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Wolfgang Petritsch: Ein Rücktritt ist fällig

Wenn ein Fachhochschuldirektor eine sachlich andere Ansicht vertritt als die Unterrichtsministerin, dann verliert er den Job. Der österreichische OECD-Botschafter Wolfgang Petritsch hingegen kann offensichtlich den Außenminister voll attackieren – und behält den Job, er wird nicht einmal gerügt. Dabei ist ein Diplomat einzig und allein dazu da, um die Republik und ihre Politik kritiklos nach außen zu vertreten. Ein Hochschulrektor ist hingegen der Freiheit der Wissenschaft verpflichtet.

Die Formulierungen Petritschs in einem „Profil“-Interview sind jedenfalls deftig: "Da verabschiedet sich ein Außenminister von unseren internationalen Verpflichtungen", sagt er in Hinblick auf den Abzug vom Golan. Wohlgemerkt: auch das Tagebuch hat diesen Abzug massiv kritisiert. Nur: Das Tagebuch ist unabhängig und bekommt keinen Cent aus irgendwelchen öffentlichen Quellen. Ein Botschafter ist hingegen durch seine Dienstpflichten voll dazu verpflichtet, die Politik der Regierung nach außen zu vertreten. Und wenn sie ihm nicht passt, hat er den Mund zu halten oder zu gehen. Dafür bekommen die Damen und Herren ja auch Gagen, die mit allen Zulagen weit über jenen eines Ministers liegen.

Die Botschaft bei der OECD in Paris untersteht formal dem Bundeskanzleramt. Dass wir dort zwei Botschaften finanzieren, ist ja eine der vielen unsinnigen Geldverschwendungen dieser Republik. Dieser Umstand ändert aber überhaupt nichts am Skandalösen der Petritsch-Attacke. Schließlich kann und darf auch der richtige Botschafter in Paris – oder in irgendeiner anderen Stadt – nicht den Bundeskanzler oder einen Minister öffentlich kritisieren.

Was Petritschs Aussage endgültig zur verlogenen Chuzpe macht: Die Entscheidung, vom Golan abzuziehen, wird vom Bundeskanzler nicht nur voll getragen. Sie ist von diesem sogar weitgehend direkt ausgegangen, sowie vom Verteidigungsminister und der Kronenzeitung.

Der Mann, der einst als Kofferträger Kreiskys groß geworden ist, blamiert solcherart die Republik gleich doppelt. Wenn er auch nur einen Rest von Charakter hätte, würde er daher umgehend zurücktreten. Als Nicht-mehr-Beamter hätte er dann jedes Recht, die Politik dieser Regierung zu kritisieren. Und im Falle Golan würde das Tagebuch auch voll an seine Seite treten.

 

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